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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.

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Zusatz 2. Die bildende Kunst ist die reale Seite der
Kunstwelt.

§. 73. Die ideale Einheit als Auflösung des Beson-
dern ins Allgemeine, des Concreten in Begriff, wird ob-
jektiv in Rede oder Sprache.
-- Auch der Beweis dieses Satzes
gehört in die allgemeine Philosophie.

Die Sprache ist, nur wieder real angeschaut, dieselbe Auflösung
des Concreten in das Allgemeine, des Seyns in das Wissen, welche
das Denken ideal ist. Die Sprache von der einen Seite betrachtet
ist unmittelbarer Ausdruck eines Idealen -- des Wissens, Denkens,
Empfindens, Wollens u. s. w. -- in einem Realen, insofern selbst
ein Kunstwerk. Allein sie ist von der anderen Seite ebenso bestimmt
ein Naturwerk, indem sie als die Eine nothwendige Form der Kunst
nicht ursprünglich durch Kunst erfunden oder entstanden gedacht werden
kann. Sie ist also ein natürliches Kunstwerk, wie es mehr oder we-
niger alles ist, was die Natur hervorbringt.

Wir werden den überzeugendsten Beweis unseres Satzes nur in
einem allgemeineren Zusammenhang, vorzüglich aber durch die Entgegen-
stellung der Sprache und der anderen Form der Kunst, der Materie,
führen können.

Folgende Verhältnisse sind es, aus denen die Bedeutung der Sprache
am bestimmtesten eingesehen werden kann.

Das Absolute ist seiner Natur nach ein ewiges Produciren, dieses
Produciren ist sein Wesen. Sein Produciren ist ein absolutes Affirmi-
ren oder Erkennen, dessen zwei Seiten die beiden angegebenen Ein-
heiten sind.

Wo der absolute Erkenntnißakt nur dadurch objektiv wird, daß
die eine Seite desselben als besondere Einheit zur Form wird, da er-
scheint er nothwendig verwandelt in ein anderes, nämlich in ein Seyn.
Die absolute Einbildung des Unendlichen ins Endliche, welche die reale
Seite desselben ist, ist an sich kein Seyn, sie ist in ihrer Absolutheit
wieder die ganze Idee, die ganze unendliche Selbstaffirmation; nur in
ihrer Relativität, also als besondere Einheit aufgenommen,

Zuſatz 2. Die bildende Kunſt iſt die reale Seite der
Kunſtwelt.

§. 73. Die ideale Einheit als Auflöſung des Beſon-
dern ins Allgemeine, des Concreten in Begriff, wird ob-
jektiv in Rede oder Sprache.
— Auch der Beweis dieſes Satzes
gehört in die allgemeine Philoſophie.

Die Sprache iſt, nur wieder real angeſchaut, dieſelbe Auflöſung
des Concreten in das Allgemeine, des Seyns in das Wiſſen, welche
das Denken ideal iſt. Die Sprache von der einen Seite betrachtet
iſt unmittelbarer Ausdruck eines Idealen — des Wiſſens, Denkens,
Empfindens, Wollens u. ſ. w. — in einem Realen, inſofern ſelbſt
ein Kunſtwerk. Allein ſie iſt von der anderen Seite ebenſo beſtimmt
ein Naturwerk, indem ſie als die Eine nothwendige Form der Kunſt
nicht urſprünglich durch Kunſt erfunden oder entſtanden gedacht werden
kann. Sie iſt alſo ein natürliches Kunſtwerk, wie es mehr oder we-
niger alles iſt, was die Natur hervorbringt.

Wir werden den überzeugendſten Beweis unſeres Satzes nur in
einem allgemeineren Zuſammenhang, vorzüglich aber durch die Entgegen-
ſtellung der Sprache und der anderen Form der Kunſt, der Materie,
führen können.

Folgende Verhältniſſe ſind es, aus denen die Bedeutung der Sprache
am beſtimmteſten eingeſehen werden kann.

Das Abſolute iſt ſeiner Natur nach ein ewiges Produciren, dieſes
Produciren iſt ſein Weſen. Sein Produciren iſt ein abſolutes Affirmi-
ren oder Erkennen, deſſen zwei Seiten die beiden angegebenen Ein-
heiten ſind.

Wo der abſolute Erkenntnißakt nur dadurch objektiv wird, daß
die eine Seite deſſelben als beſondere Einheit zur Form wird, da er-
ſcheint er nothwendig verwandelt in ein anderes, nämlich in ein Seyn.
Die abſolute Einbildung des Unendlichen ins Endliche, welche die reale
Seite deſſelben iſt, iſt an ſich kein Seyn, ſie iſt in ihrer Abſolutheit
wieder die ganze Idee, die ganze unendliche Selbſtaffirmation; nur in
ihrer Relativität, alſo als beſondere Einheit aufgenommen,

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[482/0158] Zuſatz 2. Die bildende Kunſt iſt die reale Seite der Kunſtwelt. §. 73. Die ideale Einheit als Auflöſung des Beſon- dern ins Allgemeine, des Concreten in Begriff, wird ob- jektiv in Rede oder Sprache. — Auch der Beweis dieſes Satzes gehört in die allgemeine Philoſophie. Die Sprache iſt, nur wieder real angeſchaut, dieſelbe Auflöſung des Concreten in das Allgemeine, des Seyns in das Wiſſen, welche das Denken ideal iſt. Die Sprache von der einen Seite betrachtet iſt unmittelbarer Ausdruck eines Idealen — des Wiſſens, Denkens, Empfindens, Wollens u. ſ. w. — in einem Realen, inſofern ſelbſt ein Kunſtwerk. Allein ſie iſt von der anderen Seite ebenſo beſtimmt ein Naturwerk, indem ſie als die Eine nothwendige Form der Kunſt nicht urſprünglich durch Kunſt erfunden oder entſtanden gedacht werden kann. Sie iſt alſo ein natürliches Kunſtwerk, wie es mehr oder we- niger alles iſt, was die Natur hervorbringt. Wir werden den überzeugendſten Beweis unſeres Satzes nur in einem allgemeineren Zuſammenhang, vorzüglich aber durch die Entgegen- ſtellung der Sprache und der anderen Form der Kunſt, der Materie, führen können. Folgende Verhältniſſe ſind es, aus denen die Bedeutung der Sprache am beſtimmteſten eingeſehen werden kann. Das Abſolute iſt ſeiner Natur nach ein ewiges Produciren, dieſes Produciren iſt ſein Weſen. Sein Produciren iſt ein abſolutes Affirmi- ren oder Erkennen, deſſen zwei Seiten die beiden angegebenen Ein- heiten ſind. Wo der abſolute Erkenntnißakt nur dadurch objektiv wird, daß die eine Seite deſſelben als beſondere Einheit zur Form wird, da er- ſcheint er nothwendig verwandelt in ein anderes, nämlich in ein Seyn. Die abſolute Einbildung des Unendlichen ins Endliche, welche die reale Seite deſſelben iſt, iſt an ſich kein Seyn, ſie iſt in ihrer Abſolutheit wieder die ganze Idee, die ganze unendliche Selbſtaffirmation; nur in ihrer Relativität, alſo als beſondere Einheit aufgenommen,

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/158>, abgerufen am 24.11.2024.