Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Dom Karlos. Mit gemäßigter Empfindlichkeit. Wirklich -- ich gesteh' es -- an diesem Briefe lag mir viel. Marquis. So schien es. Darum zerriß ich ihn. Der Marquis ruht mit einem durchdringenden Blick auf dem Prinzen, der ihn zweifelhaft ansteht. Langes Stillschweigen. Sprich doch -- Was haben Entweihungen des königlichen Bettes mit Deiner -- Deiner Liebe denn zu schaffen? War Philipp Dir gefährlich? Welches Band kann die verletzten Pflichten des Gemahls mit Deinen kühnen Hoffnungen verknüpfen? Hat er gesündigt, wo Du liebst? Vermissest Du noch Befriedigungen, die der Gattinn Empfindlichkeit vollenden soll? Nun freilich lern' ich Dich fassen. O wie schlecht hab' ich bis jetzt auf Deine Liebe mich verstanden. Karlos unruhig. Wie Rodrigo? Was glaubst Du? Marquis. O ich fühle, wovon ich mich entwöhnen muß. Ja einst, Dom Karlos. Mit gemäßigter Empfindlichkeit. Wirklich — ich geſteh’ es — an dieſem Briefe lag mir viel. Marquis. So ſchien es. Darum zerriß ich ihn. Der Marquis ruht mit einem durchdringenden Blick auf dem Prinzen, der ihn zweifelhaft anſteht. Langes Stillſchweigen. Sprich doch — Was haben Entweihungen des königlichen Bettes mit Deiner — Deiner Liebe denn zu ſchaffen? War Philipp Dir gefährlich? Welches Band kann die verletzten Pflichten des Gemahls mit Deinen kühnen Hoffnungen verknüpfen? Hat er geſündigt, wo Du liebſt? Vermiſſeſt Du noch Befriedigungen, die der Gattinn Empfindlichkeit vollenden ſoll? Nun freilich lern’ ich Dich faſſen. O wie ſchlecht hab’ ich bis jetzt auf Deine Liebe mich verſtanden. Karlos unruhig. Wie Rodrigo? Was glaubſt Du? Marquis. O ich fühle, wovon ich mich entwöhnen muß. Ja einſt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#KAR"> <pb facs="#f0220" n="210"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos</hi>.</fw><lb/> <stage>Mit gemäßigter Empfindlichkeit.</stage><lb/> <p><hi rendition="#et">Wirklich — ich geſteh’ es —</hi><lb/> an dieſem Briefe lag mir viel.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker><hi rendition="#g">Marquis</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">So ſchien es.</hi><lb/> Darum zerriß ich ihn.</p><lb/> <stage>Der Marquis ruht mit einem durchdringenden Blick<lb/> auf dem Prinzen, der ihn zweifelhaft anſteht. Langes<lb/> Stillſchweigen.</stage><lb/> <p><hi rendition="#et">Sprich doch — Was haben</hi><lb/> Entweihungen des königlichen Bettes<lb/> mit Deiner — Deiner Liebe denn zu ſchaffen?<lb/> War Philipp Dir gefährlich? Welches Band<lb/> kann die verletzten Pflichten des Gemahls<lb/> mit Deinen kühnen Hoffnungen verknüpfen?<lb/> Hat er geſündigt, wo Du liebſt? Vermiſſeſt<lb/> Du noch Befriedigungen, die der Gattinn<lb/> Empfindlichkeit vollenden ſoll? Nun freilich<lb/> lern’ ich Dich faſſen. O wie ſchlecht hab’ ich<lb/> bis jetzt auf Deine Liebe mich verſtanden.</p> </sp><lb/> <sp who="#KAR"> <speaker> <hi rendition="#g">Karlos</hi> </speaker> <stage>unruhig.</stage><lb/> <p>Wie Rodrigo? Was glaubſt Du?</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker><hi rendition="#g">Marquis</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">O ich fühle,</hi><lb/> wovon ich mich entwöhnen muß. Ja einſt,<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [210/0220]
Dom Karlos.
Mit gemäßigter Empfindlichkeit.
Wirklich — ich geſteh’ es —
an dieſem Briefe lag mir viel.
Marquis.
So ſchien es.
Darum zerriß ich ihn.
Der Marquis ruht mit einem durchdringenden Blick
auf dem Prinzen, der ihn zweifelhaft anſteht. Langes
Stillſchweigen.
Sprich doch — Was haben
Entweihungen des königlichen Bettes
mit Deiner — Deiner Liebe denn zu ſchaffen?
War Philipp Dir gefährlich? Welches Band
kann die verletzten Pflichten des Gemahls
mit Deinen kühnen Hoffnungen verknüpfen?
Hat er geſündigt, wo Du liebſt? Vermiſſeſt
Du noch Befriedigungen, die der Gattinn
Empfindlichkeit vollenden ſoll? Nun freilich
lern’ ich Dich faſſen. O wie ſchlecht hab’ ich
bis jetzt auf Deine Liebe mich verſtanden.
Karlos unruhig.
Wie Rodrigo? Was glaubſt Du?
Marquis.
O ich fühle,
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