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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

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Nun fragt sichs aber weiter nach der Entstehung jener speciellen psc_299.002
Art des Selbstgefühls, die man Heldengefühl nennen könnte... Nur psc_299.003
productives Selbstgefühl kann das Heldengefühl erzeugen.

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So viel wir einigermaßen beobachten können, sind alle Völker, die psc_299.005
Culturproducenten sind -- Araber nur Culturbewahrer, ebenso Juden psc_299.006
-- auch Völker mit Epen. Ägypter? Chinesen?

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Der strebende Mensch ist der epische und zwar der freistrebende: psc_299.008
die älteste Cultur dürfte die befohlene sein. Dann kommt die freie, psc_299.009
und am Anfang freier Culturen stehen aristokratische Gesellschaften.

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Was ist Streben? Erkennen höherer Ziele und Entschluß, sie zu psc_299.011
erreichen. Also Steigerung der Erkenntniß der menschlichen Kräfte.

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Buckles Satz, daß Fortschritt auf dem Wissen beruht, durchaus psc_299.013
bestätigt. Schärfere Erkenntniß des Zwecks und der dazu führenden psc_299.014
Mittel -- das ist Quelle des Fortschritts. -- Aber ganz falsch, daß psc_299.015
ein moralischer Fortschritt überhaupt nicht stattfinde; vielmehr auch psc_299.016
Quelle des moralischen Fortschritts ist der Fortschritt der Erkenntniß.

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Rütimeyer über Darwinismus. Das erkannte Gesetz des menschlichen psc_299.018
Fortschritts auf frühere Stufen zurückzuverlegen. Genealogie psc_299.019
der Erkenntnisse: die auf Erhaltung der Gattung gerichtete Erkenntniß psc_299.020
wohl die ursprünglichste.

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Maßstab für Fortschritt ist demnach Logik als Lehre vom Jdeal psc_299.022
der Erkenntniß.

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Auf diesem Fortschritt also und auf dem Bewusstsein dieses psc_299.024
Fortschritts, auf dem Bewusstsein des Strebens beruht das psc_299.025
Heldengefühl der culturproducirenden Nationen. Und indem psc_299.026
dies aus mythologischen und historischen Elementen (Polytheismus psc_299.027
und Nationalkämpfe) die Heldensage entstehen lässt, psc_299.028
ist wieder für das Epos die Voraussetzung gegeben
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Zum Epos muß das historische Bewußtsein erwacht sein -- aber psc_299.030
es muß zugleich ein Mittel exact historischer Überlieferung noch nicht psc_299.031
gegeben sein -- eine große Menschenklasse muß keine Schriftlitteratur psc_299.032
besitzen, und gerade diejenige, die ein Jnteresse hat an den historischen psc_299.033
Fragen, die zu Grunde liegen...

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So lange gar keine Schriftlitteratur vorhanden .. ist kein Gegensatz psc_299.035
der Bildung im Allgemeinen -- nur Frauenwissen und Priesterwissen

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  Nun fragt sichs aber weiter nach der Entstehung jener speciellen psc_299.002
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Culturproducenten sind — Araber nur Culturbewahrer, ebenso Juden psc_299.006
— auch Völker mit Epen. Ägypter? Chinesen?

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  Der strebende Mensch ist der epische und zwar der freistrebende: psc_299.008
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und am Anfang freier Culturen stehen aristokratische Gesellschaften.

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  Was ist Streben? Erkennen höherer Ziele und Entschluß, sie zu psc_299.011
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Fortschritts auf frühere Stufen zurückzuverlegen. Genealogie psc_299.019
der Erkenntnisse: die auf Erhaltung der Gattung gerichtete Erkenntniß psc_299.020
wohl die ursprünglichste.

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ist wieder für das Epos die Voraussetzung gegeben
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  Zum Epos muß das historische Bewußtsein erwacht sein — aber psc_299.030
es muß zugleich ein Mittel exact historischer Überlieferung noch nicht psc_299.031
gegeben sein — eine große Menschenklasse muß keine Schriftlitteratur psc_299.032
besitzen, und gerade diejenige, die ein Jnteresse hat an den historischen psc_299.033
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[299/0315] psc_299.001   Nun fragt sichs aber weiter nach der Entstehung jener speciellen psc_299.002 Art des Selbstgefühls, die man Heldengefühl nennen könnte... Nur psc_299.003 productives Selbstgefühl kann das Heldengefühl erzeugen. psc_299.004   So viel wir einigermaßen beobachten können, sind alle Völker, die psc_299.005 Culturproducenten sind — Araber nur Culturbewahrer, ebenso Juden psc_299.006 — auch Völker mit Epen. Ägypter? Chinesen? psc_299.007   Der strebende Mensch ist der epische und zwar der freistrebende: psc_299.008 die älteste Cultur dürfte die befohlene sein. Dann kommt die freie, psc_299.009 und am Anfang freier Culturen stehen aristokratische Gesellschaften. psc_299.010   Was ist Streben? Erkennen höherer Ziele und Entschluß, sie zu psc_299.011 erreichen. Also Steigerung der Erkenntniß der menschlichen Kräfte. psc_299.012   Buckles Satz, daß Fortschritt auf dem Wissen beruht, durchaus psc_299.013 bestätigt. Schärfere Erkenntniß des Zwecks und der dazu führenden psc_299.014 Mittel — das ist Quelle des Fortschritts. — Aber ganz falsch, daß psc_299.015 ein moralischer Fortschritt überhaupt nicht stattfinde; vielmehr auch psc_299.016 Quelle des moralischen Fortschritts ist der Fortschritt der Erkenntniß. psc_299.017   Rütimeyer über Darwinismus. Das erkannte Gesetz des menschlichen psc_299.018 Fortschritts auf frühere Stufen zurückzuverlegen. Genealogie psc_299.019 der Erkenntnisse: die auf Erhaltung der Gattung gerichtete Erkenntniß psc_299.020 wohl die ursprünglichste. psc_299.021   Maßstab für Fortschritt ist demnach Logik als Lehre vom Jdeal psc_299.022 der Erkenntniß. psc_299.023   Auf diesem Fortschritt also und auf dem Bewusstsein dieses psc_299.024 Fortschritts, auf dem Bewusstsein des Strebens beruht das psc_299.025 Heldengefühl der culturproducirenden Nationen. Und indem psc_299.026 dies aus mythologischen und historischen Elementen (Polytheismus psc_299.027 und Nationalkämpfe) die Heldensage entstehen lässt, psc_299.028 ist wieder für das Epos die Voraussetzung gegeben. psc_299.029   Zum Epos muß das historische Bewußtsein erwacht sein — aber psc_299.030 es muß zugleich ein Mittel exact historischer Überlieferung noch nicht psc_299.031 gegeben sein — eine große Menschenklasse muß keine Schriftlitteratur psc_299.032 besitzen, und gerade diejenige, die ein Jnteresse hat an den historischen psc_299.033 Fragen, die zu Grunde liegen... psc_299.034   So lange gar keine Schriftlitteratur vorhanden .. ist kein Gegensatz psc_299.035 der Bildung im Allgemeinen — nur Frauenwissen und Priesterwissen

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Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/315>, abgerufen am 24.11.2024.