freylich manche in höchst trauriger Gestalt, entwischen lassen, wird wohl ein Räthsel bleiben, da von den Cosacken keine Memoires zu seiner Auflösung zn er- warten stehen.
Muß ein Nachdenkender aber nicht erstaunen, wenn er sieht und hört, wie bald ein herrliches Jn- strument durch Ueberspannung der Saiten, oder einen muthwilligen Schlag auf den Resonnanzboden unbrauch- bar gemacht werden kann, und mit welchen höchst leichtsinnigen Hoffnungen sich die französische Nation abgiebt, schmeichelt und befriedigt, wie eine kurze Erholung von noch bey weitem nicht ganz überstand- nen Leiden den Quäcken (triticum repens L.) des Eigen- dünkels und der Anspruchssucht frisch in ihr wieder ausgrünen läßt! Wird jetzt nicht in Deutschland ein muthiger Entschluß gefaßt, so kann vielleicht noch ein sehr blutiger Feldzug folgen, der aber, wenn er dem Wunsche aller klugen und biedern Männer gemäß ge- faßt wird, es höchst wahrscheinlich macht, daß Napo- leon, wenn ihm nicht der Kopf, wie seinen Kriegern Arm und Beine, erfroren ist, sich zu einem rechtlichen Frieden zum Besten des Continents entschliessen werde. Möchte man ihm dabey die Gränzen doch nicht mit eben der gierigen Arroganz verengen, mit der er sich einst die seinigen erweitert hat! Gedemüthigter Stolz, Wuth über die fehlgeschlagne Hoffnung, Europens ein- ziger Despot werden zu können, Haß und Jngrimm wider das von ihm sonst so gering geachtete Rußland und den ihm gewiß verhaßten König von Preussen. Verdruß über das verwendete und durch Contribu- tionen ersetzte französische Geld und Blut, welches letztre er wohl am geringsten in Rechnung bringen mag, könnten sonst diesen größten Emporkömmling
freylich manche in hoͤchſt trauriger Geſtalt, entwiſchen laſſen, wird wohl ein Raͤthſel bleiben, da von den Coſacken keine Memoires zu ſeiner Aufloͤſung zn er- warten ſtehen.
Muß ein Nachdenkender aber nicht erſtaunen, wenn er ſieht und hoͤrt, wie bald ein herrliches Jn- ſtrument durch Ueberſpannung der Saiten, oder einen muthwilligen Schlag auf den Reſonnanzboden unbrauch- bar gemacht werden kann, und mit welchen hoͤchſt leichtſinnigen Hoffnungen ſich die franzoͤſiſche Nation abgiebt, ſchmeichelt und befriedigt, wie eine kurze Erholung von noch bey weitem nicht ganz uͤberſtand- nen Leiden den Quaͤcken (triticum repens L.) des Eigen- duͤnkels und der Anſpruchsſucht friſch in ihr wieder ausgruͤnen laͤßt! Wird jetzt nicht in Deutſchland ein muthiger Entſchluß gefaßt, ſo kann vielleicht noch ein ſehr blutiger Feldzug folgen, der aber, wenn er dem Wunſche aller klugen und biedern Maͤnner gemaͤß ge- faßt wird, es hoͤchſt wahrſcheinlich macht, daß Napo- leon, wenn ihm nicht der Kopf, wie ſeinen Kriegern Arm und Beine, erfroren iſt, ſich zu einem rechtlichen Frieden zum Beſten des Continents entſchlieſſen werde. Moͤchte man ihm dabey die Graͤnzen doch nicht mit eben der gierigen Arroganz verengen, mit der er ſich einſt die ſeinigen erweitert hat! Gedemuͤthigter Stolz, Wuth uͤber die fehlgeſchlagne Hoffnung, Europens ein- ziger Despot werden zu koͤnnen, Haß und Jngrimm wider das von ihm ſonſt ſo gering geachtete Rußland und den ihm gewiß verhaßten Koͤnig von Preuſſen. Verdruß uͤber das verwendete und durch Contribu- tionen erſetzte franzoͤſiſche Geld und Blut, welches letztre er wohl am geringſten in Rechnung bringen mag, koͤnnten ſonſt dieſen groͤßten Emporkoͤmmling
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freylich manche in hoͤchſt trauriger Geſtalt, entwiſchen
laſſen, wird wohl ein Raͤthſel bleiben, da von den
Coſacken keine Memoires zu ſeiner Aufloͤſung zn er-
warten ſtehen.
Muß ein Nachdenkender aber nicht erſtaunen,
wenn er ſieht und hoͤrt, wie bald ein herrliches Jn-
ſtrument durch Ueberſpannung der Saiten, oder einen
muthwilligen Schlag auf den Reſonnanzboden unbrauch-
bar gemacht werden kann, und mit welchen hoͤchſt
leichtſinnigen Hoffnungen ſich die franzoͤſiſche Nation
abgiebt, ſchmeichelt und befriedigt, wie eine kurze
Erholung von noch bey weitem nicht ganz uͤberſtand-
nen Leiden den Quaͤcken (triticum repens L.) des Eigen-
duͤnkels und der Anſpruchsſucht friſch in ihr wieder
ausgruͤnen laͤßt! Wird jetzt nicht in Deutſchland ein
muthiger Entſchluß gefaßt, ſo kann vielleicht noch ein
ſehr blutiger Feldzug folgen, der aber, wenn er dem
Wunſche aller klugen und biedern Maͤnner gemaͤß ge-
faßt wird, es hoͤchſt wahrſcheinlich macht, daß Napo-
leon, wenn ihm nicht der Kopf, wie ſeinen Kriegern
Arm und Beine, erfroren iſt, ſich zu einem rechtlichen
Frieden zum Beſten des Continents entſchlieſſen werde.
Moͤchte man ihm dabey die Graͤnzen doch nicht mit
eben der gierigen Arroganz verengen, mit der er ſich
einſt die ſeinigen erweitert hat! Gedemuͤthigter Stolz,
Wuth uͤber die fehlgeſchlagne Hoffnung, Europens ein-
ziger Despot werden zu koͤnnen, Haß und Jngrimm
wider das von ihm ſonſt ſo gering geachtete Rußland
und den ihm gewiß verhaßten Koͤnig von Preuſſen.
Verdruß uͤber das verwendete und durch Contribu-
tionen erſetzte franzoͤſiſche Geld und Blut, welches
letztre er wohl am geringſten in Rechnung bringen
mag, koͤnnten ſonſt dieſen groͤßten Emporkoͤmmling
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/554>, abgerufen am 23.11.2024.
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