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Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

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Dom Karlos.
und kräftig ringen auf des Ruhmes Bahn.
In seinem Flor gedeihen Sie. Das Glück,
das Sie ihm reichen, ist Athletenkost,
der Glieder Nervenkraft zu härten. Menschen
sind Ihnen brauchbar, weiter nichts; so we-
nig
als Ohr und Auge für sich selbst vorhanden.
Nur für die Krone zählen sie. In ihr
ging ihres Wesens Eigenthum, ihr Selbst
und ihres Willens hohes Vorrecht unter.
Zu einer Pflanze fiel der Geist. Jetzt blühen
Genie und Tugend für den Thron, wie für
des Schnitters Sense Halmen sich vergolden.

Er bemerkt einige Bewegungen bei dem König und hält
inne -- Dieser verharrt in seinem Stillschweigen.

Ich finde mein Geschlecht nicht mehr -- Wo-
hin
mit meiner Liebe? Eine neue Gattung
und neue Bande der Natur -- von dem
gekrönten Sterblichen erdacht -- Denn ringen
mußte
der Sterbliche mit Freiheit. Leidenschaft
mit Leidenschaft, Gedanken mit Gedanken
zu kaufen war die große Kunst -- Doch wer,
als die Allgegenwart allein, kann in
den Abgrund jeder Menschenbrust sich tauchen?
Dom Karlos.
und kräftig ringen auf des Ruhmes Bahn.
In ſeinem Flor gedeihen Sie. Das Glück,
das Sie ihm reichen, iſt Athletenkoſt,
der Glieder Nervenkraft zu härten. Menſchen
ſind Ihnen brauchbar, weiter nichts; ſo we-
nig
als Ohr und Auge für ſich ſelbſt vorhanden.
Nur für die Krone zählen ſie. In ihr
ging ihres Weſens Eigenthum, ihr Selbſt
und ihres Willens hohes Vorrecht unter.
Zu einer Pflanze fiel der Geiſt. Jetzt blühen
Genie und Tugend für den Thron, wie für
des Schnitters Senſe Halmen ſich vergolden.

Er bemerkt einige Bewegungen bei dem König und hält
inne — Dieſer verharrt in ſeinem Stillſchweigen.

Ich finde mein Geſchlecht nicht mehr — Wo-
hin
mit meiner Liebe? Eine neue Gattung
und neue Bande der Natur — von dem
gekrönten Sterblichen erdacht — Denn ringen
mußte
der Sterbliche mit Freiheit. Leidenſchaft
mit Leidenſchaft, Gedanken mit Gedanken
zu kaufen war die große Kunſt — Doch wer,
als die Allgegenwart allein, kann in
den Abgrund jeder Menſchenbruſt ſich tauchen?
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[268/0280] Dom Karlos. und kräftig ringen auf des Ruhmes Bahn. In ſeinem Flor gedeihen Sie. Das Glück, das Sie ihm reichen, iſt Athletenkoſt, der Glieder Nervenkraft zu härten. Menſchen ſind Ihnen brauchbar, weiter nichts; ſo we- nig als Ohr und Auge für ſich ſelbſt vorhanden. Nur für die Krone zählen ſie. In ihr ging ihres Weſens Eigenthum, ihr Selbſt und ihres Willens hohes Vorrecht unter. Zu einer Pflanze fiel der Geiſt. Jetzt blühen Genie und Tugend für den Thron, wie für des Schnitters Senſe Halmen ſich vergolden. Er bemerkt einige Bewegungen bei dem König und hält inne — Dieſer verharrt in ſeinem Stillſchweigen. Ich finde mein Geſchlecht nicht mehr — Wo- hin mit meiner Liebe? Eine neue Gattung und neue Bande der Natur — von dem gekrönten Sterblichen erdacht — Denn ringen mußte der Sterbliche mit Freiheit. Leidenſchaft mit Leidenſchaft, Gedanken mit Gedanken zu kaufen war die große Kunſt — Doch wer, als die Allgegenwart allein, kann in den Abgrund jeder Menſchenbruſt ſich tauchen?

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/280>, abgerufen am 21.11.2024.