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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

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Cultus der abgeschiedenen Seelen, mit Manen-Cultus: dieser psc_098.002
beruht darauf, daß die Seele fortlebt, und das Lied soll den psc_098.003
Todten geneigt machen, seine Kraft oder seinen Willen zu psc_098.004
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eingewirkt werden soll, so kann die Poesie überhaupt benutzt psc_098.008
werden, um auf den Willen einzuwirken. Es kann die unangenehme psc_098.009
Vorstellung in Poesie behandelt werden, um verstärkt psc_098.010
zu werden und so auf den Willen oder die Gefühle psc_098.011
des Publicums anregend einzuwirken. Auf den Willen, psc_098.012
z. B. um zur Rache anzuspornen; so kann das Häßliche, psc_098.013
Unangenehme, sittlich Bedenkliche dargestellt werden, um es psc_098.014
als strafbar zu denunciren. Auf das Gefühl, um Abscheu psc_098.015
vor dem Bösen zu erwecken, um den Sündigen, der das psc_098.016
Böse gethan, zur Reue zu bringen; um vor Ähnlichem zu psc_098.017
warnen. So hat wiederum der Tod im Mittelalter in diesen psc_098.018
Dingen eine große Rolle gespielt: das Memento mori, zugleich psc_098.019
noch verbunden mit der schrecklichen Vorstellung künftiger psc_098.020
Strafen. Solche Vorstellung soll natürlich gar nicht psc_098.021
angenehm sein; die Poesie wird hier nicht benutzt, um angenehme psc_098.022
Vorstellungen zu erwecken, sondern um einen psc_098.023
bestimmten sittlichen Zweck zu erreichen. Ebenso die Todtentänze, psc_098.024
welche schildern, wie der Tod alles gleich macht. psc_098.025
Poetisch aber drücken sich hier die Vortragenden deshalb psc_098.026
aus, weil die Annehmlichkeit der Form des Vortrags die psc_098.027
Macht des wirksamen Schrecklichen erhöht.

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4) Das Unangenehme, Häßliche, Abschen Erregende,

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Cultus der abgeschiedenen Seelen, mit Manen-Cultus: dieser psc_098.002
beruht darauf, daß die Seele fortlebt, und das Lied soll den psc_098.003
Todten geneigt machen, seine Kraft oder seinen Willen zu psc_098.004
schaden einzuschränken; es dient also zur Besänftigung des psc_098.005
Gespenstes.

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des Publicums anregend einzuwirken. Auf den Willen, psc_098.012
z. B. um zur Rache anzuspornen; so kann das Häßliche, psc_098.013
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als strafbar zu denunciren. Auf das Gefühl, um Abscheu psc_098.015
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Dingen eine große Rolle gespielt: das Memento mori, zugleich psc_098.019
noch verbunden mit der schrecklichen Vorstellung künftiger psc_098.020
Strafen. Solche Vorstellung soll natürlich gar nicht psc_098.021
angenehm sein; die Poesie wird hier nicht benutzt, um angenehme psc_098.022
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welche schildern, wie der Tod alles gleich macht. psc_098.025
Poetisch aber drücken sich hier die Vortragenden deshalb psc_098.026
aus, weil die Annehmlichkeit der Form des Vortrags die psc_098.027
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Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/114>, abgerufen am 28.11.2024.