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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.

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war mit der Ax der Sonnenstraß selbs/ welche nun 231/2. Grad von jener/ oder
der Weltax/ entfehrnet. Auf diser ersten Erden regierte ein beständig stille/
angenehme Frühling Luft; aller Ohrten war alles fruchtbar; Ein durchge-
hendes Paradiß: die Menschen erstrekten gemeinlich ihr alter auf etlich 100.
Jahr. Die Luft wurde nicht beunruhiget durch starke Plazregen/ Hagel/ und
andere Ungewitter. Die Flüsse flossen sanft von beyden Polis gegen der Mit-
te/ und wurden alldort unter dem AEquatore in sandichter heisser Erde ver-
schlungen. Auf ganzer Erde ware das ganze Jahr aus eine beständige gleich-
heit der Nächten und Tägen. Jn solcher/ bißher beschriebener/ Gestalt bliebe
die Erde biß zum Sündfluß. Nach und nach aber wurde disere obere Erden-
rinde durch unnachläßliche Sonnenhiz/ und immer aus dem Abgrund auf-
steigende Wasser dünste also theils ausgesogen/ theils weich gemachet/ daß sie
hin und wider Spält geworffen/ und endtlich/ nachdem die Maß der ersten
Sündenwelt voll war/ aus gerechter Verhängnuß Gottes durch natürliche
Ursachen zerstöret. Es fiele dises Erdengewölb ein. Es brachen alle
Brunnen der grossen Tieffe/
des Tehom-rabbah, oder Abgrunds/ auf/
und tähten sich auf die fenster des Himmels/ und kam ein Re-
gen auf Erden vierzig Tage/ und vierzig Nächte.
Gen. VII. 11.
Also ward die Erde/ welche aus dem Wasser bestanden ist/ durch
Gottes Wort/ mit dem Wasser ertrenkrund verdorben.
2. Petr.
III.
5. 6. Von disem Einbruch- oder Einfahl/ der ausseren Erden/ hat ihren
Ursprung/ oder Anfang/ genommen die jezige unebene/ in Berge/ Thäler/
Meer/ und Flüsse abgetheilte Erde. Nicht nur verenderte sich die ganze
aussere Gestalt/ sondern sie selbs senkte die Ax ihrer Ecliptic umb 231/2. Grad
von der Weltax ab/ und entstuhnden daher die Ungleichheiten der Nächten/
und Tägen/ so auch der Jahrzeiten/ des Frühlings/ Sommers/ Winters und
Herbsts. Was ins besonders antrift den Ursprung der Bergen/ mit welchen
wir dißmal uns vornemlich beschäftigen/ ist derselbe auß denen Burnetiani-
schen Grundsäzen ohnschwer zufassen. Da das Erdengewölbe eingefallen/
haben sich einige Stüker in die Tieffe des Abgrunds gesenkt/ andere aber/ wel-
che ohngefehr einander entgegen gefallen/ haben sich gegen einander gestützet/
des falls erwehret/ und hernach die aussere abhaldige/ trokene Erde/ ins beson-
der die Bergspitze gestaltet/ welche hiemit anzusehen seyn/ als übrige Säulen
eines eingefallenen/ und gebrochenen Gebäus/ welche einander aufgehalten.
Es lasset sich auß disem Grundsatzleicht abnehmen/ warum die Gestalt der
Bergen allgemächlich sich zuspitze/ und ohne Ordnung eingefallene Mauren
eines zerbrochenen Gebäus vorstelle? warum die Berge inwendig hol? wa-
rum die Bergichte Länder gemeinlich denen Erdbidmen unterworffen? und
bey denenselben etwann ganze Stätte/ und Länder/ einsinken? woher ent-

stan-

war mit der Ax der Sonnenſtraß ſelbs/ welche nun 23½. Grad von jener/ oder
der Weltax/ entfehrnet. Auf diſer erſten Erden regierte ein beſtaͤndig ſtille/
angenehme Fruͤhling Luft; aller Ohrten war alles fruchtbar; Ein durchge-
hendes Paradiß: die Menſchen erſtrekten gemeinlich ihr alter auf etlich 100.
Jahr. Die Luft wurde nicht beunruhiget durch ſtarke Plazregen/ Hagel/ und
andere Ungewitter. Die Fluͤſſe floſſen ſanft von beyden Polis gegen der Mit-
te/ und wurden alldort unter dem Æquatore in ſandichter heiſſer Erde ver-
ſchlungen. Auf ganzer Erde ware das ganze Jahr aus eine beſtaͤndige gleich-
heit der Naͤchten und Taͤgen. Jn ſolcher/ bißher beſchriebener/ Geſtalt bliebe
die Erde biß zum Suͤndfluß. Nach und nach aber wurde diſere obere Erden-
rinde durch unnachlaͤßliche Sonnenhiz/ und immer aus dem Abgrund auf-
ſteigende Waſſer duͤnſte alſo theils ausgeſogen/ theils weich gemachet/ daß ſie
hin und wider Spaͤlt geworffen/ und endtlich/ nachdem die Maß der erſten
Suͤndenwelt voll war/ aus gerechter Verhaͤngnuß Gottes durch natuͤrliche
Urſachen zerſtoͤret. Es fiele diſes Erdengewoͤlb ein. Es brachen alle
Brunnen der groſſen Tieffe/
des Tehom-rabbah, oder Abgrunds/ auf/
und taͤhten ſich auf die fenſter des Himmels/ und kam ein Re-
gen auf Erden vierzig Tage/ und vierzig Naͤchte.
Gen. VII. 11.
Alſo ward die Erde/ welche aus dem Waſſer beſtanden iſt/ durch
Gottes Wort/ mit dem Waſſer ertrenkrund verdorben.
2. Petr.
III.
5. 6. Von diſem Einbruch- oder Einfahl/ der auſſeren Erden/ hat ihren
Urſprung/ oder Anfang/ genommen die jezige unebene/ in Berge/ Thaͤler/
Meer/ und Fluͤſſe abgetheilte Erde. Nicht nur verenderte ſich die ganze
auſſere Geſtalt/ ſondern ſie ſelbs ſenkte die Ax ihrer Ecliptic umb 23½. Grad
von der Weltax ab/ und entſtuhnden daher die Ungleichheiten der Naͤchten/
und Taͤgen/ ſo auch der Jahrzeiten/ des Fruͤhlings/ Sommers/ Winters und
Herbſts. Was ins beſonders antrift den Urſprung der Bergen/ mit welchen
wir dißmal uns vornemlich beſchaͤftigen/ iſt derſelbe auß denen Burnetiani-
ſchen Grundſaͤzen ohnſchwer zufaſſen. Da das Erdengewoͤlbe eingefallen/
haben ſich einige Stuͤker in die Tieffe des Abgrunds geſenkt/ andere aber/ wel-
che ohngefehr einander entgegen gefallen/ haben ſich gegen einander geſtuͤtzet/
des falls erwehret/ und hernach die auſſere abhaldige/ trokene Erde/ ins beſon-
der die Bergſpitze geſtaltet/ welche hiemit anzuſehen ſeyn/ als uͤbrige Saͤulen
eines eingefallenen/ und gebrochenen Gebaͤus/ welche einander aufgehalten.
Es laſſet ſich auß diſem Grundſatzleicht abnehmen/ warum die Geſtalt der
Bergen allgemaͤchlich ſich zuſpitze/ und ohne Ordnung eingefallene Mauren
eines zerbrochenen Gebaͤus vorſtelle? warum die Berge inwendig hol? wa-
rum die Bergichte Laͤnder gemeinlich denen Erdbidmen unterworffen? und
bey denenſelben etwann ganze Staͤtte/ und Laͤnder/ einſinken? woher ent-

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[187/0221] war mit der Ax der Sonnenſtraß ſelbs/ welche nun 23½. Grad von jener/ oder der Weltax/ entfehrnet. Auf diſer erſten Erden regierte ein beſtaͤndig ſtille/ angenehme Fruͤhling Luft; aller Ohrten war alles fruchtbar; Ein durchge- hendes Paradiß: die Menſchen erſtrekten gemeinlich ihr alter auf etlich 100. Jahr. Die Luft wurde nicht beunruhiget durch ſtarke Plazregen/ Hagel/ und andere Ungewitter. Die Fluͤſſe floſſen ſanft von beyden Polis gegen der Mit- te/ und wurden alldort unter dem Æquatore in ſandichter heiſſer Erde ver- ſchlungen. Auf ganzer Erde ware das ganze Jahr aus eine beſtaͤndige gleich- heit der Naͤchten und Taͤgen. Jn ſolcher/ bißher beſchriebener/ Geſtalt bliebe die Erde biß zum Suͤndfluß. Nach und nach aber wurde diſere obere Erden- rinde durch unnachlaͤßliche Sonnenhiz/ und immer aus dem Abgrund auf- ſteigende Waſſer duͤnſte alſo theils ausgeſogen/ theils weich gemachet/ daß ſie hin und wider Spaͤlt geworffen/ und endtlich/ nachdem die Maß der erſten Suͤndenwelt voll war/ aus gerechter Verhaͤngnuß Gottes durch natuͤrliche Urſachen zerſtoͤret. Es fiele diſes Erdengewoͤlb ein. Es brachen alle Brunnen der groſſen Tieffe/ des Tehom-rabbah, oder Abgrunds/ auf/ und taͤhten ſich auf die fenſter des Himmels/ und kam ein Re- gen auf Erden vierzig Tage/ und vierzig Naͤchte. Gen. VII. 11. Alſo ward die Erde/ welche aus dem Waſſer beſtanden iſt/ durch Gottes Wort/ mit dem Waſſer ertrenkrund verdorben. 2. Petr. III. 5. 6. Von diſem Einbruch- oder Einfahl/ der auſſeren Erden/ hat ihren Urſprung/ oder Anfang/ genommen die jezige unebene/ in Berge/ Thaͤler/ Meer/ und Fluͤſſe abgetheilte Erde. Nicht nur verenderte ſich die ganze auſſere Geſtalt/ ſondern ſie ſelbs ſenkte die Ax ihrer Ecliptic umb 23½. Grad von der Weltax ab/ und entſtuhnden daher die Ungleichheiten der Naͤchten/ und Taͤgen/ ſo auch der Jahrzeiten/ des Fruͤhlings/ Sommers/ Winters und Herbſts. Was ins beſonders antrift den Urſprung der Bergen/ mit welchen wir dißmal uns vornemlich beſchaͤftigen/ iſt derſelbe auß denen Burnetiani- ſchen Grundſaͤzen ohnſchwer zufaſſen. Da das Erdengewoͤlbe eingefallen/ haben ſich einige Stuͤker in die Tieffe des Abgrunds geſenkt/ andere aber/ wel- che ohngefehr einander entgegen gefallen/ haben ſich gegen einander geſtuͤtzet/ des falls erwehret/ und hernach die auſſere abhaldige/ trokene Erde/ ins beſon- der die Bergſpitze geſtaltet/ welche hiemit anzuſehen ſeyn/ als uͤbrige Saͤulen eines eingefallenen/ und gebrochenen Gebaͤus/ welche einander aufgehalten. Es laſſet ſich auß diſem Grundſatzleicht abnehmen/ warum die Geſtalt der Bergen allgemaͤchlich ſich zuſpitze/ und ohne Ordnung eingefallene Mauren eines zerbrochenen Gebaͤus vorſtelle? warum die Berge inwendig hol? wa- rum die Bergichte Laͤnder gemeinlich denen Erdbidmen unterworffen? und bey denenſelben etwann ganze Staͤtte/ und Laͤnder/ einſinken? woher ent- ſtan-

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/221>, abgerufen am 24.11.2024.