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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

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1. Die Verschiedenheiten des Publicums.
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Die Verschiedenheiten des Publicums müssen nothwendig psc_186.003
auf die Production einwirken. Die Verschiedenheiten sind psc_186.004
wieder unzählig wie bei den Dichtern, aber nicht so individuell; psc_186.005
der Autor hat in der Regel mit Massen zu rechnen. Darauf psc_186.006
kommts eben an: die Art der Gliederung ist sehr wichtig. psc_186.007
Sind alle Stände, alle Bildungsgrade vertreten, so muß ein psc_186.008
Durchschnitt genommen werden. Weiß dies der Dichter nicht psc_186.009
oder nimmt er nicht darauf Rücksicht, so wird eben ein Theil psc_186.010
befriedigt werden, ein anderer nicht. Er muß sich mit gewissen psc_186.011
Theilen des Publicums durch gewisse Abschlagszahlungen psc_186.012
abfinden: er wirft der letzten Galerie ein Schaustück psc_186.013
zu, damit sie einen Monolog vertrage, den sie nur halb psc_186.014
versteht. So Richard Wagner, der dem Publicum die stärksten psc_186.015
Zumuthungen macht. Eine Ausnahme bildet ein Liebhabertheater. psc_186.016
Auch Stücke wie "Jphigenie", "Tasso" können die psc_186.017
Künste ganz entbehren, die ein Dramatiker braucht, der für eine psc_186.018
bestimmte Bühne wirken will. Jn anderer Art setzen z. B. auch psc_186.019
die "Römischen Elegien" einen engen Kreis voraus. Ein psc_186.020
solches bestimmtes engeres Publicum, das der Dichter ausdrücklich psc_186.021
im Auge hat, kommt ganz außerordentlich in Betracht. psc_186.022
Ja es werden in einer großen Stadt die verschiedenen psc_186.023
Theater mit ihrem conventionellen Geschmack berücksichtigt psc_186.024
werden müssen; so in Wien und Paris. Ein Stück kann psc_186.025
durchfallen, bloß weil es auf einem falschen Theater aufgeführt psc_186.026
wird und also vor einem ungeeigneten Besucherkreise. psc_186.027
Aber bei einem Lesepublicum liegt die Sache etwas anders psc_186.028
als bei einem Schaupublicum.

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auf die Production einwirken. Die Verschiedenheiten sind psc_186.004
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der Autor hat in der Regel mit Massen zu rechnen. Darauf psc_186.006
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Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/202>, abgerufen am 24.11.2024.