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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

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Provinzen die einige Zuflucht seyn bey bekantem dortigem Holzmangel?
Wie verwunderlich feuret man in denen Arabischen/ Egyptischen/ und
Africanischen Wüstenen mit gedörretem Kameel-Koth? Wie muß man
sich im Magdeburgischen bedienen des Strohs zum kochen? Wer wil
glauben/ das nicht auch unsere Mosachten Ried uns im fahl der noht kön-
ten zu hilss kommen? Sie laden uns gleich sam ein zum graben durch ihre
ordinari Unfruchtbarkeit/ und wollen damit anzeigen/ daß unter ihrem
dürren/ mageren Binzwasen verborgen ein weit edlerer Schaz/ ein wahr-
hafter Unterirrdischer Wald.

Jch wil gestehen/ daß disere meine sorgfältige Gedanken/ bey genug
hoffender Zufuhr des Holzes unnöhtig seyen/ habe gleichwol durch gegen-
wertigen Vortrag wollen zeigen/ wie die natürliche Histori ihre vilfältigen
Nutzen dem Vatterland könne zuführen/ wie oft kostbare/ aber in überfluß
vorkommende Sachen nirgends hin geachtet werden nach dem alten Auß-
spruch Senecae Lib. VII. Nat, Quaest. cap. 1. Ita compositi sumus, ut
nos quotidiana, etiamsi admiratione digna sunt, tranfeant, concra
minimarum quoque rerum, si insolita prodierunt, spectaculum
dulce fiat.
Das ist/ wir sind also geartet/ daß wir die Sachen/ so
täglich vorkommen/ ob sie gleich merkwirdig/ nicht achten/ hinge:
gen aber die geringste/ aber ungewohnte Dinge/ mit verwunderen-
den Augen ansehen.

P. S. Jn der Zeitung N. 1. ist zu gewahren daß das Dorf Buch
ligt in der Frey-Herrschaft Wülflingen/ vor welche gesezet worden An-
delfingen. Und ist merkwürdig/ daß diseres Dorff auch in seinem Wa-
pen-Schild führet eine rohte Buchen/ welches dann meine von dem Al-
terthum der Natürlichen allda befindlichen Rohten Buchen/ und so auch
die gemachte Muhtmassung von des Dorfs ursprünglichem Nahmen/
nicht wenig bekräftiget.

Provinzen die einige Zuflucht ſeyn bey bekantem dortigem Holzmangel?
Wie verwunderlich feuret man in denen Arabiſchen/ Egyptiſchen/ und
Africaniſchen Wuͤſtenen mit gedoͤrꝛetem Kameel-Koth? Wie muß man
ſich im Magdeburgiſchen bedienen des Strohs zum kochen? Wer wil
glauben/ das nicht auch unſere Moſachten Ried uns im fahl der noht koͤn-
ten zu hilſſ kommen? Sie laden uns gleich ſam ein zum graben durch ihre
ordinari Unfruchtbarkeit/ und wollen damit anzeigen/ daß unter ihrem
duͤrꝛen/ mageren Binzwaſen verborgen ein weit edlerer Schaz/ ein wahr-
hafter Unterirꝛdiſcher Wald.

Jch wil geſtehen/ daß diſere meine ſorgfaͤltige Gedanken/ bey genug
hoffender Zufuhr des Holzes unnoͤhtig ſeyen/ habe gleichwol durch gegen-
wertigen Vortrag wollen zeigen/ wie die natuͤrliche Hiſtori ihre vilfaͤltigen
Nutzen dem Vatterland koͤnne zufuͤhren/ wie oft koſtbare/ aber in uͤberfluß
vorkommende Sachen nirgends hin geachtet werden nach dem alten Auß-
ſpruch Senecæ Lib. VII. Nat, Quæſt. cap. 1. Ita compoſiti ſumus, ut
nos quotidiana, etiamſi admiratione digna ſunt, tranfeant, concra
minimarum quoque rerum, ſi inſolita prodierunt, ſpectaculum
dulce fiat.
Das iſt/ wir ſind alſo geartet/ daß wir die Sachen/ ſo
taͤglich vorkommen/ ob ſie gleich merkwirdig/ nicht achten/ hinge:
gen aber die geringſte/ aber ungewohnte Dinge/ mit verwunderen-
den Augen anſehen.

P. S. Jn der Zeitung N. 1. iſt zu gewahren daß das Dorf Buch
ligt in der Frey-Herꝛſchaft Wuͤlflingen/ vor welche geſezet worden An-
delfingen. Und iſt merkwuͤrdig/ daß diſeres Dorff auch in ſeinem Wa-
pen-Schild fuͤhret eine rohte Buchen/ welches dann meine von dem Al-
terthum der Natuͤrlichen allda befindlichen Rohten Buchen/ und ſo auch
die gemachte Muhtmaſſung von des Dorfs urſpruͤnglichem Nahmen/
nicht wenig bekraͤftiget.

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[8/0019] Provinzen die einige Zuflucht ſeyn bey bekantem dortigem Holzmangel? Wie verwunderlich feuret man in denen Arabiſchen/ Egyptiſchen/ und Africaniſchen Wuͤſtenen mit gedoͤrꝛetem Kameel-Koth? Wie muß man ſich im Magdeburgiſchen bedienen des Strohs zum kochen? Wer wil glauben/ das nicht auch unſere Moſachten Ried uns im fahl der noht koͤn- ten zu hilſſ kommen? Sie laden uns gleich ſam ein zum graben durch ihre ordinari Unfruchtbarkeit/ und wollen damit anzeigen/ daß unter ihrem duͤrꝛen/ mageren Binzwaſen verborgen ein weit edlerer Schaz/ ein wahr- hafter Unterirꝛdiſcher Wald. Jch wil geſtehen/ daß diſere meine ſorgfaͤltige Gedanken/ bey genug hoffender Zufuhr des Holzes unnoͤhtig ſeyen/ habe gleichwol durch gegen- wertigen Vortrag wollen zeigen/ wie die natuͤrliche Hiſtori ihre vilfaͤltigen Nutzen dem Vatterland koͤnne zufuͤhren/ wie oft koſtbare/ aber in uͤberfluß vorkommende Sachen nirgends hin geachtet werden nach dem alten Auß- ſpruch Senecæ Lib. VII. Nat, Quæſt. cap. 1. Ita compoſiti ſumus, ut nos quotidiana, etiamſi admiratione digna ſunt, tranfeant, concra minimarum quoque rerum, ſi inſolita prodierunt, ſpectaculum dulce fiat. Das iſt/ wir ſind alſo geartet/ daß wir die Sachen/ ſo taͤglich vorkommen/ ob ſie gleich merkwirdig/ nicht achten/ hinge: gen aber die geringſte/ aber ungewohnte Dinge/ mit verwunderen- den Augen anſehen. P. S. Jn der Zeitung N. 1. iſt zu gewahren daß das Dorf Buch ligt in der Frey-Herꝛſchaft Wuͤlflingen/ vor welche geſezet worden An- delfingen. Und iſt merkwuͤrdig/ daß diſeres Dorff auch in ſeinem Wa- pen-Schild fuͤhret eine rohte Buchen/ welches dann meine von dem Al- terthum der Natuͤrlichen allda befindlichen Rohten Buchen/ und ſo auch die gemachte Muhtmaſſung von des Dorfs urſpruͤnglichem Nahmen/ nicht wenig bekraͤftiget.

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/19>, abgerufen am 29.04.2024.