Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Theresiade
Es ließ, als hätte dieß den guten Mann gestört;
Weil wir von seinem Mund hierauf nichts mehr gehört.
155Er neigte sich, wie vor, und gab sich auf die Seite,
Jndem es schien, daß sie zum reden sich bereite.
Ja! sie erhob das Haupt mit freundlichem Gesicht,
Und ihre Rede war zum Tugend-Chor gericht:
"GEtreue Tugenden! Freundinnen! Räthe! Staaten!
160"Jhr kennet", fieng sie an, die Wunder-vollen Thaten,
"Die GOtt durch uns gewirckt. Jhr wißt, daß eure Treu
"Mir biß daher zum Schuz und Rath gewesen sey.
Der Stimme Majestät, der Vortrag, die Gebärden,
Nichts konnte sonder Lieb und Furcht vernommen werden.
165Man sähnte sich erregt fast jeder Silbe nach,
Da sie mit Eifer, Ernst und Gnade weiter sprach:
"Erinnert euch der Stund, in welcher die Gefahren
"Den Ländern Angst und Furcht, euch Helden-Muth gebaren.
"Wie mein Vertraun und Wunsch in dem betrübten Stand,
170"Zu seiner Schüzung nichts als eure Tugend fand.
"Bedenckt, wie nah der Feind auf unsre Wälle drunge;
"Wer ihn von dort zurück in seine Grenzen zwunge.
"Jhr, ihr habt meinen Thron vom Untergang befreyt,
"Und meiner Kronen Schmuck durch Rath und That erneut.
175"Es würde mir an Macht, euch an Geduld gebrechen,
"Wann ich nur von dem Tag des Einbruchs wollte sprechen.
"Da-
Thereſiade
Es ließ, als haͤtte dieß den guten Mann geſtoͤrt;
Weil wir von ſeinem Mund hierauf nichts mehr gehoͤrt.
155Er neigte ſich, wie vor, und gab ſich auf die Seite,
Jndem es ſchien, daß ſie zum reden ſich bereite.
Ja! ſie erhob das Haupt mit freundlichem Geſicht,
Und ihre Rede war zum Tugend-Chor gericht:
GEtreue Tugenden! Freundinnen! Raͤthe! Staaten!
160„Jhr kennet“, fieng ſie an, die Wunder-vollen Thaten,
„Die GOtt durch uns gewirckt. Jhr wißt, daß eure Treu
„Mir biß daher zum Schuz und Rath geweſen ſey.
Der Stimme Majeſtaͤt, der Vortrag, die Gebaͤrden,
Nichts konnte ſonder Lieb und Furcht vernommen werden.
165Man ſaͤhnte ſich erregt faſt jeder Silbe nach,
Da ſie mit Eifer, Ernſt und Gnade weiter ſprach:
„Erinnert euch der Stund, in welcher die Gefahren
„Den Laͤndern Angſt und Furcht, euch Helden-Muth gebaren.
„Wie mein Vertraun und Wunſch in dem betruͤbten Stand,
170„Zu ſeiner Schuͤzung nichts als eure Tugend fand.
„Bedenckt, wie nah der Feind auf unſre Waͤlle drunge;
„Wer ihn von dort zuruͤck in ſeine Grenzen zwunge.
„Jhr, ihr habt meinen Thron vom Untergang befreyt,
„Und meiner Kronen Schmuck durch Rath und That erneut.
175„Es wuͤrde mir an Macht, euch an Geduld gebrechen,
„Wann ich nur von dem Tag des Einbruchs wollte ſprechen.
„Da-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0098"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">There&#x017F;iade</hi> </fw><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Es ließ, als ha&#x0364;tte dieß den guten Mann ge&#x017F;to&#x0364;rt;</l><lb/>
            <l>Weil wir von &#x017F;einem Mund hierauf nichts mehr geho&#x0364;rt.</l><lb/>
            <l><note place="left">155</note>Er neigte &#x017F;ich, wie vor, und gab &#x017F;ich auf die Seite,</l><lb/>
            <l>Jndem es &#x017F;chien, daß &#x017F;ie zum reden &#x017F;ich bereite.</l><lb/>
            <l>Ja! &#x017F;ie erhob das Haupt mit freundlichem Ge&#x017F;icht,</l><lb/>
            <l>Und ihre Rede war zum Tugend-Chor gericht:</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>&#x201E;<hi rendition="#in">G</hi>Etreue Tugenden! Freundinnen! Ra&#x0364;the! Staaten!</l><lb/>
            <l><note place="left">160</note>&#x201E;Jhr kennet&#x201C;, fieng &#x017F;ie an, die Wunder-vollen Thaten,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Die GOtt durch uns gewirckt. Jhr wißt, daß eure Treu</l><lb/>
            <l>&#x201E;Mir biß daher zum Schuz und Rath gewe&#x017F;en &#x017F;ey.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Der Stimme Maje&#x017F;ta&#x0364;t, der Vortrag, die Geba&#x0364;rden,</l><lb/>
            <l>Nichts konnte &#x017F;onder Lieb und Furcht vernommen werden.</l><lb/>
            <l><note place="left">165</note>Man &#x017F;a&#x0364;hnte &#x017F;ich erregt fa&#x017F;t jeder Silbe nach,</l><lb/>
            <l>Da &#x017F;ie mit Eifer, Ern&#x017F;t und Gnade weiter &#x017F;prach:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Erinnert euch der Stund, in welcher die Gefahren</l><lb/>
            <l>&#x201E;Den La&#x0364;ndern Ang&#x017F;t und Furcht, euch Helden-Muth gebaren.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wie mein Vertraun und Wun&#x017F;ch in dem betru&#x0364;bten Stand,</l><lb/>
            <l><note place="left">170</note>&#x201E;Zu &#x017F;einer Schu&#x0364;zung nichts als eure Tugend fand.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Bedenckt, wie nah der Feind auf un&#x017F;re Wa&#x0364;lle drunge;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wer ihn von dort zuru&#x0364;ck in &#x017F;eine Grenzen zwunge.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Jhr, ihr habt meinen Thron vom Untergang befreyt,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Und meiner Kronen Schmuck durch Rath und That erneut.</l><lb/>
            <l><note place="left">175</note>&#x201E;Es wu&#x0364;rde mir an Macht, euch an Geduld gebrechen,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wann ich nur von dem Tag des Einbruchs wollte &#x017F;prechen.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Da-</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0098] Thereſiade Es ließ, als haͤtte dieß den guten Mann geſtoͤrt; Weil wir von ſeinem Mund hierauf nichts mehr gehoͤrt. Er neigte ſich, wie vor, und gab ſich auf die Seite, Jndem es ſchien, daß ſie zum reden ſich bereite. Ja! ſie erhob das Haupt mit freundlichem Geſicht, Und ihre Rede war zum Tugend-Chor gericht: „GEtreue Tugenden! Freundinnen! Raͤthe! Staaten! „Jhr kennet“, fieng ſie an, die Wunder-vollen Thaten, „Die GOtt durch uns gewirckt. Jhr wißt, daß eure Treu „Mir biß daher zum Schuz und Rath geweſen ſey. Der Stimme Majeſtaͤt, der Vortrag, die Gebaͤrden, Nichts konnte ſonder Lieb und Furcht vernommen werden. Man ſaͤhnte ſich erregt faſt jeder Silbe nach, Da ſie mit Eifer, Ernſt und Gnade weiter ſprach: „Erinnert euch der Stund, in welcher die Gefahren „Den Laͤndern Angſt und Furcht, euch Helden-Muth gebaren. „Wie mein Vertraun und Wunſch in dem betruͤbten Stand, „Zu ſeiner Schuͤzung nichts als eure Tugend fand. „Bedenckt, wie nah der Feind auf unſre Waͤlle drunge; „Wer ihn von dort zuruͤck in ſeine Grenzen zwunge. „Jhr, ihr habt meinen Thron vom Untergang befreyt, „Und meiner Kronen Schmuck durch Rath und That erneut. „Es wuͤrde mir an Macht, euch an Geduld gebrechen, „Wann ich nur von dem Tag des Einbruchs wollte ſprechen. „Da-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/98
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/98>, abgerufen am 21.11.2024.