Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_170.001 psc_170.005 6. Genie und Wahnsinn. psc_170.006 Die künstlerische Anlage wird oft Genie, Genius psc_170.007 Dieselbe Unterscheidung begegnet uns bei Schopenhauer. psc_170.017 psc_170.001 psc_170.005 6. Genie und Wahnsinn. psc_170.006 Die künstlerische Anlage wird oft Genie, Genius psc_170.007 Dieselbe Unterscheidung begegnet uns bei Schopenhauer. psc_170.017 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0186" n="170"/><lb n="psc_170.001"/> Sommer weit mehr Phantasie, Enthusiasmus und Erfindungsgabe, <lb n="psc_170.002"/> als in den dazwischen liegenden Jahreszeiten. Er <lb n="psc_170.003"/> glaubt, daß diese metroide Beschaffenheit mehr oder weniger <lb n="psc_170.004"/> allen Menschen von zarten Nerven gemein sei.</p> </div> <div n="3"> <lb n="psc_170.005"/> <head> <hi rendition="#c">6. <hi rendition="#g">Genie und Wahnsinn.</hi></hi> </head> <lb n="psc_170.006"/> <p> Die künstlerische Anlage wird oft Genie, Genius <lb n="psc_170.007"/> genannt. Man unterscheidet auch Talent und Genie, <lb n="psc_170.008"/> was pervers, da es sich nur um verschiedene Grade <lb n="psc_170.009"/> handelt. Vgl. J. B. Meyer, Genie und Talent, Zeitschrift <lb n="psc_170.010"/> für Völkerpsychologie 11, 269–302. Das Wort „Genie“ <lb n="psc_170.011"/> wurde im vorigen Jahrhundert durch die Franzosen aufgebracht; <lb n="psc_170.012"/> damals hatte es noch nicht genau die jetzige Bedeutung: <lb n="psc_170.013"/> es wurde als „specifische Anlage“ genommen. Die <lb n="psc_170.014"/> Deutschen haben zwischen den Synonymen oft gewaltsam <lb n="psc_170.015"/> scharfe Grenzen gezogen, so auch hier.</p> <lb n="psc_170.016"/> <p> Dieselbe Unterscheidung begegnet uns bei Schopenhauer. <lb n="psc_170.017"/> Über das Genie sinden sich geistreiche und tiefsinnige <lb n="psc_170.018"/> Betrachtungen in seinem Werk „Die Welt als Wille und <lb n="psc_170.019"/> Vorstellung“ 1, 217 f. 2, 429 f. Aber im Wesentlichen ist <lb n="psc_170.020"/> es doch verfehlt. Schopenhauer, kann man sagen, setzt das <lb n="psc_170.021"/> Bild des Genies aus sich und Goethe zusammen, aus Goethe <lb n="psc_170.022"/> aber nur, so weit er zu Schopenhauer stimmt. Schopenhauer <lb n="psc_170.023"/> versteht unter Genie den höchsten Grad des Jntellects, die <lb n="psc_170.024"/> anschauliche Betrachtung der Welt im Gegensatz zum Willen, <lb n="psc_170.025"/> die interesselose Betrachtung des Wesens der Dinge ganz <lb n="psc_170.026"/> ohne Antrieb des Egoismus. Dies ist allerdings Goethes <lb n="psc_170.027"/> höchste in Jtalien erreichte Stufe, auf der er ein Weiser </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [170/0186]
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Sommer weit mehr Phantasie, Enthusiasmus und Erfindungsgabe, psc_170.002
als in den dazwischen liegenden Jahreszeiten. Er psc_170.003
glaubt, daß diese metroide Beschaffenheit mehr oder weniger psc_170.004
allen Menschen von zarten Nerven gemein sei.
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6. Genie und Wahnsinn. psc_170.006
Die künstlerische Anlage wird oft Genie, Genius psc_170.007
genannt. Man unterscheidet auch Talent und Genie, psc_170.008
was pervers, da es sich nur um verschiedene Grade psc_170.009
handelt. Vgl. J. B. Meyer, Genie und Talent, Zeitschrift psc_170.010
für Völkerpsychologie 11, 269–302. Das Wort „Genie“ psc_170.011
wurde im vorigen Jahrhundert durch die Franzosen aufgebracht; psc_170.012
damals hatte es noch nicht genau die jetzige Bedeutung: psc_170.013
es wurde als „specifische Anlage“ genommen. Die psc_170.014
Deutschen haben zwischen den Synonymen oft gewaltsam psc_170.015
scharfe Grenzen gezogen, so auch hier.
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Dieselbe Unterscheidung begegnet uns bei Schopenhauer. psc_170.017
Über das Genie sinden sich geistreiche und tiefsinnige psc_170.018
Betrachtungen in seinem Werk „Die Welt als Wille und psc_170.019
Vorstellung“ 1, 217 f. 2, 429 f. Aber im Wesentlichen ist psc_170.020
es doch verfehlt. Schopenhauer, kann man sagen, setzt das psc_170.021
Bild des Genies aus sich und Goethe zusammen, aus Goethe psc_170.022
aber nur, so weit er zu Schopenhauer stimmt. Schopenhauer psc_170.023
versteht unter Genie den höchsten Grad des Jntellects, die psc_170.024
anschauliche Betrachtung der Welt im Gegensatz zum Willen, psc_170.025
die interesselose Betrachtung des Wesens der Dinge ganz psc_170.026
ohne Antrieb des Egoismus. Dies ist allerdings Goethes psc_170.027
höchste in Jtalien erreichte Stufe, auf der er ein Weiser
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