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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.

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Ideen von der idealen Seite. -- Jede Idee hat, wie das Absolute, zwei
Seiten, eine reale und eine ideale, oder: sie ist ganz gleich real und
ideal, aber im Realen als ein Anderes, als ein Seyn, nicht als Idee.
Die Malerei also, indem sie die Gegenstände vorzugsweise von der
idealen Seite darstellt, geht nothwendig auf Darstellung der Ideen als
solcher.

Zusatz 2. Inwiefern die Malerei alle Gegenstände überhaupt
nicht unmittelbar und an sich selbst, sondern nur durch ihr Allgemeines,
Ideales bedeutet, ist sie allgemein schematisirend. Auf sich selbst be-
zogen oder in sich selbst ist sie aber nothwendig wieder allegorisch und
symbolisch.

Anmerkung. Das Schematisirende ist allgemeines Princip der
modernen Religion. Daher die Malerei in der neueren Welt vor-
herrschend. (Warum nicht Plastik?) Die Mutter Gottes von Michel-
angelo = Juno.

§. 89. Die Malerei ist bloß allegorisch in denjenigen
Gegenständen, die nicht um ihrer selbst willen dargestellt
werden
. -- Denn was nicht um seiner selbst willen, bloß um eines
andern willen, ist es bedeutend.

Anmerkung. Hieher gehören die untergeordneten Gattungen des
Still-Lebens, der Blumen- und Frucht-, sowie im Ganzen auch der
Thierstücke. Alle diese Gattungen sind entweder überhaupt keine
Kunstgattungen oder von allegorischer Bedeutung. Was Thierstücke ins-
besondere betrifft, so ist die Natur in der Produktion der Thiere selbst
gewissermaßen allegorisch, sie deutet ein Höheres, die menschliche Ge-
stalt an, es sind unvollkommene Versuche, die höchste Totalität zu pro-
duciren. Selbst der Charakter, den sie in das Thier wirklich gelegt
hat, spricht sich in ihm nicht vollkommen aus, sondern ist bloß ange-
deutet und wird errathen. Aber auch der bekannte Charakter des Thiers
ist nur eine einseitige Erscheinung des Totalcharakters der Erde, und
inwiefern dieser im Menschen am vollkommensten ausgedrückt ist, des
Menschen.

§. 90. Die Malerei ist bloß schematisirend in der

Ideen von der idealen Seite. — Jede Idee hat, wie das Abſolute, zwei
Seiten, eine reale und eine ideale, oder: ſie iſt ganz gleich real und
ideal, aber im Realen als ein Anderes, als ein Seyn, nicht als Idee.
Die Malerei alſo, indem ſie die Gegenſtände vorzugsweiſe von der
idealen Seite darſtellt, geht nothwendig auf Darſtellung der Ideen als
ſolcher.

Zuſatz 2. Inwiefern die Malerei alle Gegenſtände überhaupt
nicht unmittelbar und an ſich ſelbſt, ſondern nur durch ihr Allgemeines,
Ideales bedeutet, iſt ſie allgemein ſchematiſirend. Auf ſich ſelbſt be-
zogen oder in ſich ſelbſt iſt ſie aber nothwendig wieder allegoriſch und
ſymboliſch.

Anmerkung. Das Schematiſirende iſt allgemeines Princip der
modernen Religion. Daher die Malerei in der neueren Welt vor-
herrſchend. (Warum nicht Plaſtik?) Die Mutter Gottes von Michel-
angelo = Juno.

§. 89. Die Malerei iſt bloß allegoriſch in denjenigen
Gegenſtänden, die nicht um ihrer ſelbſt willen dargeſtellt
werden
. — Denn was nicht um ſeiner ſelbſt willen, bloß um eines
andern willen, iſt es bedeutend.

Anmerkung. Hieher gehören die untergeordneten Gattungen des
Still-Lebens, der Blumen- und Frucht-, ſowie im Ganzen auch der
Thierſtücke. Alle dieſe Gattungen ſind entweder überhaupt keine
Kunſtgattungen oder von allegoriſcher Bedeutung. Was Thierſtücke ins-
beſondere betrifft, ſo iſt die Natur in der Produktion der Thiere ſelbſt
gewiſſermaßen allegoriſch, ſie deutet ein Höheres, die menſchliche Ge-
ſtalt an, es ſind unvollkommene Verſuche, die höchſte Totalität zu pro-
duciren. Selbſt der Charakter, den ſie in das Thier wirklich gelegt
hat, ſpricht ſich in ihm nicht vollkommen aus, ſondern iſt bloß ange-
deutet und wird errathen. Aber auch der bekannte Charakter des Thiers
iſt nur eine einſeitige Erſcheinung des Totalcharakters der Erde, und
inwiefern dieſer im Menſchen am vollkommenſten ausgedrückt iſt, des
Menſchen.

§. 90. Die Malerei iſt bloß ſchematiſirend in der

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[566/0242] Ideen von der idealen Seite. — Jede Idee hat, wie das Abſolute, zwei Seiten, eine reale und eine ideale, oder: ſie iſt ganz gleich real und ideal, aber im Realen als ein Anderes, als ein Seyn, nicht als Idee. Die Malerei alſo, indem ſie die Gegenſtände vorzugsweiſe von der idealen Seite darſtellt, geht nothwendig auf Darſtellung der Ideen als ſolcher. Zuſatz 2. Inwiefern die Malerei alle Gegenſtände überhaupt nicht unmittelbar und an ſich ſelbſt, ſondern nur durch ihr Allgemeines, Ideales bedeutet, iſt ſie allgemein ſchematiſirend. Auf ſich ſelbſt be- zogen oder in ſich ſelbſt iſt ſie aber nothwendig wieder allegoriſch und ſymboliſch. Anmerkung. Das Schematiſirende iſt allgemeines Princip der modernen Religion. Daher die Malerei in der neueren Welt vor- herrſchend. (Warum nicht Plaſtik?) Die Mutter Gottes von Michel- angelo = Juno. §. 89. Die Malerei iſt bloß allegoriſch in denjenigen Gegenſtänden, die nicht um ihrer ſelbſt willen dargeſtellt werden. — Denn was nicht um ſeiner ſelbſt willen, bloß um eines andern willen, iſt es bedeutend. Anmerkung. Hieher gehören die untergeordneten Gattungen des Still-Lebens, der Blumen- und Frucht-, ſowie im Ganzen auch der Thierſtücke. Alle dieſe Gattungen ſind entweder überhaupt keine Kunſtgattungen oder von allegoriſcher Bedeutung. Was Thierſtücke ins- beſondere betrifft, ſo iſt die Natur in der Produktion der Thiere ſelbſt gewiſſermaßen allegoriſch, ſie deutet ein Höheres, die menſchliche Ge- ſtalt an, es ſind unvollkommene Verſuche, die höchſte Totalität zu pro- duciren. Selbſt der Charakter, den ſie in das Thier wirklich gelegt hat, ſpricht ſich in ihm nicht vollkommen aus, ſondern iſt bloß ange- deutet und wird errathen. Aber auch der bekannte Charakter des Thiers iſt nur eine einſeitige Erſcheinung des Totalcharakters der Erde, und inwiefern dieſer im Menſchen am vollkommenſten ausgedrückt iſt, des Menſchen. §. 90. Die Malerei iſt bloß ſchematiſirend in der

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/242>, abgerufen am 21.11.2024.