Man braucht gerade kein großer Ken- ner der Natur zu seyn, um in einem an- muthigen Thale zu lustwandeln, ohne Mangel an Unterhaltung zu empfinden. Man braucht dieß eben so wenig zu seyn, als man es zu seyn braucht, um den Ein- druck einer Gebirgsgegend zu empfinden; ich sage zu empfinden, nicht, sich ihn auch zu entwickeln! Einer solchen Unter- haltung mit der Natur fähig zu seyn, braucht man noch nicht ihre versteckten Schönheiten enträthseln zu können, die nur der geübte Denker entdeckt. Der Reichthum und die Verschiedenheit von Gegenständen, die sich da dem Blick des Freundes der Natur von selbst darbieten, liefern hinlänglichen Stoff zur Beschäfti- gung der Sinne, der Einbildungskraft
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Man braucht gerade kein großer Ken- ner der Natur zu ſeyn, um in einem an- muthigen Thale zu luſtwandeln, ohne Mangel an Unterhaltung zu empfinden. Man braucht dieß eben ſo wenig zu ſeyn, als man es zu ſeyn braucht, um den Ein- druck einer Gebirgsgegend zu empfinden; ich ſage zu empfinden, nicht, ſich ihn auch zu entwickeln! Einer ſolchen Unter- haltung mit der Natur faͤhig zu ſeyn, braucht man noch nicht ihre verſteckten Schoͤnheiten entraͤthſeln zu koͤnnen, die nur der geuͤbte Denker entdeckt. Der Reichthum und die Verſchiedenheit von Gegenſtaͤnden, die ſich da dem Blick des Freundes der Natur von ſelbſt darbieten, liefern hinlaͤnglichen Stoff zur Beſchaͤfti- gung der Sinne, der Einbildungskraft
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Man braucht gerade kein großer Ken-
ner der Natur zu ſeyn, um in einem an-
muthigen Thale zu luſtwandeln, ohne
Mangel an Unterhaltung zu empfinden.
Man braucht dieß eben ſo wenig zu ſeyn,
als man es zu ſeyn braucht, um den Ein-
druck einer Gebirgsgegend zu empfinden;
ich ſage zu empfinden, nicht, ſich ihn
auch zu entwickeln! Einer ſolchen Unter-
haltung mit der Natur faͤhig zu ſeyn,
braucht man noch nicht ihre verſteckten
Schoͤnheiten entraͤthſeln zu koͤnnen, die
nur der geuͤbte Denker entdeckt. Der
Reichthum und die Verſchiedenheit von
Gegenſtaͤnden, die ſich da dem Blick des
Freundes der Natur von ſelbſt darbieten,
liefern hinlaͤnglichen Stoff zur Beſchaͤfti-
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Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/149>, abgerufen am 21.05.2024.
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