Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Wie sollte dieß auch nicht das stolze Be-
wußtseyn, in den höhern Regionen der
Erde, im Angesicht des Himmels zu wan-
deln, und noch mehr der Blick in eine
ganze, unter ihnen ausgebreitete Welt?
Wie sollte sich nicht die trägste Einbildungs-
kraft durch eine Mannigfaltigkeit von Ge-
genständen und Ansichten ergriffen fühlen,
welche kein anderer Spatziergang darbeut?
Beym Lustwandeln, wo man nicht lange
über demselben Anblick verweilt, erhält
man eine stets veränderte Ansicht, erhält
von diesen Gegenständen den leichten Ge-
nuß, der das zum Spatzierengehn nöthige
Spiel der Gemuthskräfte nicht aufhebt,
anstatt daß ein stillstehender Betrachter
sich leicht in hohen Ernst, in erhitzende
Phantasien, und in ein, über den Ein-

Wie ſollte dieß auch nicht das ſtolze Be-
wußtſeyn, in den hoͤhern Regionen der
Erde, im Angeſicht des Himmels zu wan-
deln, und noch mehr der Blick in eine
ganze, unter ihnen ausgebreitete Welt?
Wie ſollte ſich nicht die traͤgſte Einbildungs-
kraft durch eine Mannigfaltigkeit von Ge-
genſtaͤnden und Anſichten ergriffen fuͤhlen,
welche kein anderer Spatziergang darbeut?
Beym Luſtwandeln, wo man nicht lange
uͤber demſelben Anblick verweilt, erhaͤlt
man eine ſtets veraͤnderte Anſicht, erhaͤlt
von dieſen Gegenſtaͤnden den leichten Ge-
nuß, der das zum Spatzierengehn noͤthige
Spiel der Gemuthskraͤfte nicht aufhebt,
anſtatt daß ein ſtillſtehender Betrachter
ſich leicht in hohen Ernſt, in erhitzende
Phantaſien, und in ein, uͤber den Ein-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0137" n="133"/>
Wie &#x017F;ollte dieß auch nicht das &#x017F;tolze Be-<lb/>
wußt&#x017F;eyn, in den ho&#x0364;hern Regionen der<lb/>
Erde, im Ange&#x017F;icht des Himmels zu wan-<lb/>
deln, und noch mehr der Blick in eine<lb/>
ganze, unter ihnen ausgebreitete Welt?<lb/>
Wie &#x017F;ollte &#x017F;ich nicht die tra&#x0364;g&#x017F;te Einbildungs-<lb/>
kraft durch eine Mannigfaltigkeit von Ge-<lb/>
gen&#x017F;ta&#x0364;nden und An&#x017F;ichten ergriffen fu&#x0364;hlen,<lb/>
welche kein anderer Spatziergang darbeut?<lb/>
Beym Lu&#x017F;twandeln, wo man nicht lange<lb/>
u&#x0364;ber dem&#x017F;elben Anblick verweilt, erha&#x0364;lt<lb/>
man eine &#x017F;tets vera&#x0364;nderte An&#x017F;icht, erha&#x0364;lt<lb/>
von die&#x017F;en Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden den leichten Ge-<lb/>
nuß, der das zum Spatzierengehn no&#x0364;thige<lb/>
Spiel der Gemuthskra&#x0364;fte nicht aufhebt,<lb/>
an&#x017F;tatt daß ein &#x017F;till&#x017F;tehender Betrachter<lb/>
&#x017F;ich leicht in hohen Ern&#x017F;t, in erhitzende<lb/>
Phanta&#x017F;ien, und in ein, u&#x0364;ber den Ein-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0137] Wie ſollte dieß auch nicht das ſtolze Be- wußtſeyn, in den hoͤhern Regionen der Erde, im Angeſicht des Himmels zu wan- deln, und noch mehr der Blick in eine ganze, unter ihnen ausgebreitete Welt? Wie ſollte ſich nicht die traͤgſte Einbildungs- kraft durch eine Mannigfaltigkeit von Ge- genſtaͤnden und Anſichten ergriffen fuͤhlen, welche kein anderer Spatziergang darbeut? Beym Luſtwandeln, wo man nicht lange uͤber demſelben Anblick verweilt, erhaͤlt man eine ſtets veraͤnderte Anſicht, erhaͤlt von dieſen Gegenſtaͤnden den leichten Ge- nuß, der das zum Spatzierengehn noͤthige Spiel der Gemuthskraͤfte nicht aufhebt, anſtatt daß ein ſtillſtehender Betrachter ſich leicht in hohen Ernſt, in erhitzende Phantaſien, und in ein, uͤber den Ein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/137
Zitationshilfe: Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/137>, abgerufen am 22.05.2024.