Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

Die wahre Vernichtung der Natur ist
allerdings die, sie zu einem Ganzen absoluter
Qualitäten, Beschränktheiten und Affectionen
zu machen, welche gleichsam für ideale Atomen
gelten können. Im Uebrigen bedarf es keines
Beweises, daß eine Philosophie, die irgend ei¬
nen Gegensatz zurückläßt und nicht wahrhaft
die absolute Harmonie hergestellt hat, auch
nicht zum absoluten Wissen durchgedrungen
sey und noch weniger dazu bilden könne.

Die Aufgabe, die sich jeder setzen muß,
unmittelbar, wie er zur Philosophie gelangt,
ist: die Eine wahrhaft absolute Erkenntniß,
die ihrer Natur nach auch eine Erkenntniß des
Absoluten ist, bis zur Totalität und bis zum
vollkommnen Begreifen des Allen in Einem zu
verfolgen. Die Philosophie öffnet in dem Ab¬
soluten und der Entfernung aller Gegensätze,
wodurch dieses selbst wieder, es sey auf subje¬
ctive oder objective Weise, in eine Beschränktheit
verwandelt worden ist, nicht nur überhaupt das
Reich der Ideen, sondern auch den wahren Ur¬

Die wahre Vernichtung der Natur iſt
allerdings die, ſie zu einem Ganzen abſoluter
Qualitaͤten, Beſchraͤnktheiten und Affectionen
zu machen, welche gleichſam fuͤr ideale Atomen
gelten koͤnnen. Im Uebrigen bedarf es keines
Beweiſes, daß eine Philoſophie, die irgend ei¬
nen Gegenſatz zuruͤcklaͤßt und nicht wahrhaft
die abſolute Harmonie hergeſtellt hat, auch
nicht zum abſoluten Wiſſen durchgedrungen
ſey und noch weniger dazu bilden koͤnne.

Die Aufgabe, die ſich jeder ſetzen muß,
unmittelbar, wie er zur Philoſophie gelangt,
iſt: die Eine wahrhaft abſolute Erkenntniß,
die ihrer Natur nach auch eine Erkenntniß des
Abſoluten iſt, bis zur Totalitaͤt und bis zum
vollkommnen Begreifen des Allen in Einem zu
verfolgen. Die Philoſophie oͤffnet in dem Ab¬
ſoluten und der Entfernung aller Gegenſaͤtze,
wodurch dieſes ſelbſt wieder, es ſey auf ſubje¬
ctive oder objective Weiſe, in eine Beſchraͤnktheit
verwandelt worden iſt, nicht nur uͤberhaupt das
Reich der Ideen, ſondern auch den wahren Ur¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0149" n="140"/>
        <p>Die wahre <hi rendition="#g">Vernichtung</hi> der Natur i&#x017F;t<lb/>
allerdings die, &#x017F;ie zu einem Ganzen ab&#x017F;oluter<lb/>
Qualita&#x0364;ten, Be&#x017F;chra&#x0364;nktheiten und Affectionen<lb/>
zu machen, welche gleich&#x017F;am fu&#x0364;r ideale Atomen<lb/>
gelten ko&#x0364;nnen. Im Uebrigen bedarf es keines<lb/>
Bewei&#x017F;es, daß eine Philo&#x017F;ophie, die irgend ei¬<lb/>
nen Gegen&#x017F;atz zuru&#x0364;ckla&#x0364;ßt und nicht wahrhaft<lb/>
die ab&#x017F;olute Harmonie herge&#x017F;tellt hat, auch<lb/>
nicht zum <hi rendition="#g">ab&#x017F;oluten</hi> Wi&#x017F;&#x017F;en durchgedrungen<lb/>
&#x017F;ey und noch weniger dazu bilden ko&#x0364;nne.</p><lb/>
        <p>Die Aufgabe, die &#x017F;ich jeder &#x017F;etzen muß,<lb/>
unmittelbar, wie er zur Philo&#x017F;ophie gelangt,<lb/>
i&#x017F;t: die Eine wahrhaft ab&#x017F;olute Erkenntniß,<lb/>
die ihrer Natur nach auch eine Erkenntniß des<lb/>
Ab&#x017F;oluten i&#x017F;t, bis zur Totalita&#x0364;t und bis zum<lb/>
vollkommnen Begreifen des Allen in Einem zu<lb/>
verfolgen. Die Philo&#x017F;ophie o&#x0364;ffnet in dem Ab¬<lb/>
&#x017F;oluten und der Entfernung aller Gegen&#x017F;a&#x0364;tze,<lb/>
wodurch die&#x017F;es &#x017F;elb&#x017F;t wieder, es &#x017F;ey auf &#x017F;ubje¬<lb/>
ctive oder objective Wei&#x017F;e, in eine Be&#x017F;chra&#x0364;nktheit<lb/>
verwandelt worden i&#x017F;t, nicht nur u&#x0364;berhaupt das<lb/>
Reich der Ideen, &#x017F;ondern auch den wahren Ur¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0149] Die wahre Vernichtung der Natur iſt allerdings die, ſie zu einem Ganzen abſoluter Qualitaͤten, Beſchraͤnktheiten und Affectionen zu machen, welche gleichſam fuͤr ideale Atomen gelten koͤnnen. Im Uebrigen bedarf es keines Beweiſes, daß eine Philoſophie, die irgend ei¬ nen Gegenſatz zuruͤcklaͤßt und nicht wahrhaft die abſolute Harmonie hergeſtellt hat, auch nicht zum abſoluten Wiſſen durchgedrungen ſey und noch weniger dazu bilden koͤnne. Die Aufgabe, die ſich jeder ſetzen muß, unmittelbar, wie er zur Philoſophie gelangt, iſt: die Eine wahrhaft abſolute Erkenntniß, die ihrer Natur nach auch eine Erkenntniß des Abſoluten iſt, bis zur Totalitaͤt und bis zum vollkommnen Begreifen des Allen in Einem zu verfolgen. Die Philoſophie oͤffnet in dem Ab¬ ſoluten und der Entfernung aller Gegenſaͤtze, wodurch dieſes ſelbſt wieder, es ſey auf ſubje¬ ctive oder objective Weiſe, in eine Beſchraͤnktheit verwandelt worden iſt, nicht nur uͤberhaupt das Reich der Ideen, ſondern auch den wahren Ur¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/149
Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/149>, abgerufen am 21.11.2024.