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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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ter ihm Arbeitenden eine besondere Anhäng-
lichkeit an ihn. Sollte in der Verstandeskraft
eines Obern, mit der er Jdeen angiebt, und
in der aus ästhetischen Gefühlen entspringen-
den Nachsicht gegen die mit anhaltendem Fleiß
an den Untern allein zu erreichende Ausfüh-
rung dieser Jdeen der Leim liegen, der den
Vogel auf dem Zweige zurück hält, den er in
Wind- und Wetter-Zeiten sonst verlassen wür-
de? Ob solches nachsehende Betragen zur
Regel gemacht, oder nur als Ausnahme ge-
duldet werden soll; mag ich nicht entscheiden,
wünschen muß ich aber doch, daß der Himmel
"stolzes Wesen; man soll vielmehr nur alles ver-
"meiden, was unwürdig, was gemein ist; man soll
"sich nie vergessen, immer auf sich und andre acht
"haben, sich nichts vergeben, andern nicht zu viel,
"nicht zu wenig thun, durch nichts gerührt schei-
"nen, durch nichts bewegt werden, sich niemals
"übereilen, sich in jedem Moment zu fassen wissen,
"und so ein äußres Gleichgewicht zu erhalten verste-
"hen; innerlich mag es stürmen wie es will. Der
"edle Mensch kann sich in Momenten vernachlässi-
"gen, der Vornehme nie. Dieser ist wie ein wohl-
"gekleideter Mann, er wird sich nirgends anlehnen,
"und jedermann wird sich hüten, an ihn zu strei-
"chen. Er unterscheidet sich vor andern, und doch
ter ihm Arbeitenden eine beſondere Anhaͤng-
lichkeit an ihn. Sollte in der Verſtandeskraft
eines Obern, mit der er Jdeen angiebt, und
in der aus aͤſthetiſchen Gefuͤhlen entſpringen-
den Nachſicht gegen die mit anhaltendem Fleiß
an den Untern allein zu erreichende Ausfuͤh-
rung dieſer Jdeen der Leim liegen, der den
Vogel auf dem Zweige zuruͤck haͤlt, den er in
Wind- und Wetter-Zeiten ſonſt verlaſſen wuͤr-
de? Ob ſolches nachſehende Betragen zur
Regel gemacht, oder nur als Ausnahme ge-
duldet werden ſoll; mag ich nicht entſcheiden,
wuͤnſchen muß ich aber doch, daß der Himmel
„ſtolzes Weſen; man ſoll vielmehr nur alles ver-
„meiden, was unwuͤrdig, was gemein iſt; man ſoll
„ſich nie vergeſſen, immer auf ſich und andre acht
„haben, ſich nichts vergeben, andern nicht zu viel,
„nicht zu wenig thun, durch nichts geruͤhrt ſchei-
„nen, durch nichts bewegt werden, ſich niemals
„uͤbereilen, ſich in jedem Moment zu faſſen wiſſen,
„und ſo ein aͤußres Gleichgewicht zu erhalten verſte-
„hen; innerlich mag es ſtuͤrmen wie es will. Der
„edle Menſch kann ſich in Momenten vernachlaͤſſi-
„gen, der Vornehme nie. Dieſer iſt wie ein wohl-
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[11/0572] ter ihm Arbeitenden eine beſondere Anhaͤng- lichkeit an ihn. Sollte in der Verſtandeskraft eines Obern, mit der er Jdeen angiebt, und in der aus aͤſthetiſchen Gefuͤhlen entſpringen- den Nachſicht gegen die mit anhaltendem Fleiß an den Untern allein zu erreichende Ausfuͤh- rung dieſer Jdeen der Leim liegen, der den Vogel auf dem Zweige zuruͤck haͤlt, den er in Wind- und Wetter-Zeiten ſonſt verlaſſen wuͤr- de? Ob ſolches nachſehende Betragen zur Regel gemacht, oder nur als Ausnahme ge- duldet werden ſoll; mag ich nicht entſcheiden, wuͤnſchen muß ich aber doch, daß der Himmel *) *) „ſtolzes Weſen; man ſoll vielmehr nur alles ver- „meiden, was unwuͤrdig, was gemein iſt; man ſoll „ſich nie vergeſſen, immer auf ſich und andre acht „haben, ſich nichts vergeben, andern nicht zu viel, „nicht zu wenig thun, durch nichts geruͤhrt ſchei- „nen, durch nichts bewegt werden, ſich niemals „uͤbereilen, ſich in jedem Moment zu faſſen wiſſen, „und ſo ein aͤußres Gleichgewicht zu erhalten verſte- „hen; innerlich mag es ſtuͤrmen wie es will. Der „edle Menſch kann ſich in Momenten vernachlaͤſſi- „gen, der Vornehme nie. Dieſer iſt wie ein wohl- „gekleideter Mann, er wird ſich nirgends anlehnen, „und jedermann wird ſich huͤten, an ihn zu ſtrei- „chen. Er unterſcheidet ſich vor andern, und doch

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/572>, abgerufen am 23.11.2024.