Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.Theresiade Dem Himmel-blauen Zeüg, der durch das Silber brach,Und sich in Gold verbarg, gieng zwar mein Vorwitz nach; 60Doch weder diß, noch was ich sonst erhobnes spührte, War jenes so das Hertz am allermeisten rührte: Das Ansehn der Gestalt; die Schönheit des Gesichts, Der Feüerreiche Blick war reitzend, sonsten nichts. Der Mienen Zauber-Art; das Prangen der Gebärden 65War was mit höchster Lust must' angesehen werden: Der Augen Freundlichkeit; der Wangen Farben Reitz; Der lächlend-holde Mund, der sich hier allerseits Mit schmeichelhaftem Ernst und muntrer Anmuth zierte, War, was das Aug in Freud' und in Erstaunung führte. Je mehr sich nach und nach die Schätze vorgebracht, Je weniger war ich in Sonderheit bedacht Diß oder das zu sehen; Die Menge dieser Frauen Ließ meiner Seh-Begier nichts nach der Ordnung schauen. Wahr ist es, daß ich oft um Unterricht gefragt, 75Daß mir die Wahrheit auch oft was ins Ohr gesagt; Allein was halff es mich, die Antwort aus zu warten, Da Witz und Aug' und Ohr erstaunt, entzückt, erstarrten? Diß war mir endlich neü: es stund ein Jüngling da, Der, gleich als such' er was, nach allen Seiten sah, 80Und der Matronen Blick vorzüglich an sich risse, Wie wann er zu dem Rath den Anfang machen müsse. Nach-
Thereſiade Dem Himmel-blauen Zeuͤg, der durch das Silber brach,Und ſich in Gold verbarg, gieng zwar mein Vorwitz nach; 60Doch weder diß, noch was ich ſonſt erhobnes ſpuͤhrte, War jenes ſo das Hertz am allermeiſten ruͤhrte: Das Anſehn der Geſtalt; die Schoͤnheit des Geſichts, Der Feuͤerreiche Blick war reitzend, ſonſten nichts. Der Mienen Zauber-Art; das Prangen der Gebaͤrden 65War was mit hoͤchſter Luſt muſt’ angeſehen werden: Der Augen Freundlichkeit; der Wangen Farben Reitz; Der laͤchlend-holde Mund, der ſich hier allerſeits Mit ſchmeichelhaftem Ernſt und muntrer Anmuth zierte, War, was das Aug in Freud’ und in Erſtaunung fuͤhrte. Je mehr ſich nach und nach die Schaͤtze vorgebracht, Je weniger war ich in Sonderheit bedacht Diß oder das zu ſehen; Die Menge dieſer Frauen Ließ meiner Seh-Begier nichts nach der Ordnung ſchauen. Wahr iſt es, daß ich oft um Unterricht gefragt, 75Daß mir die Wahrheit auch oft was ins Ohr geſagt; Allein was halff es mich, die Antwort aus zu warten, Da Witz und Aug’ und Ohr erſtaunt, entzuͤckt, erſtarrten? Diß war mir endlich neuͤ: es ſtund ein Juͤngling da, Der, gleich als ſuch’ er was, nach allen Seiten ſah, 80Und der Matronen Blick vorzuͤglich an ſich riſſe, Wie wann er zu dem Rath den Anfang machen muͤſſe. Nach-
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Thereſiade
Dem Himmel-blauen Zeuͤg, der durch das Silber brach,
Und ſich in Gold verbarg, gieng zwar mein Vorwitz nach;
Doch weder diß, noch was ich ſonſt erhobnes ſpuͤhrte,
War jenes ſo das Hertz am allermeiſten ruͤhrte:
Das Anſehn der Geſtalt; die Schoͤnheit des Geſichts,
Der Feuͤerreiche Blick war reitzend, ſonſten nichts.
Der Mienen Zauber-Art; das Prangen der Gebaͤrden
War was mit hoͤchſter Luſt muſt’ angeſehen werden:
Der Augen Freundlichkeit; der Wangen Farben Reitz;
Der laͤchlend-holde Mund, der ſich hier allerſeits
Mit ſchmeichelhaftem Ernſt und muntrer Anmuth zierte,
War, was das Aug in Freud’ und in Erſtaunung fuͤhrte.
Je mehr ſich nach und nach die Schaͤtze vorgebracht,
Je weniger war ich in Sonderheit bedacht
Diß oder das zu ſehen; Die Menge dieſer Frauen
Ließ meiner Seh-Begier nichts nach der Ordnung ſchauen.
Wahr iſt es, daß ich oft um Unterricht gefragt,
Daß mir die Wahrheit auch oft was ins Ohr geſagt;
Allein was halff es mich, die Antwort aus zu warten,
Da Witz und Aug’ und Ohr erſtaunt, entzuͤckt, erſtarrten?
Diß war mir endlich neuͤ: es ſtund ein Juͤngling da,
Der, gleich als ſuch’ er was, nach allen Seiten ſah,
Und der Matronen Blick vorzuͤglich an ſich riſſe,
Wie wann er zu dem Rath den Anfang machen muͤſſe.
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