Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Zweiter Akt. Philipp. Geduld! Zu heftig braust das Blut in Deinen Adern, Du würdest nur zerstören. Karlos. Geben Sie mir zu zerstören, Vater -- Heftig braust's in meinen Adern -- drei und zwanzig Jahre, und König Philipps Sohn, und nichts gebaut, und nichts zertrümmert unter diesem Monde. Ich bin erwacht, ich fühle mich -- Mein Ruf zum Königsthron pocht wie ein Gläubiger aus meinem Schlummer mich empor, und alle verlorne Stunden meiner Jugend mahnen mich laut wie Ehrenschulden. Er ist da, der große schöne Augenblick, der endlich des hohen Pfundes Zinsen von mir fodert: mich ruft die Weltgeschichte, Ahnenruhm, und des Gerüchtes donnernde Posaune. Nun ist die Zeit gekommen, mir des Ruhmes glorreiche Schranken aufzuthun -- -- Mein König, darf ich die Bitte auszusprechen wagen, die mich hieher geführt? Zweiter Akt. Philipp. Geduld! Zu heftig brauſt das Blut in Deinen Adern, Du würdeſt nur zerſtören. Karlos. Geben Sie mir zu zerſtören, Vater — Heftig brauſt’s in meinen Adern — drei und zwanzig Jahre, und König Philipps Sohn, und nichts gebaut, und nichts zertrümmert unter dieſem Monde. Ich bin erwacht, ich fühle mich — Mein Ruf zum Königsthron pocht wie ein Gläubiger aus meinem Schlummer mich empor, und alle verlorne Stunden meiner Jugend mahnen mich laut wie Ehrenſchulden. Er iſt da, der große ſchöne Augenblick, der endlich des hohen Pfundes Zinſen von mir fodert: mich ruft die Weltgeſchichte, Ahnenruhm, und des Gerüchtes donnernde Poſaune. Nun iſt die Zeit gekommen, mir des Ruhmes glorreiche Schranken aufzuthun — — Mein König, darf ich die Bitte auszuſprechen wagen, die mich hieher geführt? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0103" n="93"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweiter Akt</hi>.</fw><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker><hi rendition="#g">Philipp</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Geduld!</hi><lb/> Zu heftig brauſt das Blut in Deinen Adern,<lb/> Du würdeſt nur zerſtören.</p> </sp><lb/> <sp who="#KAR"> <speaker><hi rendition="#g">Karlos</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Geben Sie</hi><lb/> mir zu zerſtören, Vater — Heftig brauſt’s<lb/> in meinen Adern — drei und zwanzig Jahre,<lb/> und König Philipps Sohn, und nichts gebaut,<lb/> und nichts zertrümmert unter dieſem Monde.<lb/> Ich bin erwacht, ich fühle mich — Mein<lb/> Ruf<lb/> zum Königsthron pocht wie ein Gläubiger<lb/> aus meinem Schlummer mich empor, und alle<lb/> verlorne Stunden meiner Jugend mahnen<lb/> mich laut wie Ehrenſchulden. Er iſt da,<lb/> der große ſchöne Augenblick, der endlich<lb/> des hohen Pfundes Zinſen von mir fodert:<lb/> mich ruft die Weltgeſchichte, Ahnenruhm,<lb/> und des Gerüchtes donnernde Poſaune.<lb/> Nun iſt die Zeit gekommen, mir des Ruhmes<lb/> glorreiche Schranken aufzuthun — — Mein<lb/> König,<lb/> darf ich die Bitte auszuſprechen wagen,<lb/> die mich hieher geführt?</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0103]
Zweiter Akt.
Philipp.
Geduld!
Zu heftig brauſt das Blut in Deinen Adern,
Du würdeſt nur zerſtören.
Karlos.
Geben Sie
mir zu zerſtören, Vater — Heftig brauſt’s
in meinen Adern — drei und zwanzig Jahre,
und König Philipps Sohn, und nichts gebaut,
und nichts zertrümmert unter dieſem Monde.
Ich bin erwacht, ich fühle mich — Mein
Ruf
zum Königsthron pocht wie ein Gläubiger
aus meinem Schlummer mich empor, und alle
verlorne Stunden meiner Jugend mahnen
mich laut wie Ehrenſchulden. Er iſt da,
der große ſchöne Augenblick, der endlich
des hohen Pfundes Zinſen von mir fodert:
mich ruft die Weltgeſchichte, Ahnenruhm,
und des Gerüchtes donnernde Poſaune.
Nun iſt die Zeit gekommen, mir des Ruhmes
glorreiche Schranken aufzuthun — — Mein
König,
darf ich die Bitte auszuſprechen wagen,
die mich hieher geführt?
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