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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

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Zweiter Eintheilungsgrund. Der Redner kann in psc_244.002
eigenem Namen sprechen oder in einem fremden, und zwar psc_244.003
entweder in einer Maske oder Verkleidung, hinter der er er psc_244.004
selbst bleibt, sich nur versteckt, aber erkannt werden will -- oder psc_244.005
in einer Rolle, in fremdem Namen, sich selbst ganz verläugnend. psc_244.006
Z. B. Goethe unter der Maske des Hatem will psc_244.007
erkannt sein; Goethe in der Rolle der Suleika will nicht erkannt psc_244.008
sein: indem er ein Suleika-Lied verfaßt, läßt er die Geliebte psc_244.009
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v. Willemer gedichtet. Zahllose Poeten des 17. Jahrhunderts psc_244.011
nehmen Hirtencostüm an: das ist Maske, sie wollen als psc_244.012
Opitz, Rist u. s. w. erkannt sein. Dagegen der Dramatiker psc_244.013
verschwindet vollständig hinter der Rolle, die er schafft, und psc_244.014
wenn er selbst mitwirkte als Schauspieler, würde er sich doch psc_244.015
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Also: der Dichter redet a) im eigenen Namen;

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b) in einer Maske; psc_244.018
c) in einer Rolle.

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Jn der Lyrik ist es manchmal nicht leicht, ja oft psc_244.020
ganz unmöglich, zwischen Maske und Rolle zu unterscheiden. psc_244.021
Und selbst ob im eigenen Namen, ist nicht immer zu sagen.

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Dritter Eintheilungsgrund. Der Redner kann:

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a) allgemeine Betrachtungen anstellen, die völlig psc_244.024
zeitlos sind;

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b) von Vergangenem reden;

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g) von Gegenwärtigem;

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d) von Zukünftigem prophezeihen;

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  Zweiter Eintheilungsgrund. Der Redner kann in psc_244.002
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Und selbst ob im eigenen Namen, ist nicht immer zu sagen.

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[244/0260] psc_244.001   Zweiter Eintheilungsgrund. Der Redner kann in psc_244.002 eigenem Namen sprechen oder in einem fremden, und zwar psc_244.003 entweder in einer Maske oder Verkleidung, hinter der er er psc_244.004 selbst bleibt, sich nur versteckt, aber erkannt werden will — oder psc_244.005 in einer Rolle, in fremdem Namen, sich selbst ganz verläugnend. psc_244.006 Z. B. Goethe unter der Maske des Hatem will psc_244.007 erkannt sein; Goethe in der Rolle der Suleika will nicht erkannt psc_244.008 sein: indem er ein Suleika-Lied verfaßt, läßt er die Geliebte psc_244.009 reden, und in der That sind mehrere Suleika-Lieder von Frau psc_244.010 v. Willemer gedichtet. Zahllose Poeten des 17. Jahrhunderts psc_244.011 nehmen Hirtencostüm an: das ist Maske, sie wollen als psc_244.012 Opitz, Rist u. s. w. erkannt sein. Dagegen der Dramatiker psc_244.013 verschwindet vollständig hinter der Rolle, die er schafft, und psc_244.014 wenn er selbst mitwirkte als Schauspieler, würde er sich doch psc_244.015 verläugnen. psc_244.016   Also: der Dichter redet a) im eigenen Namen; psc_244.017 b) in einer Maske; psc_244.018                     c) in einer Rolle. psc_244.019   Jn der Lyrik ist es manchmal nicht leicht, ja oft psc_244.020 ganz unmöglich, zwischen Maske und Rolle zu unterscheiden. psc_244.021 Und selbst ob im eigenen Namen, ist nicht immer zu sagen. psc_244.022   Dritter Eintheilungsgrund. Der Redner kann: psc_244.023 α) allgemeine Betrachtungen anstellen, die völlig psc_244.024 zeitlos sind; psc_244.025 β) von Vergangenem reden; psc_244.026 γ) von Gegenwärtigem; psc_244.027 δ) von Zukünftigem prophezeihen;

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Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/260>, abgerufen am 22.11.2024.