Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

was das sich selbst widerspricht. Spatzie-
rengehn ist ein freyes Vergnügen und be-
steht mit keinem Zwang. Das ange-
nehmste, was es für den freyen Men-
schen giebt, -- und das sind Spatzier-
gänge doch gewiß -- wird unter gefessel-
ten Verhältnissen eine wahre Last. Ver-
hältnisse, die jede freye Bewegung mechani-
schen Regeln und sklavischem Zwange unter-
werfen, verhindern, zumahl in den für
die Bildung so wichtigen Jugendjahren,
die freye Entwickelung eigner Menschheit
und erzeugen die Unfähigkeit zu einem
vernünftigen Selbstgebrauch der Frey-
heit. -- Schon ungebetene Gesellschafter
auf Spatziergängen versetzen jemanden in
die Lage des Horaz, dem sich, in der hei-
ligen Straße, auch der Gelehrten einer

was das ſich ſelbſt widerſpricht. Spatzie-
rengehn iſt ein freyes Vergnuͤgen und be-
ſteht mit keinem Zwang. Das ange-
nehmſte, was es fuͤr den freyen Men-
ſchen giebt, — und das ſind Spatzier-
gaͤnge doch gewiß — wird unter gefeſſel-
ten Verhaͤltniſſen eine wahre Laſt. Ver-
haͤltniſſe, die jede freye Bewegung mechani-
ſchen Regeln und ſklaviſchem Zwange unter-
werfen, verhindern, zumahl in den fuͤr
die Bildung ſo wichtigen Jugendjahren,
die freye Entwickelung eigner Menſchheit
und erzeugen die Unfaͤhigkeit zu einem
vernuͤnftigen Selbſtgebrauch der Frey-
heit. — Schon ungebetene Geſellſchafter
auf Spatziergaͤngen verſetzen jemanden in
die Lage des Horaz, dem ſich, in der hei-
ligen Straße, auch der Gelehrten einer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0062" n="58"/>
was das &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t wider&#x017F;pricht. Spatzie-<lb/>
rengehn i&#x017F;t ein freyes Vergnu&#x0364;gen und be-<lb/>
&#x017F;teht mit keinem Zwang. Das ange-<lb/>
nehm&#x017F;te, was es fu&#x0364;r den freyen Men-<lb/>
&#x017F;chen giebt, &#x2014; und das &#x017F;ind Spatzier-<lb/>
ga&#x0364;nge doch gewiß &#x2014; wird unter gefe&#x017F;&#x017F;el-<lb/>
ten Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en eine wahre La&#x017F;t. Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e, die jede freye Bewegung mechani-<lb/>
&#x017F;chen Regeln und &#x017F;klavi&#x017F;chem Zwange unter-<lb/>
werfen, verhindern, zumahl in den fu&#x0364;r<lb/>
die Bildung &#x017F;o wichtigen Jugendjahren,<lb/>
die freye Entwickelung eigner Men&#x017F;chheit<lb/>
und erzeugen die Unfa&#x0364;higkeit zu einem<lb/>
vernu&#x0364;nftigen Selb&#x017F;tgebrauch der Frey-<lb/>
heit. &#x2014; Schon ungebetene Ge&#x017F;ell&#x017F;chafter<lb/>
auf Spatzierga&#x0364;ngen ver&#x017F;etzen jemanden in<lb/>
die Lage des Horaz, dem &#x017F;ich, in der hei-<lb/>
ligen Straße, auch der Gelehrten einer<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0062] was das ſich ſelbſt widerſpricht. Spatzie- rengehn iſt ein freyes Vergnuͤgen und be- ſteht mit keinem Zwang. Das ange- nehmſte, was es fuͤr den freyen Men- ſchen giebt, — und das ſind Spatzier- gaͤnge doch gewiß — wird unter gefeſſel- ten Verhaͤltniſſen eine wahre Laſt. Ver- haͤltniſſe, die jede freye Bewegung mechani- ſchen Regeln und ſklaviſchem Zwange unter- werfen, verhindern, zumahl in den fuͤr die Bildung ſo wichtigen Jugendjahren, die freye Entwickelung eigner Menſchheit und erzeugen die Unfaͤhigkeit zu einem vernuͤnftigen Selbſtgebrauch der Frey- heit. — Schon ungebetene Geſellſchafter auf Spatziergaͤngen verſetzen jemanden in die Lage des Horaz, dem ſich, in der hei- ligen Straße, auch der Gelehrten einer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/62
Zitationshilfe: Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/62>, abgerufen am 21.11.2024.