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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.

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den). -- Positiv ausgedrückt: Das Absolute geht allem nur der Idee
nach voran, und alles andere, alles, was nicht das Absolute ist, ist
nur, inwiefern in ihm das Seyn nicht der Idee gleich ist, d. h. in-
wiefern es selbst nur Privation, nicht wahres Seyn ist. Der concrete
Cirkel als solcher gehört nur zur erscheinenden Welt. Der Cirkel an
sich aber geht ihm doch nie der Zeit, sondern nur der Idee nach voran.
Ebenso geht das Absolute allem andern auf keine Weise voran als der
Idee nach.

b) Im Absoluten selbst kann kein Vor oder Nach stattfinden,
also keine Bestimmung der anderen weder vorangehen noch nachfolgen.
Denn wäre dieß, so müßten wir im Absoluten eine Affektion oder Lei-
den, ein Bestimmtwerden setzen. Es ist aber ganz affektionslos, ohne
Entgegensetzung in sich selbst.

§. 6. Das Absolute ist an sich weder bewußt noch be-
wußtlos, weder frei noch unfrei oder nothwendig
. Nicht
bewußt, denn alles Bewußtseyn beruht auf der relativen Einheit des
Denkens und Seyns, im Absoluten ist aber absolute Einheit. Nicht
bewußtlos; denn es ist nur darum nicht bewußt, weil es absolutes Be-
wußtseyn ist. Nicht frei; denn Freiheit beruht auf der relativen Ent-
gegensetzung und relativen Einheit der Möglichkeit und der Wirklichkeit,
im Absoluten aber sind beide absolut eins. Nicht unfrei oder noth-
wendig; denn es ist affektionslos; es ist nichts in ihm oder außer
ihm, das ihn bestimmen könnte, oder wozu es sich neigen könnte.

§. 7. Im All ist begriffen, was in Gott begriffen ist.
Demnach begreift das All, ebenso wie Gott, sich selbst als unendlich
Affirmirendes, als unendlich Affirmirtes und als Einheit beider, ohne
selbst eine dieser Formen insbesondere zu seyn (eben weil begreifend),
und nicht so, daß die Formen geschieden, sondern so, daß sie in die
absoluten Identität aufgelöst sind.

§. 8. Das unendliche Affirmirtseyn Gottes im All,
oder die Einbildung seiner unendlichen Idealität in die
Realität als solche, ist die ewige Natur
.

Dieß ist eigentlich Lehnsatz. Doch will ich ihn hier beweisen. Die

den). — Poſitiv ausgedrückt: Das Abſolute geht allem nur der Idee
nach voran, und alles andere, alles, was nicht das Abſolute iſt, iſt
nur, inwiefern in ihm das Seyn nicht der Idee gleich iſt, d. h. in-
wiefern es ſelbſt nur Privation, nicht wahres Seyn iſt. Der concrete
Cirkel als ſolcher gehört nur zur erſcheinenden Welt. Der Cirkel an
ſich aber geht ihm doch nie der Zeit, ſondern nur der Idee nach voran.
Ebenſo geht das Abſolute allem andern auf keine Weiſe voran als der
Idee nach.

b) Im Abſoluten ſelbſt kann kein Vor oder Nach ſtattfinden,
alſo keine Beſtimmung der anderen weder vorangehen noch nachfolgen.
Denn wäre dieß, ſo müßten wir im Abſoluten eine Affektion oder Lei-
den, ein Beſtimmtwerden ſetzen. Es iſt aber ganz affektionslos, ohne
Entgegenſetzung in ſich ſelbſt.

§. 6. Das Abſolute iſt an ſich weder bewußt noch be-
wußtlos, weder frei noch unfrei oder nothwendig
. Nicht
bewußt, denn alles Bewußtſeyn beruht auf der relativen Einheit des
Denkens und Seyns, im Abſoluten iſt aber abſolute Einheit. Nicht
bewußtlos; denn es iſt nur darum nicht bewußt, weil es abſolutes Be-
wußtſeyn iſt. Nicht frei; denn Freiheit beruht auf der relativen Ent-
gegenſetzung und relativen Einheit der Möglichkeit und der Wirklichkeit,
im Abſoluten aber ſind beide abſolut eins. Nicht unfrei oder noth-
wendig; denn es iſt affektionslos; es iſt nichts in ihm oder außer
ihm, das ihn beſtimmen könnte, oder wozu es ſich neigen könnte.

§. 7. Im All iſt begriffen, was in Gott begriffen iſt.
Demnach begreift das All, ebenſo wie Gott, ſich ſelbſt als unendlich
Affirmirendes, als unendlich Affirmirtes und als Einheit beider, ohne
ſelbſt eine dieſer Formen insbeſondere zu ſeyn (eben weil begreifend),
und nicht ſo, daß die Formen geſchieden, ſondern ſo, daß ſie in die
abſoluten Identität aufgelöst ſind.

§. 8. Das unendliche Affirmirtſeyn Gottes im All,
oder die Einbildung ſeiner unendlichen Idealität in die
Realität als ſolche, iſt die ewige Natur
.

Dieß iſt eigentlich Lehnſatz. Doch will ich ihn hier beweiſen. Die

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[377/0053] den). — Poſitiv ausgedrückt: Das Abſolute geht allem nur der Idee nach voran, und alles andere, alles, was nicht das Abſolute iſt, iſt nur, inwiefern in ihm das Seyn nicht der Idee gleich iſt, d. h. in- wiefern es ſelbſt nur Privation, nicht wahres Seyn iſt. Der concrete Cirkel als ſolcher gehört nur zur erſcheinenden Welt. Der Cirkel an ſich aber geht ihm doch nie der Zeit, ſondern nur der Idee nach voran. Ebenſo geht das Abſolute allem andern auf keine Weiſe voran als der Idee nach. b) Im Abſoluten ſelbſt kann kein Vor oder Nach ſtattfinden, alſo keine Beſtimmung der anderen weder vorangehen noch nachfolgen. Denn wäre dieß, ſo müßten wir im Abſoluten eine Affektion oder Lei- den, ein Beſtimmtwerden ſetzen. Es iſt aber ganz affektionslos, ohne Entgegenſetzung in ſich ſelbſt. §. 6. Das Abſolute iſt an ſich weder bewußt noch be- wußtlos, weder frei noch unfrei oder nothwendig. Nicht bewußt, denn alles Bewußtſeyn beruht auf der relativen Einheit des Denkens und Seyns, im Abſoluten iſt aber abſolute Einheit. Nicht bewußtlos; denn es iſt nur darum nicht bewußt, weil es abſolutes Be- wußtſeyn iſt. Nicht frei; denn Freiheit beruht auf der relativen Ent- gegenſetzung und relativen Einheit der Möglichkeit und der Wirklichkeit, im Abſoluten aber ſind beide abſolut eins. Nicht unfrei oder noth- wendig; denn es iſt affektionslos; es iſt nichts in ihm oder außer ihm, das ihn beſtimmen könnte, oder wozu es ſich neigen könnte. §. 7. Im All iſt begriffen, was in Gott begriffen iſt. Demnach begreift das All, ebenſo wie Gott, ſich ſelbſt als unendlich Affirmirendes, als unendlich Affirmirtes und als Einheit beider, ohne ſelbſt eine dieſer Formen insbeſondere zu ſeyn (eben weil begreifend), und nicht ſo, daß die Formen geſchieden, ſondern ſo, daß ſie in die abſoluten Identität aufgelöst ſind. §. 8. Das unendliche Affirmirtſeyn Gottes im All, oder die Einbildung ſeiner unendlichen Idealität in die Realität als ſolche, iſt die ewige Natur. Dieß iſt eigentlich Lehnſatz. Doch will ich ihn hier beweiſen. Die

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/53>, abgerufen am 24.11.2024.