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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707.

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der Alabaster/ sonder dereher und näher köt zu dem Stalactita/ oder Tropfstein/
von dem ich versichert bin/ daß er mit dem Gips und Marmel in naher Ver-
wandschafft stehet.

Jn der Graffschafft Baden/ auf dem Lägerberg/ wird gegraben ein
schöner weisser Gips/ so vil anhero nacher Zürich gelieferet/ und dahier verar-
beitet wird.

Von der Hon-Hilch.

Lac Lunare, Lac Lunae, Mon-Milch/ ist eine zarte/ schneeweisse/
schwammichte/ luftige Erde/ welche hin und wider in hoher Helvetischen Ge-
birgen holen Krüften angetroffen wird/ und dem äusserlichen Ansehen nach
gantz gleich ist dem Lerchenschwamm/ deßwegen sie auch genennet wird Aga-
ricus mineralis
bey Ferr. Imperat. Hist. Natural. Lib. V. c. 41. Agaricum
saxatile,
bey Gessner. de Figur. Fossil. pag. 49. 50. und Fungus Petrae-
us l. c. Agricola de Nat. Foss. Lib. II. pag.
194. heisset dise Materi nicht
ohnfein Medullam saxorum, Steinmark/ Stenomargam, weil sie gleich ei-
nem Mark in den Hölenen der Bergen und Felsritzen liget/ und von dan-
nen weiter abgespület wird; dann sie eigentlich anders nichts ist/ als eine
subtile/ zarte/ in holen Felsgängen ligende/ und von durchfliessendem Wasser
abgespühlte/ und weiters in eine grosse offene Höle zusammen geführte/ irrdi-
sche Materi/ welche Anfangs wegen untermischten Wassers weich/ und flüs-
sig/ hernach aber je mehr und mehr ertroknet/ und erhartet. Woraus sich
alsobald erhellet/ daß diejenigen irren/ welche dises minerale halten vor Flo-
res argenti,
Silberblust/ und vermeinen/ es wachse und entstehe auß gewissen
Silberhaltigen/ von innerem Eingeweyd der Erden aufsteigenden/ und oben
widerum sich samlenden Dünsten: wann dem also were/ so müßten die
Silberreichen Sächsischen/ und Ungarischen Lande einen grossen Uberfluß
haben/ worvon man aber nichts weißt. Eher hat die Monmilch eine Ver-
wandschafft mit dem Tropfstein/ oder Stalactite, welcher/ so er in denen Hö-
lenen der Erden veraltet/ endlich seine feste/ schwere/ gypsförmige/ aus glat-
ten Spiegelthilchen bestehende Gestalt verwandlet in ein leichtes/ weisses/ der
Monmilch gleiches Wesen/ wie ich dises selbs so wol in/ als aussert Helveti-
schen Landen wahrgenommen/ weßwegen die Apoteker und Artzet zu wahrnen/
daß sie in Wehlung der Monmilch zum Artzneygebrauch behutsam seyen.
Die bißher eingeführte Nahmen und Zunahmen unserer Monmilch seynd
über 200. Jahr nicht alt: wann wir uns in denen ältesten Schrifften Diosco-
ridis,
eines Griechischen/ und Plinij, eines Lateinischen Scribenten/ umsehen/

so

der Alabaſter/ ſonder dereher und naͤher koͤt zu dem Stalactita/ oder Tropfſtein/
von dem ich verſichert bin/ daß er mit dem Gips und Marmel in naher Ver-
wandſchafft ſtehet.

Jn der Graffſchafft Baden/ auf dem Laͤgerberg/ wird gegraben ein
ſchoͤner weiſſer Gips/ ſo vil anhero nacher Zuͤrich gelieferet/ und dahier verar-
beitet wird.

Von der Hon-Hilch.

Lac Lunare, Lac Lunæ, Mon-Milch/ iſt eine zarte/ ſchneeweiſſe/
ſchwammichte/ luftige Erde/ welche hin und wider in hoher Helvetiſchen Ge-
birgen holen Kruͤften angetroffen wird/ und dem aͤuſſerlichen Anſehen nach
gantz gleich iſt dem Lerchenſchwamm/ deßwegen ſie auch genennet wird Aga-
ricus mineralis
bey Ferr. Imperat. Hiſt. Natural. Lib. V. c. 41. Agaricum
ſaxatile,
bey Geſſner. de Figur. Foſſil. pag. 49. 50. und Fungus Petræ-
us l. c. Agricola de Nat. Foſſ. Lib. II. pag.
194. heiſſet diſe Materi nicht
ohnfein Medullam ſaxorum, Steinmark/ Stenomargam, weil ſie gleich ei-
nem Mark in den Hoͤlenen der Bergen und Felsritzen liget/ und von dan-
nen weiter abgeſpuͤlet wird; dann ſie eigentlich anders nichts iſt/ als eine
ſubtile/ zarte/ in holen Felsgaͤngen ligende/ und von durchflieſſendem Waſſer
abgeſpuͤhlte/ und weiters in eine groſſe offene Hoͤle zuſammen gefuͤhrte/ irꝛdi-
ſche Materi/ welche Anfangs wegen untermiſchten Waſſers weich/ und fluͤſ-
ſig/ hernach aber je mehr und mehr ertroknet/ und erhartet. Woraus ſich
alſobald erhellet/ daß diejenigen irꝛen/ welche diſes minerale halten vor Flo-
res argenti,
Silberbluſt/ und vermeinen/ es wachſe und entſtehe auß gewiſſen
Silberhaltigen/ von innerem Eingeweyd der Erden aufſteigenden/ und oben
widerum ſich ſamlenden Duͤnſten: wann dem alſo were/ ſo muͤßten die
Silberreichen Saͤchſiſchen/ und Ungariſchen Lande einen groſſen Uberfluß
haben/ worvon man aber nichts weißt. Eher hat die Monmilch eine Ver-
wandſchafft mit dem Tropfſtein/ oder Stalactite, welcher/ ſo er in denen Hoͤ-
lenen der Erden veraltet/ endlich ſeine feſte/ ſchwere/ gypsfoͤrmige/ aus glat-
ten Spiegelthilchen beſtehende Geſtalt verwandlet in ein leichtes/ weiſſes/ der
Monmilch gleiches Weſen/ wie ich diſes ſelbs ſo wol in/ als auſſert Helveti-
ſchen Landen wahrgenommen/ weßwegen die Apoteker und Artzet zu wahrnen/
daß ſie in Wehlung der Monmilch zum Artzneygebrauch behutſam ſeyen.
Die bißher eingefuͤhrte Nahmen und Zunahmen unſerer Monmilch ſeynd
über 200. Jahr nicht alt: wann wir uns in denen aͤlteſten Schrifften Dioſco-
ridis,
eines Griechiſchen/ und Plinij, eines Lateiniſchen Scribenten/ umſehen/

ſo
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[183/0196] der Alabaſter/ ſonder dereher und naͤher koͤt zu dem Stalactita/ oder Tropfſtein/ von dem ich verſichert bin/ daß er mit dem Gips und Marmel in naher Ver- wandſchafft ſtehet. Jn der Graffſchafft Baden/ auf dem Laͤgerberg/ wird gegraben ein ſchoͤner weiſſer Gips/ ſo vil anhero nacher Zuͤrich gelieferet/ und dahier verar- beitet wird. Von der Hon-Hilch. Lac Lunare, Lac Lunæ, Mon-Milch/ iſt eine zarte/ ſchneeweiſſe/ ſchwammichte/ luftige Erde/ welche hin und wider in hoher Helvetiſchen Ge- birgen holen Kruͤften angetroffen wird/ und dem aͤuſſerlichen Anſehen nach gantz gleich iſt dem Lerchenſchwamm/ deßwegen ſie auch genennet wird Aga- ricus mineralis bey Ferr. Imperat. Hiſt. Natural. Lib. V. c. 41. Agaricum ſaxatile, bey Geſſner. de Figur. Foſſil. pag. 49. 50. und Fungus Petræ- us l. c. Agricola de Nat. Foſſ. Lib. II. pag. 194. heiſſet diſe Materi nicht ohnfein Medullam ſaxorum, Steinmark/ Stenomargam, weil ſie gleich ei- nem Mark in den Hoͤlenen der Bergen und Felsritzen liget/ und von dan- nen weiter abgeſpuͤlet wird; dann ſie eigentlich anders nichts iſt/ als eine ſubtile/ zarte/ in holen Felsgaͤngen ligende/ und von durchflieſſendem Waſſer abgeſpuͤhlte/ und weiters in eine groſſe offene Hoͤle zuſammen gefuͤhrte/ irꝛdi- ſche Materi/ welche Anfangs wegen untermiſchten Waſſers weich/ und fluͤſ- ſig/ hernach aber je mehr und mehr ertroknet/ und erhartet. Woraus ſich alſobald erhellet/ daß diejenigen irꝛen/ welche diſes minerale halten vor Flo- res argenti, Silberbluſt/ und vermeinen/ es wachſe und entſtehe auß gewiſſen Silberhaltigen/ von innerem Eingeweyd der Erden aufſteigenden/ und oben widerum ſich ſamlenden Duͤnſten: wann dem alſo were/ ſo muͤßten die Silberreichen Saͤchſiſchen/ und Ungariſchen Lande einen groſſen Uberfluß haben/ worvon man aber nichts weißt. Eher hat die Monmilch eine Ver- wandſchafft mit dem Tropfſtein/ oder Stalactite, welcher/ ſo er in denen Hoͤ- lenen der Erden veraltet/ endlich ſeine feſte/ ſchwere/ gypsfoͤrmige/ aus glat- ten Spiegelthilchen beſtehende Geſtalt verwandlet in ein leichtes/ weiſſes/ der Monmilch gleiches Weſen/ wie ich diſes ſelbs ſo wol in/ als auſſert Helveti- ſchen Landen wahrgenommen/ weßwegen die Apoteker und Artzet zu wahrnen/ daß ſie in Wehlung der Monmilch zum Artzneygebrauch behutſam ſeyen. Die bißher eingefuͤhrte Nahmen und Zunahmen unſerer Monmilch ſeynd über 200. Jahr nicht alt: wann wir uns in denen aͤlteſten Schrifften Dioſco- ridis, eines Griechiſchen/ und Plinij, eines Lateiniſchen Scribenten/ umſehen/ ſo

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/196>, abgerufen am 21.11.2024.