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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

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abgang/ glaube aber/ daß wann es in gewissen anligen solte probiert werden/
vortreffliche Wirkungen von sich spüren liesse/ und manchem/ sonderlich dem
benachbarten Landmann besser zuschlagen könte/ als manche aussert un-
serem Gebiet ligende Bäder/ welche man mit grosser ungel genheit/ und Be-
schwerd/ oft ohne genugsame erdaurung der Krankheit/ und auf grossen ge-
rahtwol zubesuchen pflegt. Es liget dises Wasser unter freyem Himmel/
in einem viereckichten/ bald von älte und fäule der Seiten-Balken einfallen-
den Loch/ auf der höhe/ nahe bey einem lustigen Wald. A 1701. habe das-
selbe mit fleiß in augenschein/ und prob/ absonderlich auch zu dem end die zä-
che Bergwächsische Materi mit naher Hauß genommen/ und gefunden/ daß
selbige durch einkochen zu einem schwarzbraunen Extract worden/ welches
einen gar starken stinken den Schwefelgeruch/ und so es angezündet worden/
eine Flamm von sich gelassen; habe ich das Wasser destillirt/ oder über den
Helm gezogen/ so hat es widerum nach einem stinkenden Schwefel gerochen/
und hat man hin und wider in dem überzogenen Wasser fliegen gesehen dün-
ne kleine Zäserlein/ welche nach einichen tagen sich an einander gehenket/ und
widerum in eine mucilaginem bituminosam, oder Bergwächsischen zähen
Schleim zusamen gepacket, Jch sage/ in einen Bergwächsischen Schleim/
und nicht ohne Grund; weilen disere eingekochte Materi sich auflösen laßt/
so wol in gemeinem Wasser/ als in Brantenwein/ und dorten zwar eine
Citronengelbe tinctur machet/ hier aber eine Pomeranzenfarbe. Sonsten
ist dises Wasser lauter/ wie ein anders/ und riechet stark nach Schwefel/ wann
man es rühret. Siedet man das Wasser ein/ so bleibet in dem Boden ein
subtiler Crocus, oder gelbe Erde. Auß disem allem schliesse ich/ es könne di-
ses Wasser manchem presthaften Menschen zu gut kommen/ insonderheit
aber dienen in auftröknung alter fliessender Schäden/ und überal in derglei-
chen Krankheiten/ da die äusseren Glieder schwache und lucke Zäseren/ folg-
lich stärkung/ und zusamenzeuhung nöthig haben/ wünschte aber/ daß ich di-
sere meine Vorurtheile bekräftigen könte durch wirklich gemachte Proben/
oder/ daß man hierüber vernünftige Proben in verschiedenen Zuständen wur-
de machen/ und also sich desto mehr der Kräften desselben besicheren. Und
gewahre endlich bey anlas diser/ und vilen dergleichen hin und wider im
Schweizerland befindlichen Wasseren/ welche gleichwol dann und wann
nahmhaft machen werde/ daß der Mineralischen Heilwasseren Gebrauch
von einer gewissen fatalen mode geregiert wird; Es ligt hier und da eine
kostliche Quell/ öde/ und unbesucht/ etwan wegen entfehrnung/ und einsam-

keit

abgang/ glaube aber/ daß wann es in gewiſſen anligen ſolte probiert werden/
vortreffliche Wirkungen von ſich ſpuͤren lieſſe/ und manchem/ ſonderlich dem
benachbarten Landmann beſſer zuſchlagen koͤnte/ als manche auſſert un-
ſerem Gebiet ligende Baͤder/ welche man mit groſſer ungel genheit/ und Be-
ſchwerd/ oft ohne genugſame erdaurung der Krankheit/ und auf groſſen ge-
rahtwol zubeſuchen pflegt. Es liget diſes Waſſer unter freyem Himmel/
in einem viereckichten/ bald von aͤlte und faͤule der Seiten-Balken einfallen-
den Loch/ auf der hoͤhe/ nahe bey einem luſtigen Wald. A 1701. habe daſ-
ſelbe mit fleiß in augenſchein/ und prob/ abſonderlich auch zu dem end die zaͤ-
che Bergwaͤchſiſche Materi mit naher Hauß genommen/ und gefunden/ daß
ſelbige durch einkochen zu einem ſchwarzbraunen Extract worden/ welches
einen gar ſtarken ſtinken den Schwefelgeruch/ und ſo es angezuͤndet worden/
eine Flamm von ſich gelaſſen; habe ich das Waſſer deſtillirt/ oder uͤber den
Helm gezogen/ ſo hat es widerum nach einem ſtinkenden Schwefel gerochen/
und hat man hin und wider in dem uͤberzogenen Waſſer fliegen geſehen duͤn-
ne kleine Zaͤſerlein/ welche nach einichen tagen ſich an einander gehenket/ und
widerum in eine mucilaginem bituminoſam, oder Bergwaͤchſiſchen zaͤhen
Schleim zuſamen gepacket, Jch ſage/ in einen Bergwaͤchſiſchen Schleim/
und nicht ohne Grund; weilen diſere eingekochte Materi ſich aufloͤſen laßt/
ſo wol in gemeinem Waſſer/ als in Brantenwein/ und dorten zwar eine
Citronengelbe tinctur machet/ hier aber eine Pomeranzenfarbe. Sonſten
iſt diſes Waſſer lauter/ wie ein anders/ und riechet ſtark nach Schwefel/ wañ
man es ruͤhret. Siedet man das Waſſer ein/ ſo bleibet in dem Boden ein
ſubtiler Crocus, oder gelbe Erde. Auß diſem allem ſchlieſſe ich/ es koͤnne di-
ſes Waſſer manchem preſthaften Menſchen zu gut kommen/ inſonderheit
aber dienen in auftroͤknung alter flieſſender Schaͤden/ und uͤberal in derglei-
chen Krankheiten/ da die aͤuſſeren Glieder ſchwache und lucke Zaͤſeren/ folg-
lich ſtaͤrkung/ und zuſamenzeuhung noͤthig haben/ wuͤnſchte aber/ daß ich di-
ſere meine Vorurtheile bekraͤftigen koͤnte durch wirklich gemachte Proben/
oder/ daß man hieruͤber vernuͤnftige Proben in verſchiedenen Zuſtaͤnden wur-
de machen/ und alſo ſich deſto mehr der Kraͤften deſſelben beſicheren. Und
gewahre endlich bey anlas diſer/ und vilen dergleichen hin und wider im
Schweizerland befindlichen Waſſeren/ welche gleichwol dann und wann
nahmhaft machen werde/ daß der Mineraliſchen Heilwaſſeren Gebrauch
von einer gewiſſen fatalen mode geregiert wird; Es ligt hier und da eine
koſtliche Quell/ oͤde/ und unbeſucht/ etwan wegen entfehrnung/ und einſam-

keit
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[(162)[162]/0199] abgang/ glaube aber/ daß wann es in gewiſſen anligen ſolte probiert werden/ vortreffliche Wirkungen von ſich ſpuͤren lieſſe/ und manchem/ ſonderlich dem benachbarten Landmann beſſer zuſchlagen koͤnte/ als manche auſſert un- ſerem Gebiet ligende Baͤder/ welche man mit groſſer ungel genheit/ und Be- ſchwerd/ oft ohne genugſame erdaurung der Krankheit/ und auf groſſen ge- rahtwol zubeſuchen pflegt. Es liget diſes Waſſer unter freyem Himmel/ in einem viereckichten/ bald von aͤlte und faͤule der Seiten-Balken einfallen- den Loch/ auf der hoͤhe/ nahe bey einem luſtigen Wald. A 1701. habe daſ- ſelbe mit fleiß in augenſchein/ und prob/ abſonderlich auch zu dem end die zaͤ- che Bergwaͤchſiſche Materi mit naher Hauß genommen/ und gefunden/ daß ſelbige durch einkochen zu einem ſchwarzbraunen Extract worden/ welches einen gar ſtarken ſtinken den Schwefelgeruch/ und ſo es angezuͤndet worden/ eine Flamm von ſich gelaſſen; habe ich das Waſſer deſtillirt/ oder uͤber den Helm gezogen/ ſo hat es widerum nach einem ſtinkenden Schwefel gerochen/ und hat man hin und wider in dem uͤberzogenen Waſſer fliegen geſehen duͤn- ne kleine Zaͤſerlein/ welche nach einichen tagen ſich an einander gehenket/ und widerum in eine mucilaginem bituminoſam, oder Bergwaͤchſiſchen zaͤhen Schleim zuſamen gepacket, Jch ſage/ in einen Bergwaͤchſiſchen Schleim/ und nicht ohne Grund; weilen diſere eingekochte Materi ſich aufloͤſen laßt/ ſo wol in gemeinem Waſſer/ als in Brantenwein/ und dorten zwar eine Citronengelbe tinctur machet/ hier aber eine Pomeranzenfarbe. Sonſten iſt diſes Waſſer lauter/ wie ein anders/ und riechet ſtark nach Schwefel/ wañ man es ruͤhret. Siedet man das Waſſer ein/ ſo bleibet in dem Boden ein ſubtiler Crocus, oder gelbe Erde. Auß diſem allem ſchlieſſe ich/ es koͤnne di- ſes Waſſer manchem preſthaften Menſchen zu gut kommen/ inſonderheit aber dienen in auftroͤknung alter flieſſender Schaͤden/ und uͤberal in derglei- chen Krankheiten/ da die aͤuſſeren Glieder ſchwache und lucke Zaͤſeren/ folg- lich ſtaͤrkung/ und zuſamenzeuhung noͤthig haben/ wuͤnſchte aber/ daß ich di- ſere meine Vorurtheile bekraͤftigen koͤnte durch wirklich gemachte Proben/ oder/ daß man hieruͤber vernuͤnftige Proben in verſchiedenen Zuſtaͤnden wur- de machen/ und alſo ſich deſto mehr der Kraͤften deſſelben beſicheren. Und gewahre endlich bey anlas diſer/ und vilen dergleichen hin und wider im Schweizerland befindlichen Waſſeren/ welche gleichwol dann und wann nahmhaft machen werde/ daß der Mineraliſchen Heilwaſſeren Gebrauch von einer gewiſſen fatalen mode geregiert wird; Es ligt hier und da eine koſtliche Quell/ oͤde/ und unbeſucht/ etwan wegen entfehrnung/ und einſam- keit

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. (162)[162]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/199>, abgerufen am 21.11.2024.