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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.

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standen ganze Bergreyen/ welche gleich Ketten die ganze Erden umfassen?
Disere Grundlehr Burnetij funde bald/ wie sie neu/ und mit allerhand/ von al-
len Ohrten her zusamen gezogenen Gründen/ treflich/ mit schöner Schreibart/
außgeschmuket gewesen/ einen grossen Ruhm in der gelehrten Welt; aber auch
vil/ welche dises Burnetianische Erdengebäu möglichster massen einzureissen
getrachtet/ einen Herbert, Warren, Beaumont, einen St. Clair, einen Mark,
Bussing, Bircherodium,
welche ihme offentlich den Krieg angekündet/ vil an-
dere/ welche mit verdekten Nahmen wider ihn geschrieben; der einte Theolo-
gisch/ zum Schutz der H. Schrift/ ins besonder Mosis, dessen Ansehen Burnet
in den Augen einiger eyfriger Gotteslehreren ring zuachten scheinet: ein ande-
rer führet sich auf/ als einen Philosophum, oder Naturlehrer/ und greift vor-
nemlich an seinen Erdenbau: ein dritter nimmet ins besonder vor sich die erste
Situation der Erden in Ansehung der übrigen Welt: ein vierter streitet mit
Geist- und Natürlichen Waffen; so daß Hr. Burnet gleich ist einer Zielschei-
be/ nach welcher jedermann sein Geschoß richtet. Jch meines Ohrts unterste-
he mich nicht/ gegen einem solchen Mann/ wie Burnet ist/ offentlich ins Feld
zulassen/ um so vil weniger wurde es tuhn/ weilen vil schöne Sachen in seinen
Schriften finde/ obgleich frey bekenne/ daß auch vil Sachen/ welche absonder-
lich die verenderte Gestalt der ausseren Erden angehen/ mir nicht ein wollen.
Sein ganzes Systema, oder Grundgebäu/ hat einen schönen Schein/ es komt
mir aber vor/ als ob es mehr aufgeführt were nach denen Reglen seines Ge-
hirns/ und Einbildung/ als nach der Richtschnur der Natur selbs. Dise gan-
ze Gestalt der ausseren Erden/ absonderlich der Bergen und Thäleren/ kom-
met ihm vor als ein Sach/ welche par hazard bey dem Einfall der obern Er-
denrinde entstanden/ da ich hingegen darvor halte/ und hin und wider bereits
dargetahn habe/ daß die ganze aussere Erde/ absonderlich alle Berge/ Felsen/
Hölinen/ also/ wie sie stehen/ von Gott selbs angeordnet/ und gebauet/ zwar
auch durch Einfall/ ein rechtes Meisterstuk göttlicher Allmacht/ Weißheit/ und
Güte seyen; daß die Erde/ und Berge/ nicht ungestalt/ sondern in ihren vilfal-
tigen Abenderungen einensonderlich schön gezierten Schauplaz darstellen/ daß
nichts überflüssig/ sondern alles zu gewissem Absehen/ und Gebrauch diene.
Daß man bey genauer Untersuchung genug Wasser in dem Abgrunde/ und
den Meeren antreffe zu Uberschwemmung der höchsten Bergen/ ohne mit Bur-
netio
einen neuen Erdbau außzudenken/ oder mit einichen Theologen aus
mangel anwesender natürlicher Ursachen die Allmacht Gottes anzuruffen. Das
die Ueberbleibselen der Sündfluth/ auf welche wir/ als auft in festes Funda-
ment müssen unsere Ver-nunft-Schlüsse von dem Unterscheid der ersten/ und
zweyten Erden/ bauen/ das Burnetianische Gebaü von selbs niderwerffen. Daß
eine beständige gleiche Wärme/ wie solche Burnet sich vorbildet/ die erste Erde
nicht nur nit zu einem Paradeiß/ sondern vilmehr zu einer Wüsteney gemachet
hette.

ſtanden ganze Bergreyen/ welche gleich Ketten die ganze Erden umfaſſen?
Diſere Grundlehr Burnetij funde bald/ wie ſie neu/ und mit allerhand/ von al-
len Ohrten her zuſamen gezogenen Gruͤnden/ treflich/ mit ſchoͤner Schreibart/
außgeſchmuket geweſen/ einen groſſen Ruhm in der gelehrten Welt; aber auch
vil/ welche diſes Burnetianiſche Erdengebaͤu moͤglichſter maſſen einzureiſſen
getrachtet/ einen Herbert, Warren, Beaumont, einen St. Clair, einen Mark,
Buſſing, Bircherodium,
welche ihme offentlich den Krieg angekuͤndet/ vil an-
dere/ welche mit verdekten Nahmen wider ihn geſchrieben; der einte Theolo-
giſch/ zum Schutz der H. Schrift/ ins beſonder Moſis, deſſen Anſehen Burnet
in den Augen einiger eyfriger Gotteslehreren ring zuachten ſcheinet: ein ande-
rer führet ſich auf/ als einen Philoſophum, oder Naturlehrer/ und greift vor-
nemlich an ſeinen Erdenbau: ein dritter nimmet ins beſonder vor ſich die erſte
Situation der Erden in Anſehung der uͤbrigen Welt: ein vierter ſtreitet mit
Geiſt- und Natuͤrlichen Waffen; ſo daß Hr. Burnet gleich iſt einer Zielſchei-
be/ nach welcher jedermann ſein Geſchoß richtet. Jch meines Ohrts unterſte-
he mich nicht/ gegen einem ſolchen Mann/ wie Burnet iſt/ offentlich ins Feld
zulaſſen/ um ſo vil weniger wurde es tuhn/ weilen vil ſchoͤne Sachen in ſeinen
Schriften finde/ obgleich frey bekenne/ daß auch vil Sachen/ welche abſonder-
lich die verenderte Geſtalt der auſſeren Erden angehen/ mir nicht ein wollen.
Sein ganzes Syſtema, oder Grundgebaͤu/ hat einen ſchoͤnen Schein/ es komt
mir aber vor/ als ob es mehr aufgefuͤhrt were nach denen Reglen ſeines Ge-
hirns/ und Einbildung/ als nach der Richtſchnur der Natur ſelbs. Diſe gan-
ze Geſtalt der auſſeren Erden/ abſonderlich der Bergen und Thaͤleren/ kom-
met ihm vor als ein Sach/ welche par hazard bey dem Einfall der obern Er-
denrinde entſtanden/ da ich hingegen darvor halte/ und hin und wider bereits
dargetahn habe/ daß die ganze auſſere Erde/ abſonderlich alle Berge/ Felſen/
Hoͤlinen/ alſo/ wie ſie ſtehen/ von Gott ſelbs angeordnet/ und gebauet/ zwar
auch durch Einfall/ ein rechtes Meiſterſtuk goͤttlicher Allmacht/ Weißheit/ und
Guͤte ſeyen; daß die Erde/ und Berge/ nicht ungeſtalt/ ſondern in ihren vilfal-
tigen Abenderungen einenſonderlich ſchoͤn gezierten Schauplaz darſtellen/ daß
nichts uͤberfluͤſſig/ ſondern alles zu gewiſſem Abſehen/ und Gebrauch diene.
Daß man bey genauer Unterſuchung genug Waſſer in dem Abgrunde/ und
den Meeren antreffe zu Uberſchwem̃ung der hoͤchſten Bergen/ ohne mit Bur-
netio
einen neuen Erdbau außzudenken/ oder mit einichen Theologen aus
mangel anweſender natuͤrlicher Urſachen die Allmacht Gottes anzuruffẽ. Das
die Ueberbleibſelen der Sündfluth/ auf welche wir/ als auft in feſtes Funda-
ment muͤſſen unſere Ver-nunft-Schluͤſſe von dem Unterſcheid der erſten/ und
zweyten Erden/ bauen/ das Burnetianiſche Gebauͤ von ſelbs niderwerffen. Daß
eine beſtaͤndige gleiche Waͤrme/ wie ſolche Burnet ſich vorbildet/ die erſte Erde
nicht nur nit zu einem Paradeiß/ ſondern vilmehr zu einer Wuͤſteney gemachet
hette.

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[188/0222] ſtanden ganze Bergreyen/ welche gleich Ketten die ganze Erden umfaſſen? Diſere Grundlehr Burnetij funde bald/ wie ſie neu/ und mit allerhand/ von al- len Ohrten her zuſamen gezogenen Gruͤnden/ treflich/ mit ſchoͤner Schreibart/ außgeſchmuket geweſen/ einen groſſen Ruhm in der gelehrten Welt; aber auch vil/ welche diſes Burnetianiſche Erdengebaͤu moͤglichſter maſſen einzureiſſen getrachtet/ einen Herbert, Warren, Beaumont, einen St. Clair, einen Mark, Buſſing, Bircherodium, welche ihme offentlich den Krieg angekuͤndet/ vil an- dere/ welche mit verdekten Nahmen wider ihn geſchrieben; der einte Theolo- giſch/ zum Schutz der H. Schrift/ ins beſonder Moſis, deſſen Anſehen Burnet in den Augen einiger eyfriger Gotteslehreren ring zuachten ſcheinet: ein ande- rer führet ſich auf/ als einen Philoſophum, oder Naturlehrer/ und greift vor- nemlich an ſeinen Erdenbau: ein dritter nimmet ins beſonder vor ſich die erſte Situation der Erden in Anſehung der uͤbrigen Welt: ein vierter ſtreitet mit Geiſt- und Natuͤrlichen Waffen; ſo daß Hr. Burnet gleich iſt einer Zielſchei- be/ nach welcher jedermann ſein Geſchoß richtet. Jch meines Ohrts unterſte- he mich nicht/ gegen einem ſolchen Mann/ wie Burnet iſt/ offentlich ins Feld zulaſſen/ um ſo vil weniger wurde es tuhn/ weilen vil ſchoͤne Sachen in ſeinen Schriften finde/ obgleich frey bekenne/ daß auch vil Sachen/ welche abſonder- lich die verenderte Geſtalt der auſſeren Erden angehen/ mir nicht ein wollen. Sein ganzes Syſtema, oder Grundgebaͤu/ hat einen ſchoͤnen Schein/ es komt mir aber vor/ als ob es mehr aufgefuͤhrt were nach denen Reglen ſeines Ge- hirns/ und Einbildung/ als nach der Richtſchnur der Natur ſelbs. Diſe gan- ze Geſtalt der auſſeren Erden/ abſonderlich der Bergen und Thaͤleren/ kom- met ihm vor als ein Sach/ welche par hazard bey dem Einfall der obern Er- denrinde entſtanden/ da ich hingegen darvor halte/ und hin und wider bereits dargetahn habe/ daß die ganze auſſere Erde/ abſonderlich alle Berge/ Felſen/ Hoͤlinen/ alſo/ wie ſie ſtehen/ von Gott ſelbs angeordnet/ und gebauet/ zwar auch durch Einfall/ ein rechtes Meiſterſtuk goͤttlicher Allmacht/ Weißheit/ und Guͤte ſeyen; daß die Erde/ und Berge/ nicht ungeſtalt/ ſondern in ihren vilfal- tigen Abenderungen einenſonderlich ſchoͤn gezierten Schauplaz darſtellen/ daß nichts uͤberfluͤſſig/ ſondern alles zu gewiſſem Abſehen/ und Gebrauch diene. Daß man bey genauer Unterſuchung genug Waſſer in dem Abgrunde/ und den Meeren antreffe zu Uberſchwem̃ung der hoͤchſten Bergen/ ohne mit Bur- netio einen neuen Erdbau außzudenken/ oder mit einichen Theologen aus mangel anweſender natuͤrlicher Urſachen die Allmacht Gottes anzuruffẽ. Das die Ueberbleibſelen der Sündfluth/ auf welche wir/ als auft in feſtes Funda- ment muͤſſen unſere Ver-nunft-Schluͤſſe von dem Unterſcheid der erſten/ und zweyten Erden/ bauen/ das Burnetianiſche Gebauͤ von ſelbs niderwerffen. Daß eine beſtaͤndige gleiche Waͤrme/ wie ſolche Burnet ſich vorbildet/ die erſte Erde nicht nur nit zu einem Paradeiß/ ſondern vilmehr zu einer Wuͤſteney gemachet hette.

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/222>, abgerufen am 24.11.2024.