Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

psc_295.001
Tyrannis &c. Das Verhältniß zum Papstthum läßt sich vielleicht psc_295.002
der Amphiktyonie vergleichen.

psc_295.003

Die harmonische Vollendung, das Sich-Ausleben aristokratischer psc_295.004
Litteraturepochen beruht darauf, ob Einbruch demokratischer Epochen psc_295.005
nahe bevorsteht oder nicht, diese ablöst oder nicht.

psc_295.006

Bei der deutschen des 19. (auch 18.) Jahrhunderts ist dies zu psc_295.007
nahe. Daher z. B. kein fortwirkendes Stilprincip gefunden. Merkwürdig psc_295.008
wie noch bei Tieck Elemente dazu vorhanden; das beruht so psc_295.009
ganz auf der aristokratischen Gesellschaft, macht selten den Eindruck psc_295.010
hervorragender Originalität, aber immer des Geistreichen, Gewandten, psc_295.011
Gesellig-Bedeutenden.

psc_295.012

Man könnte jene Gegensätze aristokratischer und demokratischer psc_295.013
Litteraturepochen auch als diejenige der Litteratur der Staatshilfe psc_295.014
uud Selbsthilfe bezeichnen: Lessing -- Selbsthilfe; Goethe -- Staatshilfe. psc_295.015
Der preußische Staat hat den Zug zu der Selbsthilfe in sich, psc_295.016
erzieht dazu trotz überweiser Bureaukratie. Preußische Litteratur ist psc_295.017
daher eine solche, soweit der Staat Verdienst daran hat: Gleim, der psc_295.018
junge Herder, Kant, selbst Hamann und Klopstock in seinem Ausgangspunct psc_295.019
-- und ihr Vater, der Pietismus.

psc_295.020

Kapitel III. (S. 205.) psc_295.021
Die Stoffe.

psc_295.022

Diesem Kapitel und namentlich der Motivenlehre ist schon psc_295.023
in den ersten Entwürfen, wie a
ngegeben, stark vorgearbeitet. psc_295.024
Ausserdem ist noch ein einzelnes Blatt vorhanden
:

psc_295.025

Stoffe: Kunstroman, Kunstdrama und Kunstlyrik (Gedichte auf psc_295.026
Gemälde, Epigramme auf Kunstwerke, Künstlermemoiren.) Jn Deutschland: psc_295.027
"Sternbald". "Jm Paradiese". "Grüner Heinrich". Hagen. psc_295.028
"Correggio" von Oehlenschläger. Litteraturgeschichte als biographisches psc_295.029
Stoffgebiet: "Königslieutenant"; "Karlsschüler". Theater als psc_295.030
Stoffgebiet: "Wilhelm Meister"; "Charlotte Ackermann" u. dgl. Musik: psc_295.031
"Schauspieldirektor". Religionsgeschichte: "Weihe der Kraft" von psc_295.032
Werner; "Ziska" von Meißner; "Albigenser" von Lenau; "Uriel psc_295.033
Acosta."

psc_295.034

Welche Motive aus der Religionsgeschichte, aus der Wissenschaft

psc_295.001
Tyrannis &c. Das Verhältniß zum Papstthum läßt sich vielleicht psc_295.002
der Amphiktyonie vergleichen.

psc_295.003

  Die harmonische Vollendung, das Sich-Ausleben aristokratischer psc_295.004
Litteraturepochen beruht darauf, ob Einbruch demokratischer Epochen psc_295.005
nahe bevorsteht oder nicht, diese ablöst oder nicht.

psc_295.006

  Bei der deutschen des 19. (auch 18.) Jahrhunderts ist dies zu psc_295.007
nahe. Daher z. B. kein fortwirkendes Stilprincip gefunden. Merkwürdig psc_295.008
wie noch bei Tieck Elemente dazu vorhanden; das beruht so psc_295.009
ganz auf der aristokratischen Gesellschaft, macht selten den Eindruck psc_295.010
hervorragender Originalität, aber immer des Geistreichen, Gewandten, psc_295.011
Gesellig-Bedeutenden.

psc_295.012

  Man könnte jene Gegensätze aristokratischer und demokratischer psc_295.013
Litteraturepochen auch als diejenige der Litteratur der Staatshilfe psc_295.014
uud Selbsthilfe bezeichnen: Lessing — Selbsthilfe; Goethe — Staatshilfe. psc_295.015
Der preußische Staat hat den Zug zu der Selbsthilfe in sich, psc_295.016
erzieht dazu trotz überweiser Bureaukratie. Preußische Litteratur ist psc_295.017
daher eine solche, soweit der Staat Verdienst daran hat: Gleim, der psc_295.018
junge Herder, Kant, selbst Hamann und Klopstock in seinem Ausgangspunct psc_295.019
— und ihr Vater, der Pietismus.

psc_295.020

Kapitel III. (S. 205.) psc_295.021
Die Stoffe.

psc_295.022

  Diesem Kapitel und namentlich der Motivenlehre ist schon psc_295.023
in den ersten Entwürfen, wie a
ngegeben, stark vorgearbeitet. psc_295.024
Ausserdem ist noch ein einzelnes Blatt vorhanden
:

psc_295.025

  Stoffe: Kunstroman, Kunstdrama und Kunstlyrik (Gedichte auf psc_295.026
Gemälde, Epigramme auf Kunstwerke, Künstlermemoiren.) Jn Deutschland: psc_295.027
„Sternbald“. „Jm Paradiese“. „Grüner Heinrich“. Hagen. psc_295.028
„Correggio“ von Oehlenschläger. Litteraturgeschichte als biographisches psc_295.029
Stoffgebiet: „Königslieutenant“; „Karlsschüler“. Theater als psc_295.030
Stoffgebiet: „Wilhelm Meister“; „Charlotte Ackermann“ u. dgl. Musik: psc_295.031
„Schauspieldirektor“. Religionsgeschichte: „Weihe der Kraft“ von psc_295.032
Werner; „Ziska“ von Meißner; „Albigenser“ von Lenau; „Uriel psc_295.033
Acosta.“

psc_295.034

  Welche Motive aus der Religionsgeschichte, aus der Wissenschaft

<TEI>
  <text>
    <back>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0311" n="295"/><lb n="psc_295.001"/>
Tyrannis &amp;c. Das Verhältniß zum Papstthum läßt sich vielleicht <lb n="psc_295.002"/>
der Amphiktyonie vergleichen.</p>
        <lb n="psc_295.003"/>
        <p>  Die harmonische Vollendung, das Sich-Ausleben aristokratischer <lb n="psc_295.004"/>
Litteraturepochen beruht darauf, ob Einbruch demokratischer Epochen <lb n="psc_295.005"/>
nahe bevorsteht oder nicht, diese ablöst oder nicht.</p>
        <lb n="psc_295.006"/>
        <p>  Bei der deutschen des 19. (auch 18.) Jahrhunderts ist dies zu <lb n="psc_295.007"/>
nahe. Daher z. B. kein fortwirkendes Stilprincip gefunden. Merkwürdig <lb n="psc_295.008"/>
wie noch bei Tieck Elemente dazu vorhanden; das beruht so <lb n="psc_295.009"/>
ganz auf der aristokratischen Gesellschaft, macht selten den Eindruck <lb n="psc_295.010"/>
hervorragender Originalität, aber immer des Geistreichen, Gewandten, <lb n="psc_295.011"/>
Gesellig-Bedeutenden.</p>
        <lb n="psc_295.012"/>
        <p>  Man könnte jene Gegensätze aristokratischer und demokratischer <lb n="psc_295.013"/>
Litteraturepochen auch als diejenige der Litteratur der Staatshilfe <lb n="psc_295.014"/>
uud Selbsthilfe bezeichnen: Lessing &#x2014; Selbsthilfe; Goethe &#x2014; Staatshilfe. <lb n="psc_295.015"/>
Der preußische Staat hat den Zug zu der Selbsthilfe in sich, <lb n="psc_295.016"/>
erzieht dazu trotz überweiser Bureaukratie. Preußische Litteratur ist <lb n="psc_295.017"/>
daher eine solche, soweit der Staat Verdienst daran hat: Gleim, der <lb n="psc_295.018"/>
junge Herder, Kant, selbst Hamann und Klopstock in seinem Ausgangspunct <lb n="psc_295.019"/>
&#x2014; und ihr Vater, der Pietismus.</p>
        <lb n="psc_295.020"/>
        <p> <hi rendition="#c">Kapitel <hi rendition="#aq">III</hi>. (S. 205.) <lb n="psc_295.021"/>
Die Stoffe.</hi> </p>
        <lb n="psc_295.022"/>
        <p>  <hi rendition="#aq">Diesem Kapitel und namentlich der Motivenlehre ist schon <lb n="psc_295.023"/>
in den ersten Entwürfen, wie a</hi>n<hi rendition="#aq">gegeben, stark vorgearbeitet. <lb n="psc_295.024"/>
Ausserdem ist noch ein einzelnes Blatt vorhanden</hi>:</p>
        <lb n="psc_295.025"/>
        <p>  Stoffe: Kunstroman, Kunstdrama und Kunstlyrik (Gedichte auf <lb n="psc_295.026"/>
Gemälde, Epigramme auf Kunstwerke, Künstlermemoiren.) Jn Deutschland: <lb n="psc_295.027"/>
&#x201E;Sternbald&#x201C;. &#x201E;Jm Paradiese&#x201C;. &#x201E;Grüner Heinrich&#x201C;. Hagen. <lb n="psc_295.028"/>
&#x201E;Correggio&#x201C; von Oehlenschläger. Litteraturgeschichte als biographisches <lb n="psc_295.029"/>
Stoffgebiet: &#x201E;Königslieutenant&#x201C;; &#x201E;Karlsschüler&#x201C;. Theater als <lb n="psc_295.030"/>
Stoffgebiet: &#x201E;Wilhelm Meister&#x201C;; &#x201E;Charlotte Ackermann&#x201C; u. dgl. Musik: <lb n="psc_295.031"/>
&#x201E;Schauspieldirektor&#x201C;. Religionsgeschichte: &#x201E;Weihe der Kraft&#x201C; von <lb n="psc_295.032"/>
Werner; &#x201E;Ziska&#x201C; von Meißner; &#x201E;Albigenser&#x201C; von Lenau; &#x201E;Uriel <lb n="psc_295.033"/>
Acosta.&#x201C;</p>
        <lb n="psc_295.034"/>
        <p>  Welche Motive aus der Religionsgeschichte, aus der Wissenschaft
</p>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[295/0311] psc_295.001 Tyrannis &c. Das Verhältniß zum Papstthum läßt sich vielleicht psc_295.002 der Amphiktyonie vergleichen. psc_295.003   Die harmonische Vollendung, das Sich-Ausleben aristokratischer psc_295.004 Litteraturepochen beruht darauf, ob Einbruch demokratischer Epochen psc_295.005 nahe bevorsteht oder nicht, diese ablöst oder nicht. psc_295.006   Bei der deutschen des 19. (auch 18.) Jahrhunderts ist dies zu psc_295.007 nahe. Daher z. B. kein fortwirkendes Stilprincip gefunden. Merkwürdig psc_295.008 wie noch bei Tieck Elemente dazu vorhanden; das beruht so psc_295.009 ganz auf der aristokratischen Gesellschaft, macht selten den Eindruck psc_295.010 hervorragender Originalität, aber immer des Geistreichen, Gewandten, psc_295.011 Gesellig-Bedeutenden. psc_295.012   Man könnte jene Gegensätze aristokratischer und demokratischer psc_295.013 Litteraturepochen auch als diejenige der Litteratur der Staatshilfe psc_295.014 uud Selbsthilfe bezeichnen: Lessing — Selbsthilfe; Goethe — Staatshilfe. psc_295.015 Der preußische Staat hat den Zug zu der Selbsthilfe in sich, psc_295.016 erzieht dazu trotz überweiser Bureaukratie. Preußische Litteratur ist psc_295.017 daher eine solche, soweit der Staat Verdienst daran hat: Gleim, der psc_295.018 junge Herder, Kant, selbst Hamann und Klopstock in seinem Ausgangspunct psc_295.019 — und ihr Vater, der Pietismus. psc_295.020 Kapitel III. (S. 205.) psc_295.021 Die Stoffe. psc_295.022   Diesem Kapitel und namentlich der Motivenlehre ist schon psc_295.023 in den ersten Entwürfen, wie angegeben, stark vorgearbeitet. psc_295.024 Ausserdem ist noch ein einzelnes Blatt vorhanden: psc_295.025   Stoffe: Kunstroman, Kunstdrama und Kunstlyrik (Gedichte auf psc_295.026 Gemälde, Epigramme auf Kunstwerke, Künstlermemoiren.) Jn Deutschland: psc_295.027 „Sternbald“. „Jm Paradiese“. „Grüner Heinrich“. Hagen. psc_295.028 „Correggio“ von Oehlenschläger. Litteraturgeschichte als biographisches psc_295.029 Stoffgebiet: „Königslieutenant“; „Karlsschüler“. Theater als psc_295.030 Stoffgebiet: „Wilhelm Meister“; „Charlotte Ackermann“ u. dgl. Musik: psc_295.031 „Schauspieldirektor“. Religionsgeschichte: „Weihe der Kraft“ von psc_295.032 Werner; „Ziska“ von Meißner; „Albigenser“ von Lenau; „Uriel psc_295.033 Acosta.“ psc_295.034   Welche Motive aus der Religionsgeschichte, aus der Wissenschaft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/311
Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/311>, abgerufen am 21.11.2024.