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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707.

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im Aberglauben zu unterhalten. Oder villeicht kommet dise irrige Einbildung
her von dem Heidenthum/ welches zu allen Zeiten vil auf wahrsagerischen
Außlegungen des Feuers gehalten. Jch achte unnöhtig/ disen von den Jrr-
liechteren gefaßten Jrrthum nach der Weitläuffigkeit zu widerlegen: weilen/
wer mit Vernunft dise Begebenheit ansihet/ denen Naturforscheren leicht
gestehet/ daß die eigentliche Ursach solcher Feuer-Geschichten bestehe in an-
gezündten schwefelichten subtilen Dünsten/ welche dannenher auch nach der
geringsten Luftbewegung sich richten/ ja gar von dem Athem sich anzeuhen/
oder wegjagen lassen. Daher ein dem höllischen Feuer-Geist angenehmer
Wahn entstanden/ daß durch das Gebätt diese Feuermänner nur desto mehr
ergrimmet/ und herzugeloket/ hingegen aber durch fluchen/ und schweeren/
weggetriben werden. Wer auß Angst vor dergleichen natürlichen Gespen-
sten bey sich selbs seufzet/ und bättet/ folgbar den Athem an sich zeuhet/ der
zeuhet auch zugleich an sich die Feuermännlein selbs; wer hingegen mit ge-
waltiger Fluch-Stimm den Luft vor sich hinweg treibet/ der jaget auch hin-
weg die Jrrwische. Hierauß ist bald zu ersehen/ daß gar nicht nöhtig zu
schweeren/ weilen man sonsten stark kan reden/ ohne Sünde/ und ein lautes/
pack dich fort/ eben so wol die Luft wegtreibet/ als ein holl dich der T. Es
halten sich dise Feuerige Männer sonderheitlich auf in morastigen/ fetten/
Ohrten/ da die Wasser still stehen/ und faulen; als da sein sumpfichte Wie-
sen/ Kirchhöfe/ Ohrte/ da vor weniger Zeit Schlachten geschehen/ und der
todten Cörperen fette Feuchtigkeiten in Dämpfe außrauchen.

Von dem Julier Berg in Pündten.

Grosse Sachen zeigen sich nicht nur in der Taht/ sondern mehrmahlen
auch in dem Nammen. Die höchsten Gebirge des Schweizerlands haben
ihre benennung von den Götteren der Heiden/ oder von den Halb-Götteren
der Römisch Catholischen/ oder von gewaltigen weltberühmten Männeren.
Jn Wallis waren die Alpes Penninae, Poeninae, Penninische Gebirge/
zu Heidnischen Zeiten dem Obersten Gott Jupiter eigen/ und wurden deß-
wegen genennet Mons Jovis, Mons Jovius, Mont-Jou: Es hat aber in
hernachfolgenden Zeiten der H. Bernhardus/ ein gewesner Convent-Bru-
der des Klosters zu Augst/ den Jupiter abgesezt/ und die Herrschaft dises
grossen Bergs auf sich genommen/ wie er dann annoch den Titul führet/ des
Grossen St. Bernhards-Bergs/ zum unterscheid der Graischen
Alpen/
welche genennet werden der Kleine St. Bernhards-Berg.
Der Kriegerische Mars legte seinen Nammen auf einem Berg in Nider-
wallis (Martis Mons,) so nun Foe heisset/ in Jtaliänisch Maggana, und von
Grenchen und Visp führet ins Sesserthal etc.

P. S. Es wird diser Berg mit denen darauf befindtlichen Röm, Säulen vorgestellet in der III. Tab.
kostet 2. ß.

im Aberglauben zu unterhalten. Oder villeicht kom̃et diſe irꝛige Einbildung
her von dem Heidenthum/ welches zu allen Zeiten vil auf wahrſageriſchen
Außlegungen des Feuers gehalten. Jch achte unnoͤhtig/ diſen von den Jrꝛ-
liechteren gefaßten Jrꝛthum nach der Weitlaͤuffigkeit zu widerlegen: weilen/
wer mit Vernunft diſe Begebenheit anſihet/ denen Naturforſcheren leicht
geſtehet/ daß die eigentliche Urſach ſolcher Feuer-Geſchichten beſtehe in an-
gezündten ſchwefelichten ſubtilen Dünſten/ welche dannenher auch nach der
geringſten Luftbewegung ſich richten/ ja gar von dem Athem ſich anzeuhen/
oder wegjagen laſſen. Daher ein dem hoͤlliſchen Feuer-Geiſt angenehmer
Wahn entſtanden/ daß durch das Gebaͤtt dieſe Feuermaͤnner nur deſto mehr
ergrimmet/ und herzugeloket/ hingegen aber durch fluchen/ und ſchweeren/
weggetriben werden. Wer auß Angſt vor dergleichen natuͤrlichen Geſpen-
ſten bey ſich ſelbs ſeufzet/ und baͤttet/ folgbar den Athem an ſich zeuhet/ der
zeuhet auch zugleich an ſich die Feuermaͤnnlein ſelbs; wer hingegen mit ge-
waltiger Fluch-Stimm den Luft vor ſich hinweg treibet/ der jaget auch hin-
weg die Jrꝛwiſche. Hierauß iſt bald zu erſehen/ daß gar nicht noͤhtig zu
ſchweeren/ weilen man ſonſten ſtark kan reden/ ohne Suͤnde/ und ein lautes/
pack dich fort/ eben ſo wol die Luft wegtreibet/ als ein holl dich der T. Es
halten ſich diſe Feuerige Maͤnner ſonderheitlich auf in moraſtigen/ fetten/
Ohrten/ da die Waſſer ſtill ſtehen/ und faulen; als da ſein ſumpfichte Wie-
ſen/ Kirchhoͤfe/ Ohrte/ da vor weniger Zeit Schlachten geſchehen/ und der
todten Coͤrperen fette Feuchtigkeiten in Daͤmpfe außrauchen.

Von dem Julier Berg in Pündten.

Groſſe Sachen zeigen ſich nicht nur in der Taht/ ſondern mehrmahlen
auch in dem Nammen. Die hoͤchſten Gebirge des Schweizerlands haben
ihre benennung von den Goͤtteren der Heiden/ oder von den Halb-Goͤtteren
der Roͤmiſch Catholiſchen/ oder von gewaltigen weltberuͤhmten Maͤnneren.
Jn Wallis waren die Alpes Penninæ, Pœninæ, Penniniſche Gebirge/
zu Heidniſchen Zeiten dem Oberſten Gott Jupiter eigen/ und wurden deß-
wegen genennet Mons Jovis, Mons Jovius, Mont-Jou: Es hat aber in
hernachfolgenden Zeiten der H. Bernhardus/ ein geweſner Convent-Bru-
der des Kloſters zu Augſt/ den Jupiter abgeſezt/ und die Herꝛſchaft diſes
groſſen Bergs auf ſich genommen/ wie er dann annoch den Titul fuͤhret/ des
Groſſen St. Bernhards-Bergs/ zum unterſcheid der Graiſchen
Alpen/
welche genennet werden der Kleine St. Bernhards-Berg.
Der Kriegeriſche Mars legte ſeinen Nammen auf einem Berg in Nider-
wallis (Martis Mons,) ſo nun Foe heiſſet/ in Jtaliaͤniſch Maggana, und von
Grenchen und Viſp fuͤhret ins Seſſerthal ꝛc.

P. S. Es wird diſer Berg mit denen darauf befindtlichen Roͤm, Saͤulen vorgeſtellet in der III. Tab.
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[84/0093] im Aberglauben zu unterhalten. Oder villeicht kom̃et diſe irꝛige Einbildung her von dem Heidenthum/ welches zu allen Zeiten vil auf wahrſageriſchen Außlegungen des Feuers gehalten. Jch achte unnoͤhtig/ diſen von den Jrꝛ- liechteren gefaßten Jrꝛthum nach der Weitlaͤuffigkeit zu widerlegen: weilen/ wer mit Vernunft diſe Begebenheit anſihet/ denen Naturforſcheren leicht geſtehet/ daß die eigentliche Urſach ſolcher Feuer-Geſchichten beſtehe in an- gezündten ſchwefelichten ſubtilen Dünſten/ welche dannenher auch nach der geringſten Luftbewegung ſich richten/ ja gar von dem Athem ſich anzeuhen/ oder wegjagen laſſen. Daher ein dem hoͤlliſchen Feuer-Geiſt angenehmer Wahn entſtanden/ daß durch das Gebaͤtt dieſe Feuermaͤnner nur deſto mehr ergrimmet/ und herzugeloket/ hingegen aber durch fluchen/ und ſchweeren/ weggetriben werden. Wer auß Angſt vor dergleichen natuͤrlichen Geſpen- ſten bey ſich ſelbs ſeufzet/ und baͤttet/ folgbar den Athem an ſich zeuhet/ der zeuhet auch zugleich an ſich die Feuermaͤnnlein ſelbs; wer hingegen mit ge- waltiger Fluch-Stimm den Luft vor ſich hinweg treibet/ der jaget auch hin- weg die Jrꝛwiſche. Hierauß iſt bald zu erſehen/ daß gar nicht noͤhtig zu ſchweeren/ weilen man ſonſten ſtark kan reden/ ohne Suͤnde/ und ein lautes/ pack dich fort/ eben ſo wol die Luft wegtreibet/ als ein holl dich der T. Es halten ſich diſe Feuerige Maͤnner ſonderheitlich auf in moraſtigen/ fetten/ Ohrten/ da die Waſſer ſtill ſtehen/ und faulen; als da ſein ſumpfichte Wie- ſen/ Kirchhoͤfe/ Ohrte/ da vor weniger Zeit Schlachten geſchehen/ und der todten Coͤrperen fette Feuchtigkeiten in Daͤmpfe außrauchen. Von dem Julier Berg in Pündten. Groſſe Sachen zeigen ſich nicht nur in der Taht/ ſondern mehrmahlen auch in dem Nammen. Die hoͤchſten Gebirge des Schweizerlands haben ihre benennung von den Goͤtteren der Heiden/ oder von den Halb-Goͤtteren der Roͤmiſch Catholiſchen/ oder von gewaltigen weltberuͤhmten Maͤnneren. Jn Wallis waren die Alpes Penninæ, Pœninæ, Penniniſche Gebirge/ zu Heidniſchen Zeiten dem Oberſten Gott Jupiter eigen/ und wurden deß- wegen genennet Mons Jovis, Mons Jovius, Mont-Jou: Es hat aber in hernachfolgenden Zeiten der H. Bernhardus/ ein geweſner Convent-Bru- der des Kloſters zu Augſt/ den Jupiter abgeſezt/ und die Herꝛſchaft diſes groſſen Bergs auf ſich genommen/ wie er dann annoch den Titul fuͤhret/ des Groſſen St. Bernhards-Bergs/ zum unterſcheid der Graiſchen Alpen/ welche genennet werden der Kleine St. Bernhards-Berg. Der Kriegeriſche Mars legte ſeinen Nammen auf einem Berg in Nider- wallis (Martis Mons,) ſo nun Foe heiſſet/ in Jtaliaͤniſch Maggana, und von Grenchen und Viſp fuͤhret ins Seſſerthal ꝛc. P. S. Es wird diſer Berg mit denen darauf befindtlichen Roͤm, Saͤulen vorgeſtellet in der III. Tab. koſtet 2. ß.

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/93>, abgerufen am 24.11.2024.