Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Dom Karlos. Lang', wie sein Traum, währt seine Gottheit --Wehe dem Rasenden, der ihn mitleidig weckte. Was aber würde Rodrigo? -- Die Freund- schaft ist wahr und kühn -- Die kranke Majestät hält ihren fürchterlichen Strahl nicht aus. Den Stolz des Bürgers würden Sie nicht dulden, ich nicht den Trotz des Fürsten. Karlos. Wahr und schrecklich ist Dein Gemählde von Monarchen. Ja, ich glaube Dir -- Doch nur die Wollust schloß dem Laster ihre Herzen aus. -- -- Ich bin noch rein -- ein drei und zwanzigjähr'ger Jüng- ling. Was vor mir Tausende gewissenlos in schwelgenden Umarmungen verpraßten, des Geistes beste Hälfte, Männerkraft, hab' ich dem künft'gen Herrscher aufgehoben. Der Wollust Pfeil zerbrach an dieser Brust lang', ehe noch Elisabeth hier herrschte. Ob ich ihn jetzt noch fürchten werde? -- Sprich! Was könnte Dich aus meinem Herzen drängen, wenn es nicht Weiber thun? Dom Karlos. Lang’, wie ſein Traum, währt ſeine Gottheit —Wehe dem Raſenden, der ihn mitleidig weckte. Was aber würde Rodrigo? — Die Freund- ſchaft iſt wahr und kühn — Die kranke Majeſtät hält ihren fürchterlichen Strahl nicht aus. Den Stolz des Bürgers würden Sie nicht dulden, ich nicht den Trotz des Fürſten. Karlos. Wahr und ſchrecklich iſt Dein Gemählde von Monarchen. Ja, ich glaube Dir — Doch nur die Wolluſt ſchloß dem Laſter ihre Herzen aus. — — Ich bin noch rein — ein drei und zwanzigjähr’ger Jüng- ling. Was vor mir Tauſende gewiſſenlos in ſchwelgenden Umarmungen verpraßten, des Geiſtes beſte Hälfte, Männerkraft, hab’ ich dem künft’gen Herrſcher aufgehoben. Der Wolluſt Pfeil zerbrach an dieſer Bruſt lang’, ehe noch Eliſabeth hier herrſchte. Ob ich ihn jetzt noch fürchten werde? — Sprich! Was könnte Dich aus meinem Herzen drängen, wenn es nicht Weiber thun? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#MAR"> <p><pb facs="#f0086" n="76"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos.</hi></fw><lb/> Lang’, wie ſein Traum, währt ſeine Gottheit —<lb/> Wehe<lb/> dem Raſenden, der ihn mitleidig weckte.<lb/> Was aber würde Rodrigo? — Die Freund-<lb/> ſchaft<lb/> iſt wahr und kühn — Die kranke Majeſtät<lb/> hält ihren fürchterlichen Strahl nicht aus.<lb/> Den Stolz des Bürgers würden <hi rendition="#g">Sie</hi> nicht<lb/> dulden,<lb/><hi rendition="#g">ich</hi> nicht den Trotz des Fürſten.</p> </sp><lb/> <sp who="#KAR"> <speaker> <hi rendition="#g">Karlos.</hi> </speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Wahr und ſchrecklich</hi><lb/> iſt Dein Gemählde von Monarchen. Ja,<lb/> ich glaube Dir — Doch nur die Wolluſt ſchloß<lb/> dem Laſter ihre Herzen aus. — — Ich bin<lb/> noch rein — ein drei und zwanzigjähr’ger Jüng-<lb/> ling.<lb/> Was vor mir Tauſende gewiſſenlos<lb/> in ſchwelgenden Umarmungen verpraßten,<lb/> des Geiſtes beſte Hälfte, Männerkraft,<lb/> hab’ ich dem künft’gen Herrſcher aufgehoben.<lb/> Der Wolluſt Pfeil zerbrach an dieſer Bruſt<lb/> lang’, ehe noch Eliſabeth hier herrſchte.<lb/> Ob ich ihn jetzt noch fürchten werde? — Sprich!<lb/> Was könnte Dich aus meinem Herzen drängen,<lb/> wenn es nicht Weiber thun?</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [76/0086]
Dom Karlos.
Lang’, wie ſein Traum, währt ſeine Gottheit —
Wehe
dem Raſenden, der ihn mitleidig weckte.
Was aber würde Rodrigo? — Die Freund-
ſchaft
iſt wahr und kühn — Die kranke Majeſtät
hält ihren fürchterlichen Strahl nicht aus.
Den Stolz des Bürgers würden Sie nicht
dulden,
ich nicht den Trotz des Fürſten.
Karlos.
Wahr und ſchrecklich
iſt Dein Gemählde von Monarchen. Ja,
ich glaube Dir — Doch nur die Wolluſt ſchloß
dem Laſter ihre Herzen aus. — — Ich bin
noch rein — ein drei und zwanzigjähr’ger Jüng-
ling.
Was vor mir Tauſende gewiſſenlos
in ſchwelgenden Umarmungen verpraßten,
des Geiſtes beſte Hälfte, Männerkraft,
hab’ ich dem künft’gen Herrſcher aufgehoben.
Der Wolluſt Pfeil zerbrach an dieſer Bruſt
lang’, ehe noch Eliſabeth hier herrſchte.
Ob ich ihn jetzt noch fürchten werde? — Sprich!
Was könnte Dich aus meinem Herzen drängen,
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