Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Dom Karlos. ein solcher Hauch auf diesem Spiegel dauern?Nein! Es ist Lästerung! -- Was that er mir, daß ich der Schwächen schwächster ihn verklage? Was ich ihn zeihe, werd' ich selbst -- -- -- Befremden -- das mag es ihn, das glaub' ich gern. Wann hätte er dieser seltsamen Verschlossenheit zu seinem Freunde sich versehn? -- Auch schmerzen! Ich kann dir's nicht ersparen, Karl, und länger muß ich noch deine gute Seele quälen. Der König glaubte dem Gefäß, dem er sein heiliges Geheimniß übergeben, und Glauben fodert Dankbarkeit. Was wäre Geschwätzigkeit, wenn mein Verstummen dir nicht Leiden bringt? Vielleicht erspart? War- um dem Schlafenden die Wetterwolke zeigen, die über seinem Scheitel hängt? -- Genug, daß ich sie still an dir vorüber führe und, wenn du aufwach'st, heller Himmel ist. Er geht ab. Dom Karlos. ein ſolcher Hauch auf dieſem Spiegel dauern?Nein! Es iſt Läſterung! — Was that er mir, daß ich der Schwächen ſchwächſter ihn verklage? Was ich ihn zeihe, werd’ ich ſelbſt — — — Befremden — das mag es ihn, das glaub’ ich gern. Wann hätte er dieſer ſeltſamen Verſchloſſenheit zu ſeinem Freunde ſich verſehn? — Auch ſchmerzen! Ich kann dir’s nicht erſparen, Karl, und länger muß ich noch deine gute Seele quälen. Der König glaubte dem Gefäß, dem er ſein heiliges Geheimniß übergeben, und Glauben fodert Dankbarkeit. Was wäre Geſchwätzigkeit, wenn mein Verſtummen dir nicht Leiden bringt? Vielleicht erſpart? War- um dem Schlafenden die Wetterwolke zeigen, die über ſeinem Scheitel hängt? — Genug, daß ich ſie ſtill an dir vorüber führe und, wenn du aufwach’ſt, heller Himmel iſt. Er geht ab. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0336" n="324"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos.</hi></fw><lb/> ein ſolcher Hauch auf dieſem Spiegel dauern?<lb/> Nein! Es iſt Läſterung! — Was that<lb/> er mir,<lb/> daß ich der Schwächen ſchwächſter ihn verklage?<lb/> Was ich ihn zeihe, werd’ ich ſelbſt — — —<lb/> Befremden —<lb/> das mag es ihn, das glaub’ ich gern. Wann<lb/> hätte<lb/> er dieſer ſeltſamen Verſchloſſenheit<lb/> zu ſeinem Freunde ſich verſehn? — Auch<lb/> ſchmerzen!<lb/> Ich kann dir’s nicht erſparen, Karl, und länger<lb/> muß ich noch deine gute Seele quälen.<lb/> Der König glaubte dem Gefäß, dem er<lb/> ſein heiliges Geheimniß übergeben,<lb/> und Glauben fodert Dankbarkeit. Was wäre<lb/> Geſchwätzigkeit, wenn mein Verſtummen dir<lb/> nicht Leiden bringt? Vielleicht erſpart? War-<lb/> um<lb/> dem Schlafenden die Wetterwolke zeigen,<lb/> die über ſeinem Scheitel hängt? — Genug,<lb/> daß ich ſie ſtill an dir vorüber führe<lb/> und, wenn du aufwach’ſt, heller Himmel iſt.</p><lb/> <stage>Er geht ab.</stage><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [324/0336]
Dom Karlos.
ein ſolcher Hauch auf dieſem Spiegel dauern?
Nein! Es iſt Läſterung! — Was that
er mir,
daß ich der Schwächen ſchwächſter ihn verklage?
Was ich ihn zeihe, werd’ ich ſelbſt — — —
Befremden —
das mag es ihn, das glaub’ ich gern. Wann
hätte
er dieſer ſeltſamen Verſchloſſenheit
zu ſeinem Freunde ſich verſehn? — Auch
ſchmerzen!
Ich kann dir’s nicht erſparen, Karl, und länger
muß ich noch deine gute Seele quälen.
Der König glaubte dem Gefäß, dem er
ſein heiliges Geheimniß übergeben,
und Glauben fodert Dankbarkeit. Was wäre
Geſchwätzigkeit, wenn mein Verſtummen dir
nicht Leiden bringt? Vielleicht erſpart? War-
um
dem Schlafenden die Wetterwolke zeigen,
die über ſeinem Scheitel hängt? — Genug,
daß ich ſie ſtill an dir vorüber führe
und, wenn du aufwach’ſt, heller Himmel iſt.
Er geht ab.
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