Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_078.001 Wir haben gesehen, daß der Rhythmus aus dem Tanze psc_078.013 Wir sahen Tanz und Gesang verbunden, rhythmisch, psc_078.020 1. Das Tanzen ist ohne Zweifel aus dem Springen psc_078.025 psc_078.001 Wir haben gesehen, daß der Rhythmus aus dem Tanze psc_078.013 Wir sahen Tanz und Gesang verbunden, rhythmisch, psc_078.020 1. Das Tanzen ist ohne Zweifel aus dem Springen psc_078.025 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0094" n="78"/><lb n="psc_078.001"/> nicht gedankenreichen Autor (Meiners, Grundriß der Geschichte <lb n="psc_078.002"/> der Menschheit S. 134 f.), weil er nicht in Verdacht <lb n="psc_078.003"/> kommen kann, hiermit eine Ansicht über den Ursprung der <lb n="psc_078.004"/> Poesie aufstellen zu wollen. Er hebt nicht einmal besonders <lb n="psc_078.005"/> hervor, daß die Tänze von Gesang begleitet sein konnten. <lb n="psc_078.006"/> Und doch steht hier bei ihm eine Anzahl von poetischen Bethätigungen: <lb n="psc_078.007"/> Märchen, Mimik, Possenreißerei in einer Reihe <lb n="psc_078.008"/> mit den andern Vergnügungen (Schmäusen, Scheinkämpfen <lb n="psc_078.009"/> u. s. w.). Wir finden sie in der Reihe der Spiele; und so <lb n="psc_078.010"/> meinte ja auch Schiller, die Poesie sei aus dem „Spieltrieb“ <lb n="psc_078.011"/> hervorgegangen.</p> <lb n="psc_078.012"/> <p> Wir haben gesehen, daß der Rhythmus aus dem Tanze <lb n="psc_078.013"/> stammt. Fassen wir die Verbindung von Tanz und Gesang <lb n="psc_078.014"/> zuerst ins Auge und analysiren wir sie. Ob wir darin <hi rendition="#g">die <lb n="psc_078.015"/> älteste Form</hi> der Poesie besitzen, will ich dahingestellt sein <lb n="psc_078.016"/> lassen. Aber jedenfalls eine der ältesten Formen; und es ist <lb n="psc_078.017"/> im Grunde gleichgiltig, wo wir beginnen: wenn wir nur <lb n="psc_078.018"/> von der concreten Erscheinung beginnen!</p> <lb n="psc_078.019"/> <p> Wir sahen Tanz und Gesang verbunden, rhythmisch, <lb n="psc_078.020"/> Silbe und Schritt sich entsprechend: wir unterscheiden unschwer <lb n="psc_078.021"/> Elemente, die noch ursprünglicher, kunstloser gedacht <lb n="psc_078.022"/> werden können und welche erst durch Zucht und Regel zur <lb n="psc_078.023"/> Kunst gemacht wurden.</p> <lb n="psc_078.024"/> <p> 1. Das Tanzen ist ohne Zweifel aus dem <hi rendition="#g">Springen</hi> <lb n="psc_078.025"/> hervorgegangen; (mittelhochdeutsch heißt es noch vom Frühlingstanz: <lb n="psc_078.026"/> <hi rendition="#aq">den reien springen</hi>). Der Gang ist regelndes <lb n="psc_078.027"/> Princip, vielleicht weiter regulirt durch den Herzschlag. Das <lb n="psc_078.028"/> Springen nun ist Ausdruck der Freude. Es kommen wohl </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [78/0094]
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nicht gedankenreichen Autor (Meiners, Grundriß der Geschichte psc_078.002
der Menschheit S. 134 f.), weil er nicht in Verdacht psc_078.003
kommen kann, hiermit eine Ansicht über den Ursprung der psc_078.004
Poesie aufstellen zu wollen. Er hebt nicht einmal besonders psc_078.005
hervor, daß die Tänze von Gesang begleitet sein konnten. psc_078.006
Und doch steht hier bei ihm eine Anzahl von poetischen Bethätigungen: psc_078.007
Märchen, Mimik, Possenreißerei in einer Reihe psc_078.008
mit den andern Vergnügungen (Schmäusen, Scheinkämpfen psc_078.009
u. s. w.). Wir finden sie in der Reihe der Spiele; und so psc_078.010
meinte ja auch Schiller, die Poesie sei aus dem „Spieltrieb“ psc_078.011
hervorgegangen.
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Wir haben gesehen, daß der Rhythmus aus dem Tanze psc_078.013
stammt. Fassen wir die Verbindung von Tanz und Gesang psc_078.014
zuerst ins Auge und analysiren wir sie. Ob wir darin die psc_078.015
älteste Form der Poesie besitzen, will ich dahingestellt sein psc_078.016
lassen. Aber jedenfalls eine der ältesten Formen; und es ist psc_078.017
im Grunde gleichgiltig, wo wir beginnen: wenn wir nur psc_078.018
von der concreten Erscheinung beginnen!
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Wir sahen Tanz und Gesang verbunden, rhythmisch, psc_078.020
Silbe und Schritt sich entsprechend: wir unterscheiden unschwer psc_078.021
Elemente, die noch ursprünglicher, kunstloser gedacht psc_078.022
werden können und welche erst durch Zucht und Regel zur psc_078.023
Kunst gemacht wurden.
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1. Das Tanzen ist ohne Zweifel aus dem Springen psc_078.025
hervorgegangen; (mittelhochdeutsch heißt es noch vom Frühlingstanz: psc_078.026
den reien springen). Der Gang ist regelndes psc_078.027
Princip, vielleicht weiter regulirt durch den Herzschlag. Das psc_078.028
Springen nun ist Ausdruck der Freude. Es kommen wohl
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(2015-09-30T09:54:39Z)
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