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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

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Versen füllende einsame Poesie, in der alles Einzelne schön, psc_185.002
das Ganze ungenießbar erschiene, weil der Dichter immer in psc_185.003
denselben Empfindungen, denselben Anschauungen schwelgt, psc_185.004
so wäre doch diese Kritik nicht berechtigt, indem ein unerlaubter psc_185.005
Maßstab angelegt und der Factor des Publicums, der bei der psc_185.006
Entstehung gänzlich fehlte, hinterher hineingetragen würde.

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Poesie, wie wir sie kennen und unserer Betrachtung psc_185.008
unterwerfen, ist in der Regel Poesie fürs Publicum; oder psc_185.009
sie wird dazu, sobald sie gedruckt wird, sollte auch der Verfasser psc_185.010
nicht die Verantwortung dafür tragen.

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Wiederum giebt es mancherlei Übergänge: Dichter, die psc_185.012
ganz ausschließlich oder immer ans Publicum denken; die ein psc_185.013
bestimmtes Publicum im Auge haben; die nur wenig oder psc_185.014
gar nicht ans Publicum denken; die dem Leser schmeicheln psc_185.015
u. s. w.

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Nach alle dem ist auch die Lehre vom Publicum eine psc_185.017
wichtige Lehre der Poetik.

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IV. Das Publicum.
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Der Ausdruck "Publicum" ist erst im vorigen Jahrhundert psc_185.020
von Berlin her eingeführt, vermuthlich nach dem psc_185.021
französischen le public. Früher sagte man "die deutsche psc_185.022
Welt" oder "Leserwelt" statt "das deutsche Publicum".

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Jetzt können wir den Ausdruck gar nicht mehr entbehren, psc_185.024
als den einzigen, der Leser, Zuschauer, Zuhörer umfaßt psc_185.025
-- mithin eben den Kreis, für welchen der Dichter seine psc_185.026
Producte berechnet.

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Versen füllende einsame Poesie, in der alles Einzelne schön, psc_185.002
das Ganze ungenießbar erschiene, weil der Dichter immer in psc_185.003
denselben Empfindungen, denselben Anschauungen schwelgt, psc_185.004
so wäre doch diese Kritik nicht berechtigt, indem ein unerlaubter psc_185.005
Maßstab angelegt und der Factor des Publicums, der bei der psc_185.006
Entstehung gänzlich fehlte, hinterher hineingetragen würde.

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  Poesie, wie wir sie kennen und unserer Betrachtung psc_185.008
unterwerfen, ist in der Regel Poesie fürs Publicum; oder psc_185.009
sie wird dazu, sobald sie gedruckt wird, sollte auch der Verfasser psc_185.010
nicht die Verantwortung dafür tragen.

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  Wiederum giebt es mancherlei Übergänge: Dichter, die psc_185.012
ganz ausschließlich oder immer ans Publicum denken; die ein psc_185.013
bestimmtes Publicum im Auge haben; die nur wenig oder psc_185.014
gar nicht ans Publicum denken; die dem Leser schmeicheln psc_185.015
u. s. w.

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  Nach alle dem ist auch die Lehre vom Publicum eine psc_185.017
wichtige Lehre der Poetik.

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IV. Das Publicum.
psc_185.019

  Der Ausdruck „Publicum“ ist erst im vorigen Jahrhundert psc_185.020
von Berlin her eingeführt, vermuthlich nach dem psc_185.021
französischen le public. Früher sagte man „die deutsche psc_185.022
Welt“ oder „Leserwelt“ statt „das deutsche Publicum“.

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  Jetzt können wir den Ausdruck gar nicht mehr entbehren, psc_185.024
als den einzigen, der Leser, Zuschauer, Zuhörer umfaßt psc_185.025
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[185/0201] psc_185.001 Versen füllende einsame Poesie, in der alles Einzelne schön, psc_185.002 das Ganze ungenießbar erschiene, weil der Dichter immer in psc_185.003 denselben Empfindungen, denselben Anschauungen schwelgt, psc_185.004 so wäre doch diese Kritik nicht berechtigt, indem ein unerlaubter psc_185.005 Maßstab angelegt und der Factor des Publicums, der bei der psc_185.006 Entstehung gänzlich fehlte, hinterher hineingetragen würde. psc_185.007   Poesie, wie wir sie kennen und unserer Betrachtung psc_185.008 unterwerfen, ist in der Regel Poesie fürs Publicum; oder psc_185.009 sie wird dazu, sobald sie gedruckt wird, sollte auch der Verfasser psc_185.010 nicht die Verantwortung dafür tragen. psc_185.011   Wiederum giebt es mancherlei Übergänge: Dichter, die psc_185.012 ganz ausschließlich oder immer ans Publicum denken; die ein psc_185.013 bestimmtes Publicum im Auge haben; die nur wenig oder psc_185.014 gar nicht ans Publicum denken; die dem Leser schmeicheln psc_185.015 u. s. w. psc_185.016   Nach alle dem ist auch die Lehre vom Publicum eine psc_185.017 wichtige Lehre der Poetik. psc_185.018 IV. Das Publicum. psc_185.019   Der Ausdruck „Publicum“ ist erst im vorigen Jahrhundert psc_185.020 von Berlin her eingeführt, vermuthlich nach dem psc_185.021 französischen le public. Früher sagte man „die deutsche psc_185.022 Welt“ oder „Leserwelt“ statt „das deutsche Publicum“. psc_185.023   Jetzt können wir den Ausdruck gar nicht mehr entbehren, psc_185.024 als den einzigen, der Leser, Zuschauer, Zuhörer umfaßt psc_185.025 — mithin eben den Kreis, für welchen der Dichter seine psc_185.026 Producte berechnet.

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Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/201>, abgerufen am 24.11.2024.