Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_112.001 Geht Bernays hauptsächlich von dem Vergnügen der psc_112.023 psc_112.001 Geht Bernays hauptsächlich von dem Vergnügen der psc_112.023 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0128" n="112"/><lb n="psc_112.001"/> der Realität. Aber das „Bewußtsein unserer Realität“ ist <lb n="psc_112.002"/> mir ein zu abstracter Begriff. Doch wenn ich dafür setze: <lb n="psc_112.003"/> Freude an uns selbst, so kann ich es verstehen. Nun, <lb n="psc_112.004"/> wenn ich mir darunter ein gewisses Bewußtsein, eine <lb n="psc_112.005"/> Selbstbespiegelung denke, so erkenne ich das 18. Jahrhundert <lb n="psc_112.006"/> darin und etwas Analoges wie die Befriedigung über die <lb n="psc_112.007"/> eigenen Thränen. Die Kraft der Erregung wird für die Kraft <lb n="psc_112.008"/> der That genommen. Ziehe ich alles Bewußtsein ab, so <lb n="psc_112.009"/> ists die Freude der Übung, die wir schon kennen: wie es eine <lb n="psc_112.010"/> Freude am Laufen u. s. w. giebt, so auch eine Freude an der <lb n="psc_112.011"/> Übung der Affecte. Hierdurch komme ich wiederum auf den <lb n="psc_112.012"/> schon bekannten Punct, daß es sich immer um individuelle <lb n="psc_112.013"/> Dispositionen handelt: in jungen Jahren kann man leidenschaftliche <lb n="psc_112.014"/> Wallungen mit Vergnügen ertragen, aber diese <lb n="psc_112.015"/> selben Vergnügen würden uns im spätern Alter intensiven <lb n="psc_112.016"/> Kopfschmerz einbringen; deshalb meiden wir sie dann lieber. <lb n="psc_112.017"/> Wir haben also dieselben Unterschiede wie zwischen denen, <lb n="psc_112.018"/> die Tragödien gern besuchen, und denen, die sie vermeiden. <lb n="psc_112.019"/> Soweit daher nicht die Freude der Übung mitwirkt, müssen <lb n="psc_112.020"/> die unter 9) <hi rendition="#aq">h</hi>) oder 9) <hi rendition="#aq">g</hi>) behandelten Gesichtspuncte in <lb n="psc_112.021"/> Betracht kommen.</p> <lb n="psc_112.022"/> <p> Geht Bernays hauptsächlich von dem Vergnügen der <lb n="psc_112.023"/> Ekstase aus, so wird wohl auch 9) <hi rendition="#aq">g</hi>) mehr in Betracht <lb n="psc_112.024"/> kommen als die bloße Entladung. Menschen von starker <lb n="psc_112.025"/> Sentimentalität, welche unter der Disposition zu Mitleid <lb n="psc_112.026"/> und Furcht leiden, werden zeitweilig geheilt durch die Entladung <lb n="psc_112.027"/> dieser Affecte; das ist nichts Anderes als was wir <lb n="psc_112.028"/> von der Wirkung der Aufregung überhaupt sagten: Herausheben </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0128]
psc_112.001
der Realität. Aber das „Bewußtsein unserer Realität“ ist psc_112.002
mir ein zu abstracter Begriff. Doch wenn ich dafür setze: psc_112.003
Freude an uns selbst, so kann ich es verstehen. Nun, psc_112.004
wenn ich mir darunter ein gewisses Bewußtsein, eine psc_112.005
Selbstbespiegelung denke, so erkenne ich das 18. Jahrhundert psc_112.006
darin und etwas Analoges wie die Befriedigung über die psc_112.007
eigenen Thränen. Die Kraft der Erregung wird für die Kraft psc_112.008
der That genommen. Ziehe ich alles Bewußtsein ab, so psc_112.009
ists die Freude der Übung, die wir schon kennen: wie es eine psc_112.010
Freude am Laufen u. s. w. giebt, so auch eine Freude an der psc_112.011
Übung der Affecte. Hierdurch komme ich wiederum auf den psc_112.012
schon bekannten Punct, daß es sich immer um individuelle psc_112.013
Dispositionen handelt: in jungen Jahren kann man leidenschaftliche psc_112.014
Wallungen mit Vergnügen ertragen, aber diese psc_112.015
selben Vergnügen würden uns im spätern Alter intensiven psc_112.016
Kopfschmerz einbringen; deshalb meiden wir sie dann lieber. psc_112.017
Wir haben also dieselben Unterschiede wie zwischen denen, psc_112.018
die Tragödien gern besuchen, und denen, die sie vermeiden. psc_112.019
Soweit daher nicht die Freude der Übung mitwirkt, müssen psc_112.020
die unter 9) h) oder 9) g) behandelten Gesichtspuncte in psc_112.021
Betracht kommen.
psc_112.022
Geht Bernays hauptsächlich von dem Vergnügen der psc_112.023
Ekstase aus, so wird wohl auch 9) g) mehr in Betracht psc_112.024
kommen als die bloße Entladung. Menschen von starker psc_112.025
Sentimentalität, welche unter der Disposition zu Mitleid psc_112.026
und Furcht leiden, werden zeitweilig geheilt durch die Entladung psc_112.027
dieser Affecte; das ist nichts Anderes als was wir psc_112.028
von der Wirkung der Aufregung überhaupt sagten: Herausheben
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |