Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite
N. 40.)



Schweizerische
Berg-Reisen.


NAch der Zeit habe dises Jnstrument zu Hauß gelassen/ weilen
mir erstlich die Erfahrung gezeiget/ und hernach auch die Vernunft/
daß die Geometrischen Jnstrument theils beschwerlich/ theils betrug-
lich/ und die darmit vorgenommene Meßarten an disem Ort unzulänglich
seyen. Hier habe nicht können zurechtkommen wegen enge der Thäleren/
dort wegen allzu grosser haldung ihrer Flächen: welche mir selten zugelassen/
eine nach proportion der Höhe in eine Horizontal Länge sich zeuhende Stand-
lini zusezen. Beneben war mir unverborgen/ daß ein Fehler von etlichen
Minuten/ welcher sonderlich bey Jnstrumenten von kleinem Durchmesser
fast unaußbleiblich/ an der Senkelrechten begehrten Höhe der Bergen von
merklichem Nachtruk ist. Diß alles aber hette mich noch nicht abwendig
gemachet von dem Gebrauch diser Meßart/ wann nicht in reiffer Nachtrach-
tung wichtigere Gründe gefunden hette/ darvon abzustehen. Jch gewahre-
te/ obgleich allen möglichen Fleiß bey denen Operationen angewendet/ daß
die Berge nach gemachter Triangel-Rechnung vil höher herauß kommen/ als
sonst Natürlich möglich/ oder dem blossen Ansehen wahrscheinlich/ oder mit
anderen Proben zuvergleichen/ war. Jn mehrerem nachdenken beredte mich/
daß die Sonnen- oder Liecht-Stralen/ welche von denen Spizen der Ber-
gen in die Thäler fallen/ und bisher von denen Geometris, oder Feldmesseren
angesehen worden vor Gerade Linien/ auß unzehlich vil graden gebrochenen/
oder krummen/ Linien bestehen. Es lasset sich die Sach folgender Gestalt
fassen/ in Fig. I. ist M B die Senkelrechte/ eigentliche Höhe des Bergs/ des-
sen Spize gesehen wird von dem Feldmesser O. zwischen B. und M ist die
Luft nicht gleicher Beschaffenheit in ansehung ihrer Dichte und Dünnheit.
Unten/ in dem Thal von HL bis in MO ist die Luft dicht/ weilen auf ihro liget
die ganze übrige Dunst-Kugel/ oder Atmosphaera, dünner aber/ oder weni-
ger zusamen getruckt/ ist sie zwischen DF. und HL. weil ein geringeres Ge-
wicht auf ihro liget; noch dünner/ oder außgedehnter/ ist sie zwischen CB und
DF. dise verschiedene Absätze der Dichte und Dünnheit/ als so vil unterschied-
liche media, durch welche die Liechts-Stralen passiren müssen/ verursachen
eine unzehlich vilfaltige Bruchstralung/ Refractionem, oder machen/ das zum

Exempel
N. 40.)



Schweizeriſche
Berg-Reiſen.


NAch der Zeit habe diſes Jnſtrument zu Hauß gelaſſen/ weilen
mir erſtlich die Erfahrung gezeiget/ und hernach auch die Vernunft/
daß die Geometriſchen Jnſtrument theils beſchwerlich/ theils betrug-
lich/ und die darmit vorgenommene Meßarten an diſem Ort unzulaͤnglich
ſeyen. Hier habe nicht koͤnnen zurechtkommen wegen enge der Thaͤleren/
dort wegen allzu groſſer haldung ihrer Flaͤchen: welche mir ſelten zugelaſſen/
eine nach proportion der Hoͤhe in eine Horizontal Laͤnge ſich zeuhende Stand-
lini zuſezen. Beneben war mir unverborgen/ daß ein Fehler von etlichen
Minuten/ welcher ſonderlich bey Jnſtrumenten von kleinem Durchmeſſer
faſt unaußbleiblich/ an der Senkelrechten begehrten Hoͤhe der Bergen von
merklichem Nachtruk iſt. Diß alles aber hette mich noch nicht abwendig
gemachet von dem Gebrauch diſer Meßart/ wann nicht in reiffer Nachtrach-
tung wichtigere Gruͤnde gefunden hette/ darvon abzuſtehen. Jch gewahre-
te/ obgleich allen moͤglichen Fleiß bey denen Operationen angewendet/ daß
die Berge nach gemachter Triangel-Rechnung vil hoͤher herauß kommen/ als
ſonſt Natuͤrlich moͤglich/ oder dem bloſſen Anſehen wahrſcheinlich/ oder mit
anderen Proben zuvergleichen/ war. Jn mehrerem nachdenken beredte mich/
daß die Sonnen- oder Liecht-Stralen/ welche von denen Spizen der Ber-
gen in die Thaͤler fallen/ und bisher von denen Geometris, oder Feldmeſſeren
angeſehen worden vor Gerade Linien/ auß unzehlich vil graden gebrochenen/
oder krummen/ Linien beſtehen. Es laſſet ſich die Sach folgender Geſtalt
faſſen/ in Fig. I. iſt M B die Senkelrechte/ eigentliche Hoͤhe des Bergs/ deſ-
ſen Spize geſehen wird von dem Feldmeſſer O. zwiſchen B. und M iſt die
Luft nicht gleicher Beſchaffenheit in anſehung ihrer Dichte und Duͤnnheit.
Unten/ in dem Thal von HL bis in MO iſt die Luft dicht/ weilen auf ihro liget
die ganze uͤbrige Dunſt-Kugel/ oder Atmoſphæra, duͤnner aber/ oder weni-
ger zuſamen getruckt/ iſt ſie zwiſchen DF. und HL. weil ein geringeres Ge-
wicht auf ihro liget; noch dünner/ oder außgedehnter/ iſt ſie zwiſchen CB und
DF. diſe verſchiedene Abſaͤtze der Dichte und Duͤnnheit/ als ſo vil unterſchied-
liche media, durch welche die Liechts-Stralen paſſiren muͤſſen/ verurſachen
eine unzehlich vilfaltige Bruchſtralung/ Refractionem, oder machen/ das zum

Exempel
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0188" n="157"/>
      <fw place="top" type="header">N. 40.)</fw>
      <div n="1">
        <dateline> <hi rendition="#et">(Den 5. <hi rendition="#aq">Octobr.</hi> 1707</hi> </dateline><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Schweizeri&#x017F;che</hi><lb/>
Berg-Rei&#x017F;en.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p><hi rendition="#in">N</hi>Ach der Zeit habe di&#x017F;es Jn&#x017F;trument zu Hauß gela&#x017F;&#x017F;en/ weilen<lb/>
mir er&#x017F;tlich die Erfahrung gezeiget/ und hernach auch die Vernunft/<lb/>
daß die <hi rendition="#aq">Geometri</hi>&#x017F;chen Jn&#x017F;trument theils be&#x017F;chwerlich/ theils betrug-<lb/>
lich/ und die darmit vorgenommene Meßarten an di&#x017F;em Ort unzula&#x0364;nglich<lb/>
&#x017F;eyen. Hier habe nicht ko&#x0364;nnen zurechtkommen wegen enge der Tha&#x0364;leren/<lb/>
dort wegen allzu gro&#x017F;&#x017F;er haldung ihrer Fla&#x0364;chen: welche mir &#x017F;elten zugela&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
eine nach <hi rendition="#aq">proportion</hi> der Ho&#x0364;he in eine <hi rendition="#aq">Horizontal</hi> La&#x0364;nge &#x017F;ich zeuhende Stand-<lb/>
lini zu&#x017F;ezen. Beneben war mir unverborgen/ daß ein Fehler von etlichen<lb/>
Minuten/ welcher &#x017F;onderlich bey Jn&#x017F;trumenten von kleinem Durchme&#x017F;&#x017F;er<lb/>
fa&#x017F;t unaußbleiblich/ an der Senkelrechten begehrten Ho&#x0364;he der Bergen von<lb/>
merklichem Nachtruk i&#x017F;t. Diß alles aber hette mich noch nicht abwendig<lb/>
gemachet von dem Gebrauch di&#x017F;er Meßart/ wann nicht in reiffer Nachtrach-<lb/>
tung wichtigere Gru&#x0364;nde gefunden hette/ darvon abzu&#x017F;tehen. Jch gewahre-<lb/>
te/ obgleich allen mo&#x0364;glichen Fleiß bey denen <hi rendition="#aq">Operation</hi>en angewendet/ daß<lb/>
die Berge nach gemachter Triangel-Rechnung vil ho&#x0364;her herauß kommen/ als<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t Natu&#x0364;rlich mo&#x0364;glich/ oder dem blo&#x017F;&#x017F;en An&#x017F;ehen wahr&#x017F;cheinlich/ oder mit<lb/>
anderen Proben zuvergleichen/ war. Jn mehrerem nachdenken beredte mich/<lb/>
daß die Sonnen- oder Liecht-Stralen/ welche von denen Spizen der Ber-<lb/>
gen in die Tha&#x0364;ler fallen/ und bisher von denen <hi rendition="#aq">Geometris,</hi> oder Feldme&#x017F;&#x017F;eren<lb/>
ange&#x017F;ehen worden vor Gerade Linien/ auß unzehlich vil graden gebrochenen/<lb/>
oder krummen/ Linien be&#x017F;tehen. Es la&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich die Sach folgender Ge&#x017F;talt<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;en/ in <hi rendition="#aq">Fig. I.</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">M B</hi> die Senkelrechte/ eigentliche Ho&#x0364;he des Bergs/ de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Spize ge&#x017F;ehen wird von dem Feldme&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">O.</hi> zwi&#x017F;chen <hi rendition="#aq">B.</hi> und <hi rendition="#aq">M</hi> i&#x017F;t die<lb/>
Luft nicht gleicher Be&#x017F;chaffenheit in an&#x017F;ehung ihrer Dichte und Du&#x0364;nnheit.<lb/>
Unten/ in dem Thal von <hi rendition="#aq">HL</hi> bis in <hi rendition="#aq">MO</hi> i&#x017F;t die Luft dicht/ weilen auf ihro liget<lb/>
die ganze u&#x0364;brige Dun&#x017F;t-Kugel/ oder <hi rendition="#aq">Atmo&#x017F;phæra,</hi> du&#x0364;nner aber/ oder weni-<lb/>
ger zu&#x017F;amen getruckt/ i&#x017F;t &#x017F;ie zwi&#x017F;chen <hi rendition="#aq">DF.</hi> und <hi rendition="#aq">HL.</hi> weil ein geringeres Ge-<lb/>
wicht auf ihro liget; noch dünner/ oder außgedehnter/ i&#x017F;t &#x017F;ie zwi&#x017F;chen <hi rendition="#aq">CB</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">DF.</hi> di&#x017F;e ver&#x017F;chiedene Ab&#x017F;a&#x0364;tze der Dichte und Du&#x0364;nnheit/ als &#x017F;o vil unter&#x017F;chied-<lb/>
liche <hi rendition="#aq">media,</hi> durch welche die Liechts-Stralen pa&#x017F;&#x017F;iren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ verur&#x017F;achen<lb/>
eine unzehlich vilfaltige Bruch&#x017F;tralung/ <hi rendition="#aq">Refractionem,</hi> oder machen/ das zum<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Exempel</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0188] N. 40.) (Den 5. Octobr. 1707 Schweizeriſche Berg-Reiſen. NAch der Zeit habe diſes Jnſtrument zu Hauß gelaſſen/ weilen mir erſtlich die Erfahrung gezeiget/ und hernach auch die Vernunft/ daß die Geometriſchen Jnſtrument theils beſchwerlich/ theils betrug- lich/ und die darmit vorgenommene Meßarten an diſem Ort unzulaͤnglich ſeyen. Hier habe nicht koͤnnen zurechtkommen wegen enge der Thaͤleren/ dort wegen allzu groſſer haldung ihrer Flaͤchen: welche mir ſelten zugelaſſen/ eine nach proportion der Hoͤhe in eine Horizontal Laͤnge ſich zeuhende Stand- lini zuſezen. Beneben war mir unverborgen/ daß ein Fehler von etlichen Minuten/ welcher ſonderlich bey Jnſtrumenten von kleinem Durchmeſſer faſt unaußbleiblich/ an der Senkelrechten begehrten Hoͤhe der Bergen von merklichem Nachtruk iſt. Diß alles aber hette mich noch nicht abwendig gemachet von dem Gebrauch diſer Meßart/ wann nicht in reiffer Nachtrach- tung wichtigere Gruͤnde gefunden hette/ darvon abzuſtehen. Jch gewahre- te/ obgleich allen moͤglichen Fleiß bey denen Operationen angewendet/ daß die Berge nach gemachter Triangel-Rechnung vil hoͤher herauß kommen/ als ſonſt Natuͤrlich moͤglich/ oder dem bloſſen Anſehen wahrſcheinlich/ oder mit anderen Proben zuvergleichen/ war. Jn mehrerem nachdenken beredte mich/ daß die Sonnen- oder Liecht-Stralen/ welche von denen Spizen der Ber- gen in die Thaͤler fallen/ und bisher von denen Geometris, oder Feldmeſſeren angeſehen worden vor Gerade Linien/ auß unzehlich vil graden gebrochenen/ oder krummen/ Linien beſtehen. Es laſſet ſich die Sach folgender Geſtalt faſſen/ in Fig. I. iſt M B die Senkelrechte/ eigentliche Hoͤhe des Bergs/ deſ- ſen Spize geſehen wird von dem Feldmeſſer O. zwiſchen B. und M iſt die Luft nicht gleicher Beſchaffenheit in anſehung ihrer Dichte und Duͤnnheit. Unten/ in dem Thal von HL bis in MO iſt die Luft dicht/ weilen auf ihro liget die ganze uͤbrige Dunſt-Kugel/ oder Atmoſphæra, duͤnner aber/ oder weni- ger zuſamen getruckt/ iſt ſie zwiſchen DF. und HL. weil ein geringeres Ge- wicht auf ihro liget; noch dünner/ oder außgedehnter/ iſt ſie zwiſchen CB und DF. diſe verſchiedene Abſaͤtze der Dichte und Duͤnnheit/ als ſo vil unterſchied- liche media, durch welche die Liechts-Stralen paſſiren muͤſſen/ verurſachen eine unzehlich vilfaltige Bruchſtralung/ Refractionem, oder machen/ das zum Exempel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/188
Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/188>, abgerufen am 27.11.2024.