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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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bey dem sich sehr auszeichnenden Doktor
Funk zu hören, welcher Cursus aber durch
den Ruf des Maaister Lindner zum rigai-
schen Rektorat unterbrochen wurde.

Um eben diese Zeit ward ich auch Frey-
maurer, welches Neumann, der seiner
meinem Sinn und Geschmack zusprechenden
Eigenschaften wegen mein vertrautester aka-
demischer Freund war, schon vor mir gewor-
den. Bey meiner Aufnahme befremdete mich
beynah nichts, und alles nahm mich so we-
nig für den Orden ein, daß ich erst nach
mehr als 20 Jahren auf Hippels Ver-
anlassung den Meistergrad mir geben ließ,
und vermittelst des Sinnes, den ich der
Sache beylegte, Geschmack daran fand. Bey
einem spätern Logenbesuche lernte ich den
damaligen russischen Oberstlieutenant und in
der Folge sturm- und schlachtberühmten
Suvarow kennen, dessen Vater damals
Gouverneur in Königsberg und ein strenger
Mann war, der die Kronbeamten oft schon
um 4 Uhr des Morgens, des Winters unge-
achtet, zum Vortrage kommen ließ; bey der
Hammerführung äußerte der junge S. eine
hochgetriebne Vorliebe für Strenge und
Kleinmeisterey.

bey dem ſich ſehr auszeichnenden Doktor
Funk zu hoͤren, welcher Curſus aber durch
den Ruf des Maaiſter Lindner zum rigai-
ſchen Rektorat unterbrochen wurde.

Um eben dieſe Zeit ward ich auch Frey-
maurer, welches Neumann, der ſeiner
meinem Sinn und Geſchmack zuſprechenden
Eigenſchaften wegen mein vertrauteſter aka-
demiſcher Freund war, ſchon vor mir gewor-
den. Bey meiner Aufnahme befremdete mich
beynah nichts, und alles nahm mich ſo we-
nig fuͤr den Orden ein, daß ich erſt nach
mehr als 20 Jahren auf Hippels Ver-
anlaſſung den Meiſtergrad mir geben ließ,
und vermittelſt des Sinnes, den ich der
Sache beylegte, Geſchmack daran fand. Bey
einem ſpaͤtern Logenbeſuche lernte ich den
damaligen ruſſiſchen Oberſtlieutenant und in
der Folge ſturm- und ſchlachtberuͤhmten
Suvarow kennen, deſſen Vater damals
Gouverneur in Koͤnigsberg und ein ſtrenger
Mann war, der die Kronbeamten oft ſchon
um 4 Uhr des Morgens, des Winters unge-
achtet, zum Vortrage kommen ließ; bey der
Hammerfuͤhrung aͤußerte der junge S. eine
hochgetriebne Vorliebe fuͤr Strenge und
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[58/0075] bey dem ſich ſehr auszeichnenden Doktor Funk zu hoͤren, welcher Curſus aber durch den Ruf des Maaiſter Lindner zum rigai- ſchen Rektorat unterbrochen wurde. Um eben dieſe Zeit ward ich auch Frey- maurer, welches Neumann, der ſeiner meinem Sinn und Geſchmack zuſprechenden Eigenſchaften wegen mein vertrauteſter aka- demiſcher Freund war, ſchon vor mir gewor- den. Bey meiner Aufnahme befremdete mich beynah nichts, und alles nahm mich ſo we- nig fuͤr den Orden ein, daß ich erſt nach mehr als 20 Jahren auf Hippels Ver- anlaſſung den Meiſtergrad mir geben ließ, und vermittelſt des Sinnes, den ich der Sache beylegte, Geſchmack daran fand. Bey einem ſpaͤtern Logenbeſuche lernte ich den damaligen ruſſiſchen Oberſtlieutenant und in der Folge ſturm- und ſchlachtberuͤhmten Suvarow kennen, deſſen Vater damals Gouverneur in Koͤnigsberg und ein ſtrenger Mann war, der die Kronbeamten oft ſchon um 4 Uhr des Morgens, des Winters unge- achtet, zum Vortrage kommen ließ; bey der Hammerfuͤhrung aͤußerte der junge S. eine hochgetriebne Vorliebe fuͤr Strenge und Kleinmeiſterey.

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/75>, abgerufen am 25.11.2024.