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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

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Es weißt niemand etwas von der zeit/ wann sich dise Mordgeschicht solle zu-
getragen haben/ oder von den Thäteren selbs/ oder von anderen zur wahrheit
einer Histori nöhtigen Umständen. Gleichwol ist diß gewiß/ daß die jezt le-
bende Bauren solche Fabel nicht ersinnet/ sondern von ihren Vorelteren
als eine Tradition ererbet haben. Und solle hin und wider in alten Urba-
rien der rohten Buchen bey Buch meldung zufinden seyn; Weßwegen einer
in die Gedanken könte gerahten/ ob nicht villeicht das Dorff Buch selbs
möchte von disen seltsamen Buchen her den Nahmen bekommen haben.
Jch meines ohrts halte davor/ daß dise Buchbäume eine von anderen beson-
dere Art außmachen/ welche weder mit Blut der erschlagnen Cörpern ernehrt
werde/ noch auch eines allhier vergossenen bluts anzeig seye/ gleichwol wirdig
gewesen were/ daß man sie wegen ihrer seltsamkeit/ und angenehmen schön-
heit/ dem Jovi Fagutali, (Buchinen Gott) hette aufopferen sollen; von
welchem Abgott der Römern zusehen. Plin. Hist. Nat. L. XVI. c. 10. Mit
disen unseren blutblätterichten Buchischen Buchbäumen lasset sich meines
bedunkens vergleichen ein mit gleich gefarbten Blätteren versehener Birch-
baum/ welcher sich findet in einem Wald/ der Abthey Ranton/ der Grafschaft
Stafford in Engelland/ der gleichfals zu Frühlingszeiten so roht außsihet/
als ob auf ihne were frisches blut außgegossen worden/ daher er auch der
Blutrohte Birchbaum genennet wird/ nach der zeugnuß Roberti Plot.
Nat. Hist. of Staffordsh. Cap. VI. p.
207. Beyde dise Birch- und Buch-
bäume haben vermuhtlich eine so zusamen gepreßte gestalt ihrer Holzzäsern/
das durch die Nahrungs-gefässe nur allein können aufsteigen die subtilen
Theil des Nehrsafts/ weßwegen die Röhr- und Bläslein der Bläteren nicht
so wol können außgedehnt werden/ daß sie gleich anderen Bäumen eine grü-
ne farb bekommen/ worvon aber bey anderm anlas ein mehrers sol geredet
werden.

Von einem Halone, oder Ring/ welcher um den Mond
gesehen worden/ den 5. Febr. diß lauffenden Jahrs.

BEy hellem Himmel ist dise Luft-Geschicht allhier in Zürich gewahret
worden/ von 9. uhren abends/ bis um mitternacht/ als ein breiter weiß-
lechter Ring um den bald follen Mond/ welcher zu end seiner Erschei-
nung verschiedne Regenbogen-farben gezeiget hat. Es ist diser Monds-
Ring merkwürdig/ sowol wegen seiner grösse/ als währung/ und bald gleich

jenem

Es weißt niemand etwas von der zeit/ wann ſich diſe Mordgeſchicht ſolle zu-
getragen haben/ oder von den Thaͤteren ſelbs/ oder von anderen zur wahrheit
einer Hiſtori noͤhtigen Umſtaͤnden. Gleichwol iſt diß gewiß/ daß die jezt le-
bende Bauren ſolche Fabel nicht erſinnet/ ſondern von ihren Vorelteren
als eine Tradition ererbet haben. Und ſolle hin und wider in alten Urba-
rien der rohten Buchen bey Buch meldung zufinden ſeyn; Weßwegen einer
in die Gedanken koͤnte gerahten/ ob nicht villeicht das Dorff Buch ſelbs
moͤchte von diſen ſeltſamen Buchen her den Nahmen bekommen haben.
Jch meines ohrts halte davor/ daß diſe Buchbaͤume eine von anderen beſon-
dere Art außmachen/ welche weder mit Blut der erſchlagnen Coͤrpern ernehrt
werde/ noch auch eines allhier vergoſſenen bluts anzeig ſeye/ gleichwol wirdig
geweſen were/ daß man ſie wegen ihrer ſeltſamkeit/ und angenehmen ſchoͤn-
heit/ dem Jovi Fagutali, (Buchinen Gott) hette aufopferen ſollen; von
welchem Abgott der Roͤmern zuſehen. Plin. Hiſt. Nat. L. XVI. c. 10. Mit
diſen unſeren blutblaͤtterichten Buchiſchen Buchbaͤumen laſſet ſich meines
bedunkens vergleichen ein mit gleich gefarbten Blaͤtteren verſehener Birch-
baum/ welcher ſich findet in einem Wald/ der Abthey Ranton/ der Grafſchaft
Stafford in Engelland/ der gleichfals zu Fruͤhlingszeiten ſo roht außſihet/
als ob auf ihne were friſches blut außgegoſſen worden/ daher er auch der
Blutrohte Birchbaum genennet wird/ nach der zeugnuß Roberti Plot.
Nat. Hiſt. of Staffordsh. Cap. VI. p.
207. Beyde diſe Birch- und Buch-
baͤume haben vermuhtlich eine ſo zuſamen gepreßte geſtalt ihrer Holzzaͤſern/
das durch die Nahrungs-gefaͤſſe nur allein koͤnnen aufſteigen die ſubtilen
Theil des Nehrſafts/ weßwegen die Roͤhr- und Blaͤslein der Blaͤteren nicht
ſo wol koͤnnen außgedehnt werden/ daß ſie gleich anderen Baͤumen eine gruͤ-
ne farb bekommen/ worvon aber bey anderm anlas ein mehrers ſol geredet
werden.

Von einem Halone, oder Ring/ welcher um den Mond
geſehen worden/ den 5. Febr. diß lauffenden Jahrs.

BEy hellem Himmel iſt diſe Luft-Geſchicht allhier in Zuͤrich gewahret
worden/ von 9. uhren abends/ bis um mitternacht/ als ein breiter weiß-
lechter Ring um den bald follen Mond/ welcher zu end ſeiner Erſchei-
nung verſchiedne Regenbogen-farben gezeiget hat. Es iſt diſer Monds-
Ring merkwuͤrdig/ ſowol wegen ſeiner groͤſſe/ als waͤhrung/ und bald gleich

jenem
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[3/0014] Es weißt niemand etwas von der zeit/ wann ſich diſe Mordgeſchicht ſolle zu- getragen haben/ oder von den Thaͤteren ſelbs/ oder von anderen zur wahrheit einer Hiſtori noͤhtigen Umſtaͤnden. Gleichwol iſt diß gewiß/ daß die jezt le- bende Bauren ſolche Fabel nicht erſinnet/ ſondern von ihren Vorelteren als eine Tradition ererbet haben. Und ſolle hin und wider in alten Urba- rien der rohten Buchen bey Buch meldung zufinden ſeyn; Weßwegen einer in die Gedanken koͤnte gerahten/ ob nicht villeicht das Dorff Buch ſelbs moͤchte von diſen ſeltſamen Buchen her den Nahmen bekommen haben. Jch meines ohrts halte davor/ daß diſe Buchbaͤume eine von anderen beſon- dere Art außmachen/ welche weder mit Blut der erſchlagnen Coͤrpern ernehrt werde/ noch auch eines allhier vergoſſenen bluts anzeig ſeye/ gleichwol wirdig geweſen were/ daß man ſie wegen ihrer ſeltſamkeit/ und angenehmen ſchoͤn- heit/ dem Jovi Fagutali, (Buchinen Gott) hette aufopferen ſollen; von welchem Abgott der Roͤmern zuſehen. Plin. Hiſt. Nat. L. XVI. c. 10. Mit diſen unſeren blutblaͤtterichten Buchiſchen Buchbaͤumen laſſet ſich meines bedunkens vergleichen ein mit gleich gefarbten Blaͤtteren verſehener Birch- baum/ welcher ſich findet in einem Wald/ der Abthey Ranton/ der Grafſchaft Stafford in Engelland/ der gleichfals zu Fruͤhlingszeiten ſo roht außſihet/ als ob auf ihne were friſches blut außgegoſſen worden/ daher er auch der Blutrohte Birchbaum genennet wird/ nach der zeugnuß Roberti Plot. Nat. Hiſt. of Staffordsh. Cap. VI. p. 207. Beyde diſe Birch- und Buch- baͤume haben vermuhtlich eine ſo zuſamen gepreßte geſtalt ihrer Holzzaͤſern/ das durch die Nahrungs-gefaͤſſe nur allein koͤnnen aufſteigen die ſubtilen Theil des Nehrſafts/ weßwegen die Roͤhr- und Blaͤslein der Blaͤteren nicht ſo wol koͤnnen außgedehnt werden/ daß ſie gleich anderen Baͤumen eine gruͤ- ne farb bekommen/ worvon aber bey anderm anlas ein mehrers ſol geredet werden. Von einem Halone, oder Ring/ welcher um den Mond geſehen worden/ den 5. Febr. diß lauffenden Jahrs. BEy hellem Himmel iſt diſe Luft-Geſchicht allhier in Zuͤrich gewahret worden/ von 9. uhren abends/ bis um mitternacht/ als ein breiter weiß- lechter Ring um den bald follen Mond/ welcher zu end ſeiner Erſchei- nung verſchiedne Regenbogen-farben gezeiget hat. Es iſt diſer Monds- Ring merkwuͤrdig/ ſowol wegen ſeiner groͤſſe/ als waͤhrung/ und bald gleich jenem

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/14>, abgerufen am 21.11.2024.