vom Standpunct der einzelnen Dinge aber und für diese in der Zeit. Die Ideen verhalten sich als die Seelen der Dinge, diese als ihre Leiber; jene sind in dieser Beziehung nothwen¬ dig unendlich, diese endlich. Das Unendliche kann aber mit dem Endlichen nie anders, als durch innere und wesentliche Gleichheit Eins werden. Wenn also dieses nicht in sich selbst, und als endlich, das ganze Unendliche schon be¬ greift und ausdrückt, und es selbst ist, nur von der objectiven Seite angesehen, kann auch die Idee nicht als Seele eintreten, und das Wesen erscheint nicht an sich selbst, sondern durch ein anderes, nämlich das Seyn. Wenn dagegen das Endliche, als solches, das ganze Unendliche in sich gebildet trägt, wie der voll¬ kommenste Organismus, der für sich schon die ganze Idee ist, tritt auch das Wesen des Dinges als Seele, als Idee hinzu und die Realität löst sich wieder in die Idealität auf. Dieß geschieht in der Vernunft, welche dem¬ nach das Centrum der Natur und des Objectiv¬ werdens der Ideen ist.
16
vom Standpunct der einzelnen Dinge aber und fuͤr dieſe in der Zeit. Die Ideen verhalten ſich als die Seelen der Dinge, dieſe als ihre Leiber; jene ſind in dieſer Beziehung nothwen¬ dig unendlich, dieſe endlich. Das Unendliche kann aber mit dem Endlichen nie anders, als durch innere und weſentliche Gleichheit Eins werden. Wenn alſo dieſes nicht in ſich ſelbſt, und als endlich, das ganze Unendliche ſchon be¬ greift und ausdruͤckt, und es ſelbſt iſt, nur von der objectiven Seite angeſehen, kann auch die Idee nicht als Seele eintreten, und das Weſen erſcheint nicht an ſich ſelbſt, ſondern durch ein anderes, naͤmlich das Seyn. Wenn dagegen das Endliche, als ſolches, das ganze Unendliche in ſich gebildet traͤgt, wie der voll¬ kommenſte Organismus, der fuͤr ſich ſchon die ganze Idee iſt, tritt auch das Weſen des Dinges als Seele, als Idee hinzu und die Realitaͤt loͤſt ſich wieder in die Idealitaͤt auf. Dieß geſchieht in der Vernunft, welche dem¬ nach das Centrum der Natur und des Objectiv¬ werdens der Ideen iſt.
16
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0250"n="241"/>
vom Standpunct der einzelnen Dinge aber und<lb/>
fuͤr dieſe in der Zeit. Die Ideen verhalten<lb/>ſich als die Seelen der Dinge, dieſe als ihre<lb/>
Leiber; jene ſind in dieſer Beziehung nothwen¬<lb/>
dig unendlich, dieſe endlich. Das Unendliche<lb/>
kann aber mit dem Endlichen nie anders, als<lb/>
durch innere und weſentliche Gleichheit Eins<lb/>
werden. Wenn alſo dieſes nicht in ſich ſelbſt,<lb/>
und als endlich, das ganze Unendliche ſchon be¬<lb/>
greift und ausdruͤckt, und es ſelbſt iſt, nur<lb/>
von der objectiven Seite angeſehen, kann auch<lb/>
die <hirendition="#g">Idee</hi> nicht als Seele eintreten, und das<lb/>
Weſen erſcheint nicht an ſich ſelbſt, ſondern<lb/>
durch ein anderes, naͤmlich das Seyn. Wenn<lb/>
dagegen das Endliche, als ſolches, das ganze<lb/>
Unendliche in ſich gebildet traͤgt, wie der voll¬<lb/>
kommenſte Organismus, der fuͤr ſich ſchon<lb/>
die ganze Idee iſt, tritt auch das Weſen des<lb/>
Dinges als Seele, als Idee hinzu und die<lb/>
Realitaͤt loͤſt ſich wieder in die Idealitaͤt auf.<lb/>
Dieß geſchieht in der Vernunft, welche dem¬<lb/>
nach das Centrum der Natur und des Objectiv¬<lb/>
werdens der Ideen iſt.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">16<lb/></fw></div></body></text></TEI>
[241/0250]
vom Standpunct der einzelnen Dinge aber und
fuͤr dieſe in der Zeit. Die Ideen verhalten
ſich als die Seelen der Dinge, dieſe als ihre
Leiber; jene ſind in dieſer Beziehung nothwen¬
dig unendlich, dieſe endlich. Das Unendliche
kann aber mit dem Endlichen nie anders, als
durch innere und weſentliche Gleichheit Eins
werden. Wenn alſo dieſes nicht in ſich ſelbſt,
und als endlich, das ganze Unendliche ſchon be¬
greift und ausdruͤckt, und es ſelbſt iſt, nur
von der objectiven Seite angeſehen, kann auch
die Idee nicht als Seele eintreten, und das
Weſen erſcheint nicht an ſich ſelbſt, ſondern
durch ein anderes, naͤmlich das Seyn. Wenn
dagegen das Endliche, als ſolches, das ganze
Unendliche in ſich gebildet traͤgt, wie der voll¬
kommenſte Organismus, der fuͤr ſich ſchon
die ganze Idee iſt, tritt auch das Weſen des
Dinges als Seele, als Idee hinzu und die
Realitaͤt loͤſt ſich wieder in die Idealitaͤt auf.
Dieß geſchieht in der Vernunft, welche dem¬
nach das Centrum der Natur und des Objectiv¬
werdens der Ideen iſt.
16
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/250>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.