Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_171.001 Wir haben uns vom Dichter und seinem inneren Leben psc_171.016 Eben diese Frage und der Versuch, sie zu beantworten, psc_171.024 Schon viele Vorgänger haben sich damit beschäftigt und psc_171.027 psc_171.001 Wir haben uns vom Dichter und seinem inneren Leben psc_171.016 Eben diese Frage und der Versuch, sie zu beantworten, psc_171.024 Schon viele Vorgänger haben sich damit beschäftigt und psc_171.027 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0187" n="171"/><lb n="psc_171.001"/> nach Spinoza geworden war. Aber auch Goethe war zu <lb n="psc_171.002"/> anderen Zeiten ganz anders, und zu allen Zeiten ist bei <lb n="psc_171.003"/> ihm der Antrieb des Willens mächtig, der ihm Stoff zur <lb n="psc_171.004"/> Dichtung geben soll, und von einer Betrachtung, die im <lb n="psc_171.005"/> Gegensatz zum Willen, zum Eigenwillen des Herzens steht, <lb n="psc_171.006"/> ist bei ihm nie die Rede. Der Wille befruchtet bei ihm <lb n="psc_171.007"/> den Jntellect. Schopenhauer geht insofern ganz in die Jrre, <lb n="psc_171.008"/> als er nur Eine Erscheinungsform des Genies, allerdings die <lb n="psc_171.009"/> höchste, ins Auge faßt; aber auch hier ist er bei der Analyse <lb n="psc_171.010"/> noch nicht erschöpfend, sondern unvollständig und ungenau. <lb n="psc_171.011"/> Wie die Philosophen pflegen, nimmt er ein particulares <lb n="psc_171.012"/> Phänomen für das Ding an sich. Überhaupt ist er ganz zu <lb n="psc_171.013"/> widerlegen, wenn man sich mit meinen Betrachtungen über <lb n="psc_171.014"/> den Ursprung der Poesie durchdrungen hat. —</p> <lb n="psc_171.015"/> <p> Wir haben uns vom Dichter und seinem inneren Leben <lb n="psc_171.016"/> ein anschauliches Bild zu machen gesucht, indem wir die <lb n="psc_171.017"/> schaffenden Kräfte ins Auge zu fassen suchten. Wir wollen <lb n="psc_171.018"/> nun fragen, ob wir etwas wissen können von den <hi rendition="#g">körperlichen</hi> <lb n="psc_171.019"/> Bedingungen künstlerischer Anlagen. Mit welchen <lb n="psc_171.020"/> körperlichen Beschaffenheiten pflegt jene Phantasie-Kraft verbunden <lb n="psc_171.021"/> zu sein, die wir als wesentlich und charakteristisch <lb n="psc_171.022"/> erkannten?</p> <lb n="psc_171.023"/> <p> Eben diese Frage und der Versuch, sie zu beantworten, <lb n="psc_171.024"/> wird aus auf den im Titel angedeuteten Zusammenhang <lb n="psc_171.025"/> führen.</p> <lb n="psc_171.026"/> <p> Schon viele Vorgänger haben sich damit beschäftigt und <lb n="psc_171.027"/> Zusammenhang des dichterischen Talents mit bestimmter <lb n="psc_171.028"/> körperlicher Beschaffenheit angenommen.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [171/0187]
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nach Spinoza geworden war. Aber auch Goethe war zu psc_171.002
anderen Zeiten ganz anders, und zu allen Zeiten ist bei psc_171.003
ihm der Antrieb des Willens mächtig, der ihm Stoff zur psc_171.004
Dichtung geben soll, und von einer Betrachtung, die im psc_171.005
Gegensatz zum Willen, zum Eigenwillen des Herzens steht, psc_171.006
ist bei ihm nie die Rede. Der Wille befruchtet bei ihm psc_171.007
den Jntellect. Schopenhauer geht insofern ganz in die Jrre, psc_171.008
als er nur Eine Erscheinungsform des Genies, allerdings die psc_171.009
höchste, ins Auge faßt; aber auch hier ist er bei der Analyse psc_171.010
noch nicht erschöpfend, sondern unvollständig und ungenau. psc_171.011
Wie die Philosophen pflegen, nimmt er ein particulares psc_171.012
Phänomen für das Ding an sich. Überhaupt ist er ganz zu psc_171.013
widerlegen, wenn man sich mit meinen Betrachtungen über psc_171.014
den Ursprung der Poesie durchdrungen hat. —
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Wir haben uns vom Dichter und seinem inneren Leben psc_171.016
ein anschauliches Bild zu machen gesucht, indem wir die psc_171.017
schaffenden Kräfte ins Auge zu fassen suchten. Wir wollen psc_171.018
nun fragen, ob wir etwas wissen können von den körperlichen psc_171.019
Bedingungen künstlerischer Anlagen. Mit welchen psc_171.020
körperlichen Beschaffenheiten pflegt jene Phantasie-Kraft verbunden psc_171.021
zu sein, die wir als wesentlich und charakteristisch psc_171.022
erkannten?
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Eben diese Frage und der Versuch, sie zu beantworten, psc_171.024
wird aus auf den im Titel angedeuteten Zusammenhang psc_171.025
führen.
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Schon viele Vorgänger haben sich damit beschäftigt und psc_171.027
Zusammenhang des dichterischen Talents mit bestimmter psc_171.028
körperlicher Beschaffenheit angenommen.
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(2015-09-30T09:54:39Z)
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