Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.Theresiade 615"Jch bin stets um den Leib der Königinn geschwebt, "Und habe selbigen durch meine Kraft belebt; "Jch will auch künftighin kein Sorgen unterlassen, "Sie stets, wie meine Frucht, in meinen Arm zu fassen. "Jch habe, was ihr Leib von meinem Schaz enthält, 620"Mir schon zur Sicherheit und Vorsicht beygesellt, "Damit wir jederzeit gemeinsam überlegen, "Wie wir in ihre Brust ein langes Leben prägen. "Jhr seht wie Riesen-starck sie jene Last erträgt, "Die manches stählern Herz in tiefe Schwermuth schlägt. 625"Jhr wißt, daß Kronen-Schmuck und Königliche Würden "Mehr Last als Herrlichkeit auf solche Stirnen bürden: "Wie, wer den Zepter führt, nicht sich, nur andern lebt, "Und mehr nach fremdem Heil als nach dem eignen strebt. "Der Kronen höchste Zier, des Purpurs Eigenschaften 630"Seynd, daß der Länder Ruh und Fried an ihnen hafften. "Wer einen Thron besteigt; wem GOtt den Zepter gibt; "Wer herrscht, und dieses Amt mit wahrem Eifer übt; "Wem dieser Tag und Nacht pflegt Sinn und Herz zu regen; "Dem nüzet nichts so sehr, als meines Amts Vermögen. 635"Wer zu des Vaterlands gemeiner Wohlfart wacht, "Gibt auf den hohen Schaz, gesund zu seyn, nicht acht. "Er ist durch seines Amts Gewalt davon verhindert; "Des Staats Heil wird vermehrt, das eigene gemindert. "Dieß
Thereſiade 615„Jch bin ſtets um den Leib der Koͤniginn geſchwebt, „Und habe ſelbigen durch meine Kraft belebt; „Jch will auch kuͤnftighin kein Sorgen unterlaſſen, „Sie ſtets, wie meine Frucht, in meinen Arm zu faſſen. „Jch habe, was ihr Leib von meinem Schaz enthaͤlt, 620„Mir ſchon zur Sicherheit und Vorſicht beygeſellt, „Damit wir jederzeit gemeinſam uͤberlegen, „Wie wir in ihre Bruſt ein langes Leben praͤgen. „Jhr ſeht wie Rieſen-ſtarck ſie jene Laſt ertraͤgt, „Die manches ſtaͤhlern Herz in tiefe Schwermuth ſchlaͤgt. 625„Jhr wißt, daß Kronen-Schmuck und Koͤnigliche Wuͤrden „Mehr Laſt als Herꝛlichkeit auf ſolche Stirnen buͤrden: „Wie, wer den Zepter fuͤhrt, nicht ſich, nur andern lebt, „Und mehr nach fremdem Heil als nach dem eignen ſtrebt. „Der Kronen hoͤchſte Zier, des Purpurs Eigenſchaften 630„Seynd, daß der Laͤnder Ruh und Fried an ihnen hafften. „Wer einen Thron beſteigt; wem GOtt den Zepter gibt; „Wer herꝛſcht, und dieſes Amt mit wahrem Eifer uͤbt; „Wem dieſer Tag und Nacht pflegt Sinn und Herz zu regen; „Dem nuͤzet nichts ſo ſehr, als meines Amts Vermoͤgen. 635„Wer zu des Vaterlands gemeiner Wohlfart wacht, „Gibt auf den hohen Schaz, geſund zu ſeyn, nicht acht. „Er iſt durch ſeines Amts Gewalt davon verhindert; „Des Staats Heil wird vermehrt, das eigene gemindert. „Dieß
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0060"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Thereſiade</hi> </fw><lb/> <note place="left">615</note> <lg type="poem"> <l>„Jch bin ſtets um den Leib der Koͤniginn geſchwebt,</l><lb/> <l>„Und habe ſelbigen durch meine Kraft belebt;</l><lb/> <l>„Jch will auch kuͤnftighin kein Sorgen unterlaſſen,</l><lb/> <l>„Sie ſtets, wie meine Frucht, in meinen Arm zu faſſen.</l><lb/> <l>„Jch habe, was ihr Leib von meinem Schaz enthaͤlt,</l><lb/> <l><note place="left">620</note>„Mir ſchon zur Sicherheit und Vorſicht beygeſellt,</l><lb/> <l>„Damit wir jederzeit gemeinſam uͤberlegen,</l><lb/> <l>„Wie wir in ihre Bruſt ein langes Leben praͤgen.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l>„Jhr ſeht wie Rieſen-ſtarck ſie jene Laſt ertraͤgt,</l><lb/> <l>„Die manches ſtaͤhlern Herz in tiefe Schwermuth ſchlaͤgt.</l><lb/> <l><note place="left">625</note>„Jhr wißt, daß Kronen-Schmuck und Koͤnigliche Wuͤrden</l><lb/> <l>„Mehr Laſt als Herꝛlichkeit auf ſolche Stirnen buͤrden:</l><lb/> <l>„Wie, wer den Zepter fuͤhrt, nicht ſich, nur andern lebt,</l><lb/> <l>„Und mehr nach fremdem Heil als nach dem eignen ſtrebt.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l>„Der Kronen hoͤchſte Zier, des Purpurs Eigenſchaften</l><lb/> <l><note place="left">630</note>„Seynd, daß der Laͤnder Ruh und Fried an ihnen hafften.</l><lb/> <l>„Wer einen Thron beſteigt; wem GOtt den Zepter gibt;</l><lb/> <l>„Wer herꝛſcht, und dieſes Amt mit wahrem Eifer uͤbt;</l><lb/> <l>„Wem dieſer Tag und Nacht pflegt Sinn und Herz zu regen;</l><lb/> <l>„Dem nuͤzet nichts ſo ſehr, als meines Amts Vermoͤgen.</l><lb/> <l><note place="left">635</note>„Wer zu des Vaterlands gemeiner Wohlfart wacht,</l><lb/> <l>„Gibt auf den hohen Schaz, geſund zu ſeyn, nicht acht.</l><lb/> <l>„Er iſt durch ſeines Amts Gewalt davon verhindert;</l><lb/> <l>„Des Staats Heil wird vermehrt, das eigene gemindert.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">„Dieß</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0060]
Thereſiade
„Jch bin ſtets um den Leib der Koͤniginn geſchwebt,
„Und habe ſelbigen durch meine Kraft belebt;
„Jch will auch kuͤnftighin kein Sorgen unterlaſſen,
„Sie ſtets, wie meine Frucht, in meinen Arm zu faſſen.
„Jch habe, was ihr Leib von meinem Schaz enthaͤlt,
„Mir ſchon zur Sicherheit und Vorſicht beygeſellt,
„Damit wir jederzeit gemeinſam uͤberlegen,
„Wie wir in ihre Bruſt ein langes Leben praͤgen.
„Jhr ſeht wie Rieſen-ſtarck ſie jene Laſt ertraͤgt,
„Die manches ſtaͤhlern Herz in tiefe Schwermuth ſchlaͤgt.
„Jhr wißt, daß Kronen-Schmuck und Koͤnigliche Wuͤrden
„Mehr Laſt als Herꝛlichkeit auf ſolche Stirnen buͤrden:
„Wie, wer den Zepter fuͤhrt, nicht ſich, nur andern lebt,
„Und mehr nach fremdem Heil als nach dem eignen ſtrebt.
„Der Kronen hoͤchſte Zier, des Purpurs Eigenſchaften
„Seynd, daß der Laͤnder Ruh und Fried an ihnen hafften.
„Wer einen Thron beſteigt; wem GOtt den Zepter gibt;
„Wer herꝛſcht, und dieſes Amt mit wahrem Eifer uͤbt;
„Wem dieſer Tag und Nacht pflegt Sinn und Herz zu regen;
„Dem nuͤzet nichts ſo ſehr, als meines Amts Vermoͤgen.
„Wer zu des Vaterlands gemeiner Wohlfart wacht,
„Gibt auf den hohen Schaz, geſund zu ſeyn, nicht acht.
„Er iſt durch ſeines Amts Gewalt davon verhindert;
„Des Staats Heil wird vermehrt, das eigene gemindert.
„Dieß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |