Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.
"Das ist der Sieges-Quell. Gleich wie ein kleiner Bach 490"Der schimmernd, hell und still, sanft, schlänglicht und gemach "Durch Wiesen, Wald und Thal, durch Feld und Aecker wellet, "Sich Bäche, Ströhme, Flüß und Flutten beygesellet, "Den Bort erweiteret, den höchsten Ruhm gewinnt, "Und biß zum Ocean mit stolzen Flutten rinnt. 495"So sammlet sich durch mich das Volck bey unsern Fahnen, "Und so pfleg' ich den Weeg zu dem Triumpf zu bahnen. "Auf einem breiten Berg zerschmelzet sich der Schnee, "Er schlürft, verschleichet sich, zerfließt in eine See; "Der ungewohnte Damm wird von der Last gedrücket, 500"Geschwächet, durchgespühlt, auch endlich gar verrücket; "Die Wässer dringen durch, Gewalt macht ihnen Luft; "Da wälzt und gurgelt sich die See in eine Kluft, "Dort spaltet sich der Wall, hier wird der Strand zerrissen, "Daß endlich statt der See fast truckne Bäche fliessen. 505"So fangt der Feinde Strohm sich auszubreiten an, "Er wächst, daß er die Welt fast überschwemmen kann. "Weil aber Glaub und Treu von seinen Flutten weichet, "So sieht man wie die Macht desselben sich verschleichet. "Das
„Das iſt der Sieges-Quell. Gleich wie ein kleiner Bach 490„Der ſchim̃ernd, hell und ſtill, ſanft, ſchlaͤnglicht und gemach „Durch Wieſen, Wald und Thal, durch Feld und Aecker wellet, „Sich Baͤche, Stroͤhme, Fluͤß und Flutten beygeſellet, „Den Bort erweiteret, den hoͤchſten Ruhm gewinnt, „Und biß zum Ocean mit ſtolzen Flutten rinnt. 495„So ſammlet ſich durch mich das Volck bey unſern Fahnen, „Und ſo pfleg’ ich den Weeg zu dem Triumpf zu bahnen. „Auf einem breiten Berg zerſchmelzet ſich der Schnee, „Er ſchluͤrft, verſchleichet ſich, zerfließt in eine See; „Der ungewohnte Damm wird von der Laſt gedruͤcket, 500„Geſchwaͤchet, durchgeſpuͤhlt, auch endlich gar verruͤcket; „Die Waͤſſer dringen durch, Gewalt macht ihnen Luft; „Da waͤlzt und gurgelt ſich die See in eine Kluft, „Dort ſpaltet ſich der Wall, hier wird der Strand zerriſſen, „Daß endlich ſtatt der See faſt truckne Baͤche flieſſen. 505„So fangt der Feinde Strohm ſich auszubreiten an, „Er waͤchſt, daß er die Welt faſt uͤberſchwemmen kann. „Weil aber Glaub und Treu von ſeinen Flutten weichet, „So ſieht man wie die Macht deſſelben ſich verſchleichet. „Das
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Sechſtes Buch.
„Errettung, Ruh und Gluͤck, des Friedens Fruͤchte bringt,
„Den Feind aus unſerm Reich in ſeine Grenzen zwingt.
„Das Heer nimmt es zum Ziel und Beyſpiel, und erkennet
„Warum ein Mann ein Mann, ein Wort ein Wort genennet.
„Das iſt der Sieges-Quell. Gleich wie ein kleiner Bach
„Der ſchim̃ernd, hell und ſtill, ſanft, ſchlaͤnglicht und gemach
„Durch Wieſen, Wald und Thal, durch Feld und Aecker wellet,
„Sich Baͤche, Stroͤhme, Fluͤß und Flutten beygeſellet,
„Den Bort erweiteret, den hoͤchſten Ruhm gewinnt,
„Und biß zum Ocean mit ſtolzen Flutten rinnt.
„So ſammlet ſich durch mich das Volck bey unſern Fahnen,
„Und ſo pfleg’ ich den Weeg zu dem Triumpf zu bahnen.
„Auf einem breiten Berg zerſchmelzet ſich der Schnee,
„Er ſchluͤrft, verſchleichet ſich, zerfließt in eine See;
„Der ungewohnte Damm wird von der Laſt gedruͤcket,
„Geſchwaͤchet, durchgeſpuͤhlt, auch endlich gar verruͤcket;
„Die Waͤſſer dringen durch, Gewalt macht ihnen Luft;
„Da waͤlzt und gurgelt ſich die See in eine Kluft,
„Dort ſpaltet ſich der Wall, hier wird der Strand zerriſſen,
„Daß endlich ſtatt der See faſt truckne Baͤche flieſſen.
„So fangt der Feinde Strohm ſich auszubreiten an,
„Er waͤchſt, daß er die Welt faſt uͤberſchwemmen kann.
„Weil aber Glaub und Treu von ſeinen Flutten weichet,
„So ſieht man wie die Macht deſſelben ſich verſchleichet.
„Das
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