Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.Naturforscheren nichts/ welches ein wissensbegirriges gemüth benügen kan. diser
Naturforſcheren nichts/ welches ein wiſſensbegirꝛiges gemuͤth benuͤgen kan. diſer
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0149" n="(114)[114]"/> Naturforſcheren nichts/ welches ein wiſſensbegirꝛiges gemuͤth benuͤgen kan.<lb/> Wir muͤſſen hier die trokenen Sodbruͤnnen der Schulgelehrten/ ja auch<lb/> alle einbildiſchen Naturkraͤfte/ fahren laſſen/ und uns unmittelbar hinwen-<lb/> den zu denen lebendigen Waſſeren der ewigen Weißheit/ welche nach ihrem<lb/> heiligſten gefallen durch ihre unendliche kraft allen Elementen/ Pflaͤ<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/>zen/<lb/> Thieren/ ꝛc. ihre gewiſſe geſtalt angeſetzet/ und geordnet/ daß ein jeder ver-<lb/> nuͤnftiger Menſch an denenſelben kan deutlich ſehen den alles mahlenden/ ein-<lb/> theilenden/ und geſtaltenden Finger Gottes/ und außſchlieſſen alles zufaͤllige/<lb/> blinde Gluͤk der Epicureeren. Unſere vorhabende Steine haben das anſehen/<lb/> die Materi/ allgemeine geſtalt/ den Zeugungs ohrt/ und andere zufaͤllige Ei-<lb/> genſchaften gleich mit denen Cryſtallen/ und ſind allein von ihnen zerſcheiden<lb/> in ihrer beſonderen rautenfoͤrmigen geſtalt. Und gehet meine Meinung ſo<lb/> wol der gemeinlich ſechseckichten/ als diſer verſchrenkt-wuͤrfflichten Cryſtal-<lb/> len kurz dahin. Daß der Allmaͤchtige Gott dero kleinſten uns Menſchen un-<lb/> ſichtbaren/ anfaͤngen/ oder urſpruͤnglichen Theilchen gegeben habe eben di-<lb/> ſe geſtaltſame/ welche wir an denen groͤſſeren coͤrperen ſehen: nachdem aber<lb/> gleich anfangs der Erſchaffung/ oder bey Erneuerung der Erden Welt in der<lb/> Suͤndflut/ die hin und wider gelegene/ und nach denen Geſaͤtzen der Bewe-<lb/> gung in Fluß gebrachte gleichfoͤrmige Materi ſolche von Gott geſtaltete Teil-<lb/> chen angetroffen/ hat ſie ſich ihnen angehenkt/ gleiche Figur behalten/ und an<lb/> ſich genommen. Daß diſer Stein/ und alle andere <hi rendition="#aq">Lapides Speculares,</hi><lb/> Fraueneis/ ja alle Eryſtallen/ und Edelgeſteine auß einer anfangs fluͤſſigen/<lb/> hernach geveſtneten Materi entſtanden/ bedarff keines mehreren beweiß-<lb/> tums. Kein verſtaͤndiger Naturforſcher wird diſere von <hi rendition="#aq">Rob. Boile,</hi> und<lb/> anderen erwieſene Wahrheit in zweifel zeuhen; Nur allein kan man ſich<lb/> nicht finden in die ſo ordenliche/ beſtaͤndig gleiche geſtalt; Diſere Materi iſt<lb/> bis dahin von niemand angegriffen/ von jedermann vor unergruͤndlich an-<lb/> geſehen worden/ und nicht ohne urſach. Wer wil ſich unterſtehen in die Ge-<lb/> heime Ruͤſtkammer Gottes hinein zuſehen/ und ſolche grundliche erſte geſtal-<lb/> tung erforſchen? Wer wil das in der Natur/ und deren Kraͤften ſuchen/<lb/> was der Schoͤpfer ihme ſelbs vorbehalten? Wer diſen unſeren Stein recht<lb/> anſihet/ oder einen jeden/ ſonderlich groſſen Cryſtall wol betrachtet/ wie jener<lb/> ſich in unzehlhare ſubtile Blaͤttlein zertheilen laſſet/ diſer aber in ſeiner aͤuſſe-<lb/> ren Flaͤche vil abſaͤtze/ oder rumpfichte Zwerchlinien hat/ der wird hierauß<lb/> bald ſehen/ daß deſſen materialiſche urſach geweſen ein gewiſſer/ hernach in<lb/> Stein verwandleter/ uͤber die erſtere ſchon feſte flaͤche/ gezogener Fluß. Jn<lb/> <fw place="bottom" type="catch">diſer</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [(114)[114]/0149]
Naturforſcheren nichts/ welches ein wiſſensbegirꝛiges gemuͤth benuͤgen kan.
Wir muͤſſen hier die trokenen Sodbruͤnnen der Schulgelehrten/ ja auch
alle einbildiſchen Naturkraͤfte/ fahren laſſen/ und uns unmittelbar hinwen-
den zu denen lebendigen Waſſeren der ewigen Weißheit/ welche nach ihrem
heiligſten gefallen durch ihre unendliche kraft allen Elementen/ Pflaͤ_zen/
Thieren/ ꝛc. ihre gewiſſe geſtalt angeſetzet/ und geordnet/ daß ein jeder ver-
nuͤnftiger Menſch an denenſelben kan deutlich ſehen den alles mahlenden/ ein-
theilenden/ und geſtaltenden Finger Gottes/ und außſchlieſſen alles zufaͤllige/
blinde Gluͤk der Epicureeren. Unſere vorhabende Steine haben das anſehen/
die Materi/ allgemeine geſtalt/ den Zeugungs ohrt/ und andere zufaͤllige Ei-
genſchaften gleich mit denen Cryſtallen/ und ſind allein von ihnen zerſcheiden
in ihrer beſonderen rautenfoͤrmigen geſtalt. Und gehet meine Meinung ſo
wol der gemeinlich ſechseckichten/ als diſer verſchrenkt-wuͤrfflichten Cryſtal-
len kurz dahin. Daß der Allmaͤchtige Gott dero kleinſten uns Menſchen un-
ſichtbaren/ anfaͤngen/ oder urſpruͤnglichen Theilchen gegeben habe eben di-
ſe geſtaltſame/ welche wir an denen groͤſſeren coͤrperen ſehen: nachdem aber
gleich anfangs der Erſchaffung/ oder bey Erneuerung der Erden Welt in der
Suͤndflut/ die hin und wider gelegene/ und nach denen Geſaͤtzen der Bewe-
gung in Fluß gebrachte gleichfoͤrmige Materi ſolche von Gott geſtaltete Teil-
chen angetroffen/ hat ſie ſich ihnen angehenkt/ gleiche Figur behalten/ und an
ſich genommen. Daß diſer Stein/ und alle andere Lapides Speculares,
Fraueneis/ ja alle Eryſtallen/ und Edelgeſteine auß einer anfangs fluͤſſigen/
hernach geveſtneten Materi entſtanden/ bedarff keines mehreren beweiß-
tums. Kein verſtaͤndiger Naturforſcher wird diſere von Rob. Boile, und
anderen erwieſene Wahrheit in zweifel zeuhen; Nur allein kan man ſich
nicht finden in die ſo ordenliche/ beſtaͤndig gleiche geſtalt; Diſere Materi iſt
bis dahin von niemand angegriffen/ von jedermann vor unergruͤndlich an-
geſehen worden/ und nicht ohne urſach. Wer wil ſich unterſtehen in die Ge-
heime Ruͤſtkammer Gottes hinein zuſehen/ und ſolche grundliche erſte geſtal-
tung erforſchen? Wer wil das in der Natur/ und deren Kraͤften ſuchen/
was der Schoͤpfer ihme ſelbs vorbehalten? Wer diſen unſeren Stein recht
anſihet/ oder einen jeden/ ſonderlich groſſen Cryſtall wol betrachtet/ wie jener
ſich in unzehlhare ſubtile Blaͤttlein zertheilen laſſet/ diſer aber in ſeiner aͤuſſe-
ren Flaͤche vil abſaͤtze/ oder rumpfichte Zwerchlinien hat/ der wird hierauß
bald ſehen/ daß deſſen materialiſche urſach geweſen ein gewiſſer/ hernach in
Stein verwandleter/ uͤber die erſtere ſchon feſte flaͤche/ gezogener Fluß. Jn
diſer
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Zitationshilfe: | Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. (114)[114]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/149>, abgerufen am 20.07.2024. |