Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Dom Karlos.
Karlos
mit Lebhaftigkeit und Wärme auf ihn zugehend.
Sie sind's gewesen. Hassen Sie mich
nicht mehr,
ich will Sie kindlich, will Sie feurig lieben,
nur hassen Sie mich nicht mehr -- Wie ent-
zückend
und süß ist es, in einer schönen Seele
verherrlicht uns zu fühlen, es zu wissen,
daß unsre Freude fremde Wangen röthet,
daß unsre Angst in fremdem Busen zittert,
daß unsre Leiden fremde Augen wässern --
Wie schön ist es und herrlich, Hand in Hand
mit einem theuern, vielgeliebten Sohn
der Jugend Rosenbahn zurückzueilen,
des Lebens Traum noch einmal durchzuträumen,
wie groß und süß in seines Kindes Tugend
unsterblich, unvergänglich fortzudauern,
wohlthätig für Jahrhunderte, -- wie schön
und göttlich groß, im Orient des Sohnes
noch einmal zu der Nachwelt umzukehren,
der Sonne gleich, die in der Spiegelscheibe
des Mondes wieder aufersteht -- wie süß,
zu pflanzen was ein lieber Sohn einst ärntet,
zu sammeln was ihm wuchern wird, zu ahn-
den
Dom Karlos.
Karlos
mit Lebhaftigkeit und Wärme auf ihn zugehend.
Sie ſind’s geweſen. Haſſen Sie mich
nicht mehr,
ich will Sie kindlich, will Sie feurig lieben,
nur haſſen Sie mich nicht mehr — Wie ent-
zückend
und ſüß iſt es, in einer ſchönen Seele
verherrlicht uns zu fühlen, es zu wiſſen,
daß unſre Freude fremde Wangen röthet,
daß unſre Angſt in fremdem Buſen zittert,
daß unſre Leiden fremde Augen wäſſern —
Wie ſchön iſt es und herrlich, Hand in Hand
mit einem theuern, vielgeliebten Sohn
der Jugend Roſenbahn zurückzueilen,
des Lebens Traum noch einmal durchzuträumen,
wie groß und ſüß in ſeines Kindes Tugend
unſterblich, unvergänglich fortzudauern,
wohlthätig für Jahrhunderte, — wie ſchön
und göttlich groß, im Orient des Sohnes
noch einmal zu der Nachwelt umzukehren,
der Sonne gleich, die in der Spiegelſcheibe
des Mondes wieder auferſteht — wie ſüß,
zu pflanzen was ein lieber Sohn einſt ärntet,
zu ſammeln was ihm wuchern wird, zu ahn-
den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0100" n="90"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos</hi>.</fw><lb/>
            <sp who="#KAR">
              <speaker> <hi rendition="#g">Karlos</hi> </speaker><lb/>
              <stage>mit Lebhaftigkeit und Wärme auf ihn zugehend.</stage><lb/>
              <p><hi rendition="#et">Sie &#x017F;ind&#x2019;s gewe&#x017F;en. Ha&#x017F;&#x017F;en Sie mich</hi><lb/>
nicht mehr,<lb/>
ich will Sie kindlich, will Sie feurig lieben,<lb/>
nur ha&#x017F;&#x017F;en Sie mich nicht mehr &#x2014; Wie ent-<lb/>
zückend<lb/>
und &#x017F;üß i&#x017F;t es, in einer &#x017F;chönen Seele<lb/>
verherrlicht uns zu fühlen, es zu wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
daß un&#x017F;re Freude fremde Wangen röthet,<lb/>
daß un&#x017F;re Ang&#x017F;t in fremdem Bu&#x017F;en zittert,<lb/>
daß un&#x017F;re Leiden fremde Augen wä&#x017F;&#x017F;ern &#x2014;<lb/>
Wie &#x017F;chön i&#x017F;t es und herrlich, Hand in Hand<lb/>
mit einem theuern, vielgeliebten Sohn<lb/>
der Jugend Ro&#x017F;enbahn zurückzueilen,<lb/>
des Lebens Traum noch einmal durchzuträumen,<lb/>
wie groß und &#x017F;üß in &#x017F;eines Kindes Tugend<lb/>
un&#x017F;terblich, unvergänglich fortzudauern,<lb/>
wohlthätig für Jahrhunderte, &#x2014; wie &#x017F;chön<lb/>
und göttlich groß, im Orient des Sohnes<lb/>
noch einmal zu der Nachwelt umzukehren,<lb/>
der Sonne gleich, die in der Spiegel&#x017F;cheibe<lb/>
des Mondes wieder aufer&#x017F;teht &#x2014; wie &#x017F;üß,<lb/>
zu pflanzen was ein lieber Sohn ein&#x017F;t ärntet,<lb/>
zu &#x017F;ammeln was ihm wuchern wird, zu ahn-<lb/>
den<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0100] Dom Karlos. Karlos mit Lebhaftigkeit und Wärme auf ihn zugehend. Sie ſind’s geweſen. Haſſen Sie mich nicht mehr, ich will Sie kindlich, will Sie feurig lieben, nur haſſen Sie mich nicht mehr — Wie ent- zückend und ſüß iſt es, in einer ſchönen Seele verherrlicht uns zu fühlen, es zu wiſſen, daß unſre Freude fremde Wangen röthet, daß unſre Angſt in fremdem Buſen zittert, daß unſre Leiden fremde Augen wäſſern — Wie ſchön iſt es und herrlich, Hand in Hand mit einem theuern, vielgeliebten Sohn der Jugend Roſenbahn zurückzueilen, des Lebens Traum noch einmal durchzuträumen, wie groß und ſüß in ſeines Kindes Tugend unſterblich, unvergänglich fortzudauern, wohlthätig für Jahrhunderte, — wie ſchön und göttlich groß, im Orient des Sohnes noch einmal zu der Nachwelt umzukehren, der Sonne gleich, die in der Spiegelſcheibe des Mondes wieder auferſteht — wie ſüß, zu pflanzen was ein lieber Sohn einſt ärntet, zu ſammeln was ihm wuchern wird, zu ahn- den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/100
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/100>, abgerufen am 21.11.2024.