Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_113.001 Wenn übrigens von moralischen Wirkungen geredet psc_113.006 Dies scheinen die Gründe, die in dem dargestellten psc_113.009 Es bleibt also dabei: die Poesie entspringt aus der psc_113.011 Aber wir haben auf unserem mühsamen Wege zugleich psc_113.022 psc_113.001 Wenn übrigens von moralischen Wirkungen geredet psc_113.006 Dies scheinen die Gründe, die in dem dargestellten psc_113.009 Es bleibt also dabei: die Poesie entspringt aus der psc_113.011 Aber wir haben auf unserem mühsamen Wege zugleich psc_113.022 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0129" n="113"/><lb n="psc_113.001"/> über die kleinen Leiden, Freimachen für Anderes. <lb n="psc_113.002"/> Aber die Sache geht, wie wir sehen, tiefer. Die bloße <lb n="psc_113.003"/> Entladung wirkt viel weniger als die Aufregung, die zur <lb n="psc_113.004"/> Erschöpfung führt.</p> <lb n="psc_113.005"/> <p> Wenn übrigens von moralischen Wirkungen geredet <lb n="psc_113.006"/> wird, so sind diese unter 3) vorausgesehen; auch 9) <hi rendition="#aq">c</hi>) kann <lb n="psc_113.007"/> dazu gerechnet werden.</p> <lb n="psc_113.008"/> <p> Dies scheinen die Gründe, die in dem dargestellten <lb n="psc_113.009"/> Schmerz Angenehmes empfinden lassen.</p> <lb n="psc_113.010"/> <p> Es bleibt also dabei: die Poesie entspringt aus der <lb n="psc_113.011"/> Heiterkeit und wirkt auf die Mehrzahl der Menschen als <lb n="psc_113.012"/> Vergnügen. Die weit überwiegende Masse sucht in der <lb n="psc_113.013"/> Poesie nur Vergnügen durch Darstellung von Vergnügen. <lb n="psc_113.014"/> Traurige Gegenstände, die wirklichen Schmerz erregen, werden <lb n="psc_113.015"/> ursprünglich von ihr wahrscheinlich gemieden, wo nicht <lb n="psc_113.016"/> das Leben sie aufdrängt und die Poesie als Trösterin zu den <lb n="psc_113.017"/> trauernden Menschen hinzutritt. Und für einen verhältnißmäßig <lb n="psc_113.018"/> kleinen Kreis von Menschen wird aus Gründen, die <lb n="psc_113.019"/> wir kennen lernten, auf höheren Culturstufen der dargestellte <lb n="psc_113.020"/> Schmerz zur Lust.</p> <lb n="psc_113.021"/> <p> Aber wir haben auf unserem mühsamen Wege zugleich <lb n="psc_113.022"/> gefunden, daß die Poesie nicht bloß Ergötzlichkeit oder <lb n="psc_113.023"/> Trösterin, daß sie auch ein Mittel ist, um auf den Willen <lb n="psc_113.024"/> zu wirken, eine Erregerin, eine Zaubermacht, mit welcher <lb n="psc_113.025"/> der, der sie übt, die Menschen zum Guten und zum Bösen <lb n="psc_113.026"/> lenken und durch ihre Phantasie auf ihre Leidenschaften und <lb n="psc_113.027"/> Thaten wirken kann. S. oben 3).</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [113/0129]
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über die kleinen Leiden, Freimachen für Anderes. psc_113.002
Aber die Sache geht, wie wir sehen, tiefer. Die bloße psc_113.003
Entladung wirkt viel weniger als die Aufregung, die zur psc_113.004
Erschöpfung führt.
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Wenn übrigens von moralischen Wirkungen geredet psc_113.006
wird, so sind diese unter 3) vorausgesehen; auch 9) c) kann psc_113.007
dazu gerechnet werden.
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Dies scheinen die Gründe, die in dem dargestellten psc_113.009
Schmerz Angenehmes empfinden lassen.
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Es bleibt also dabei: die Poesie entspringt aus der psc_113.011
Heiterkeit und wirkt auf die Mehrzahl der Menschen als psc_113.012
Vergnügen. Die weit überwiegende Masse sucht in der psc_113.013
Poesie nur Vergnügen durch Darstellung von Vergnügen. psc_113.014
Traurige Gegenstände, die wirklichen Schmerz erregen, werden psc_113.015
ursprünglich von ihr wahrscheinlich gemieden, wo nicht psc_113.016
das Leben sie aufdrängt und die Poesie als Trösterin zu den psc_113.017
trauernden Menschen hinzutritt. Und für einen verhältnißmäßig psc_113.018
kleinen Kreis von Menschen wird aus Gründen, die psc_113.019
wir kennen lernten, auf höheren Culturstufen der dargestellte psc_113.020
Schmerz zur Lust.
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Aber wir haben auf unserem mühsamen Wege zugleich psc_113.022
gefunden, daß die Poesie nicht bloß Ergötzlichkeit oder psc_113.023
Trösterin, daß sie auch ein Mittel ist, um auf den Willen psc_113.024
zu wirken, eine Erregerin, eine Zaubermacht, mit welcher psc_113.025
der, der sie übt, die Menschen zum Guten und zum Bösen psc_113.026
lenken und durch ihre Phantasie auf ihre Leidenschaften und psc_113.027
Thaten wirken kann. S. oben 3).
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