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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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Vor dieser neuen Einstallirung stand ich
noch eine heftige Krankheit aus, in welcher
mein Vater, der mich so herzlich liebte, daß
er, der nie gepockt hatte, als ich die Pocken
bekam, ganz unbesorgt vor eigner Ansteckung,
beynahe gar nicht von meinem Bette ging,
einen sehr merklichen Beweiß von seiner Er-
gebung in den Willen der Vorsicht, in wel-
cher die wahre Fassung besteht und die auch
sicher zu ihr hilft, ablegte. Auf dem Lande
hatte er nichts von meinem Krankseyn ge-
hört und trat also unvorbereitet an mein
Bett, wo ihm der Arzt zu verstehen gab,
daß zu meinem Wiederaufkommen wenig
Hoffnung sey. Seine Landgeschäfte erlaub-
ten ihm höchstens einen 24stündigen Aufent-
halt -- statt nun die Zeit mit Klagen und
Seufzen zu verlieren, wurde vor seiner Rück-
reise der Tischler geholt, mit diesem über
den Sarg, mit meinem Stubengenossen über
die Beerdigung Abrede genommen, mir die
Hand -- aller Wahrscheinlichkeit nach zum
letztenmal -- gedruckt und nach Hause ge-
fahren, wohin aber mit nächster Post die
Nachricht von einer glücklich überstandenen
Crisis folgte. Jch hatte vor Schwäche nicht
reden können, aber doch alles, was geredet

Vor dieſer neuen Einſtallirung ſtand ich
noch eine heftige Krankheit aus, in welcher
mein Vater, der mich ſo herzlich liebte, daß
er, der nie gepockt hatte, als ich die Pocken
bekam, ganz unbeſorgt vor eigner Anſteckung,
beynahe gar nicht von meinem Bette ging,
einen ſehr merklichen Beweiß von ſeiner Er-
gebung in den Willen der Vorſicht, in wel-
cher die wahre Faſſung beſteht und die auch
ſicher zu ihr hilft, ablegte. Auf dem Lande
hatte er nichts von meinem Krankſeyn ge-
hoͤrt und trat alſo unvorbereitet an mein
Bett, wo ihm der Arzt zu verſtehen gab,
daß zu meinem Wiederaufkommen wenig
Hoffnung ſey. Seine Landgeſchaͤfte erlaub-
ten ihm hoͤchſtens einen 24ſtuͤndigen Aufent-
halt — ſtatt nun die Zeit mit Klagen und
Seufzen zu verlieren, wurde vor ſeiner Ruͤck-
reiſe der Tiſchler geholt, mit dieſem uͤber
den Sarg, mit meinem Stubengenoſſen uͤber
die Beerdigung Abrede genommen, mir die
Hand — aller Wahrſcheinlichkeit nach zum
letztenmal — gedruckt und nach Hauſe ge-
fahren, wohin aber mit naͤchſter Poſt die
Nachricht von einer gluͤcklich uͤberſtandenen
Criſis folgte. Jch hatte vor Schwaͤche nicht
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[56/0073] Vor dieſer neuen Einſtallirung ſtand ich noch eine heftige Krankheit aus, in welcher mein Vater, der mich ſo herzlich liebte, daß er, der nie gepockt hatte, als ich die Pocken bekam, ganz unbeſorgt vor eigner Anſteckung, beynahe gar nicht von meinem Bette ging, einen ſehr merklichen Beweiß von ſeiner Er- gebung in den Willen der Vorſicht, in wel- cher die wahre Faſſung beſteht und die auch ſicher zu ihr hilft, ablegte. Auf dem Lande hatte er nichts von meinem Krankſeyn ge- hoͤrt und trat alſo unvorbereitet an mein Bett, wo ihm der Arzt zu verſtehen gab, daß zu meinem Wiederaufkommen wenig Hoffnung ſey. Seine Landgeſchaͤfte erlaub- ten ihm hoͤchſtens einen 24ſtuͤndigen Aufent- halt — ſtatt nun die Zeit mit Klagen und Seufzen zu verlieren, wurde vor ſeiner Ruͤck- reiſe der Tiſchler geholt, mit dieſem uͤber den Sarg, mit meinem Stubengenoſſen uͤber die Beerdigung Abrede genommen, mir die Hand — aller Wahrſcheinlichkeit nach zum letztenmal — gedruckt und nach Hauſe ge- fahren, wohin aber mit naͤchſter Poſt die Nachricht von einer gluͤcklich uͤberſtandenen Criſis folgte. Jch hatte vor Schwaͤche nicht reden koͤnnen, aber doch alles, was geredet

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/73>, abgerufen am 25.11.2024.