Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Erster Akt.
Den Du hier siehst, das ist der Karl nicht
mehr,
der in Alkala von Dir Abschied nahm,
der Karl nicht mehr, der sich beherzt getraute,
das Paradies dem Schöpfer abzusehn
und dermaleinst als unumschränkter Fürst
in Spanien zu pflanzen -- O der Einfall
war kindisch, aber göttlich schön. Vorbei
sind diese Träume. --
Marquis.
Träume, Prinz! -- Und Träume
nur wären es gewesen?
Karlos.
Laß mich weinen,
an Deinem Herzen heiße Thränen weinen,
Du einz'ger Freund. Ich habe niemand --
niemand --
auf dieser großen weiten Erde niemand.
So weit das Zepter meines Vaters reicht,
so weit die Schiffahrt unsre Flaggen sendet,
ist keine Stelle -- keine -- keine, wo
ich meiner Thränen mich entlasten darf,
als diese. O bei allem, Rodrigo,
was Du und ich dereinst im Himmel hoffen,
von dieser Stelle, Rodrigo, verjage,
verjage mich von dieser Stelle nicht.
Erſter Akt.
Den Du hier ſiehſt, das iſt der Karl nicht
mehr,
der in Alkala von Dir Abſchied nahm,
der Karl nicht mehr, der ſich beherzt getraute,
das Paradies dem Schöpfer abzuſehn
und dermaleinſt als unumſchränkter Fürſt
in Spanien zu pflanzen — O der Einfall
war kindiſch, aber göttlich ſchön. Vorbei
ſind dieſe Träume. —
Marquis.
Träume, Prinz! — Und Träume
nur wären es geweſen?
Karlos.
Laß mich weinen,
an Deinem Herzen heiße Thränen weinen,
Du einz’ger Freund. Ich habe niemand —
niemand —
auf dieſer großen weiten Erde niemand.
So weit das Zepter meines Vaters reicht,
ſo weit die Schiffahrt unſre Flaggen ſendet,
iſt keine Stelle — keine — keine, wo
ich meiner Thränen mich entlaſten darf,
als dieſe. O bei allem, Rodrigo,
was Du und ich dereinſt im Himmel hoffen,
von dieſer Stelle, Rodrigo, verjage,
verjage mich von dieſer Stelle nicht.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#KAR">
              <p><pb facs="#f0025" n="15"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Er&#x017F;ter Akt</hi>.</fw><lb/>
Den Du hier &#x017F;ieh&#x017F;t, das i&#x017F;t der Karl nicht<lb/>
mehr,<lb/>
der in Alkala von Dir Ab&#x017F;chied nahm,<lb/>
der Karl nicht mehr, der &#x017F;ich beherzt getraute,<lb/>
das Paradies dem Schöpfer abzu&#x017F;ehn<lb/>
und dermalein&#x017F;t als unum&#x017F;chränkter Für&#x017F;t<lb/>
in Spanien zu pflanzen &#x2014; O der Einfall<lb/>
war kindi&#x017F;ch, aber göttlich &#x017F;chön. Vorbei<lb/>
&#x017F;ind die&#x017F;e Träume. &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MAR">
              <speaker><hi rendition="#g">Marquis</hi>.</speaker><lb/>
              <p><hi rendition="#et">Träume, Prinz! &#x2014; Und Träume</hi><lb/>
nur wären es gewe&#x017F;en?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#KAR">
              <speaker><hi rendition="#g">Karlos</hi>.</speaker><lb/>
              <p><hi rendition="#et">Laß mich weinen,</hi><lb/>
an Deinem Herzen heiße Thränen weinen,<lb/>
Du einz&#x2019;ger Freund. Ich habe niemand &#x2014;<lb/>
niemand &#x2014;<lb/>
auf die&#x017F;er großen weiten Erde niemand.<lb/>
So weit das Zepter meines Vaters reicht,<lb/>
&#x017F;o weit die Schiffahrt un&#x017F;re Flaggen &#x017F;endet,<lb/>
i&#x017F;t keine Stelle &#x2014; keine &#x2014; keine, wo<lb/>
ich meiner Thränen mich entla&#x017F;ten darf,<lb/>
als die&#x017F;e. O bei allem, Rodrigo,<lb/>
was Du und ich derein&#x017F;t im Himmel hoffen,<lb/>
von die&#x017F;er Stelle, Rodrigo, verjage,<lb/>
verjage mich von die&#x017F;er Stelle nicht.</p>
            </sp><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0025] Erſter Akt. Den Du hier ſiehſt, das iſt der Karl nicht mehr, der in Alkala von Dir Abſchied nahm, der Karl nicht mehr, der ſich beherzt getraute, das Paradies dem Schöpfer abzuſehn und dermaleinſt als unumſchränkter Fürſt in Spanien zu pflanzen — O der Einfall war kindiſch, aber göttlich ſchön. Vorbei ſind dieſe Träume. — Marquis. Träume, Prinz! — Und Träume nur wären es geweſen? Karlos. Laß mich weinen, an Deinem Herzen heiße Thränen weinen, Du einz’ger Freund. Ich habe niemand — niemand — auf dieſer großen weiten Erde niemand. So weit das Zepter meines Vaters reicht, ſo weit die Schiffahrt unſre Flaggen ſendet, iſt keine Stelle — keine — keine, wo ich meiner Thränen mich entlaſten darf, als dieſe. O bei allem, Rodrigo, was Du und ich dereinſt im Himmel hoffen, von dieſer Stelle, Rodrigo, verjage, verjage mich von dieſer Stelle nicht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/25
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/25>, abgerufen am 23.11.2024.