Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

diesen außerordentlichen Aufwand in die Länge fort¬
zuführen.

Der Prinz von **d**, wie man sagt, ist
in Geschäften des *** Ordens hier, wobey er
sich einbildet, eine wichtige Rolle zu spielen. Daß
er von allen Bekanntschaften unsers Prinzen sogleich
Besitz genommen haben werde, können Sie sich leicht
einbilden. In den Bucentauro besonders ist er mit
Pomp eingeführt worden, da es ihm seit einiger
Zeit beliebt hat, den witzigen Kopf und den starken
Geist zu spielen, wie er sich denn auch in seinen
Correspondenzen, deren er in allen Weltgegenden
unterhält, nur den Prince philosophe nennen
läßt. Ich weiß nicht, ob Sie je das Glück gehabt
haben, ihn zu sehen. Ein vielversprechendes
Aeußre, beschäftigte Augen, eine Miene voll Kunst¬
verständigkeit, viel Prunk von Lektüre, viel
erworbene Natur, (vergönnen Sie mir dieses
Wort) und eine fürstliche Herablassung zu Men¬
schengefühlen, dabey eine heroische Zuversicht auf
sich selbst, und eine alles niedersprechende Bered¬
samkeit. Wer könnte bey so glänzenden Eigenschaf¬
ten einer K. H. seine Huldigung versagen? Wie
indessen der stille wortarme und gründliche Werth
unsers Prinzen neben dieser schreyenden Vortreff¬
lichkeit auskommen wird, muß der Ausgang
lehren.

In unsrer Einrichtung sind seit der Zeit viele
und große Veränderungen geschehen. Wir haben
ein neues prächtiges Haus, der neuen Prokuratie

gegen¬

dieſen außerordentlichen Aufwand in die Länge fort¬
zuführen.

Der Prinz von **d**, wie man ſagt, iſt
in Geſchäften des *** Ordens hier, wobey er
ſich einbildet, eine wichtige Rolle zu ſpielen. Daß
er von allen Bekanntſchaften unſers Prinzen ſogleich
Beſitz genommen haben werde, können Sie ſich leicht
einbilden. In den Bucentauro beſonders iſt er mit
Pomp eingeführt worden, da es ihm ſeit einiger
Zeit beliebt hat, den witzigen Kopf und den ſtarken
Geiſt zu ſpielen, wie er ſich denn auch in ſeinen
Correſpondenzen, deren er in allen Weltgegenden
unterhält, nur den Prince philoſophe nennen
läßt. Ich weiß nicht, ob Sie je das Glück gehabt
haben, ihn zu ſehen. Ein vielverſprechendes
Aeußre, beſchäftigte Augen, eine Miene voll Kunſt¬
verſtändigkeit, viel Prunk von Lektüre, viel
erworbene Natur, (vergönnen Sie mir dieſes
Wort) und eine fürſtliche Herablaſſung zu Men¬
ſchengefühlen, dabey eine heroiſche Zuverſicht auf
ſich ſelbſt, und eine alles niederſprechende Bered¬
ſamkeit. Wer könnte bey ſo glänzenden Eigenſchaf¬
ten einer K. H. ſeine Huldigung verſagen? Wie
indeſſen der ſtille wortarme und gründliche Werth
unſers Prinzen neben dieſer ſchreyenden Vortreff¬
lichkeit auskommen wird, muß der Ausgang
lehren.

In unſrer Einrichtung ſind ſeit der Zeit viele
und große Veränderungen geſchehen. Wir haben
ein neues prächtiges Haus, der neuen Prokuratie

gegen¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0115" n="107"/>
die&#x017F;en außerordentlichen Aufwand in die Länge fort¬<lb/>
zuführen.</p><lb/>
            <p>Der Prinz von **d**, wie man &#x017F;agt, i&#x017F;t<lb/>
in Ge&#x017F;chäften des *** Ordens hier, wobey er<lb/>
&#x017F;ich einbildet, eine wichtige Rolle zu &#x017F;pielen. Daß<lb/>
er von allen Bekannt&#x017F;chaften un&#x017F;ers Prinzen &#x017F;ogleich<lb/>
Be&#x017F;itz genommen haben werde, können Sie &#x017F;ich leicht<lb/>
einbilden. In den Bucentauro be&#x017F;onders i&#x017F;t er mit<lb/>
Pomp eingeführt worden, da es ihm &#x017F;eit einiger<lb/>
Zeit beliebt hat, den witzigen Kopf und den &#x017F;tarken<lb/>
Gei&#x017F;t zu &#x017F;pielen, wie er &#x017F;ich denn auch in &#x017F;einen<lb/>
Corre&#x017F;pondenzen, deren er in allen Weltgegenden<lb/>
unterhält, nur den <hi rendition="#aq">Prince philo&#x017F;ophe</hi> nennen<lb/>
läßt. Ich weiß nicht, ob Sie je das Glück gehabt<lb/>
haben, ihn zu &#x017F;ehen. Ein vielver&#x017F;prechendes<lb/>
Aeußre, be&#x017F;chäftigte Augen, eine Miene voll Kun&#x017F;<lb/>
ver&#x017F;tändigkeit, viel Prunk von Lektüre, viel<lb/>
erworbene Natur, (vergönnen Sie mir die&#x017F;es<lb/>
Wort) und eine für&#x017F;tliche Herabla&#x017F;&#x017F;ung zu Men¬<lb/>
&#x017F;chengefühlen, dabey eine heroi&#x017F;che Zuver&#x017F;icht auf<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, und eine alles nieder&#x017F;prechende Bered¬<lb/>
&#x017F;amkeit. Wer könnte bey &#x017F;o glänzenden Eigen&#x017F;chaf¬<lb/>
ten einer K. H. &#x017F;eine Huldigung ver&#x017F;agen? Wie<lb/>
inde&#x017F;&#x017F;en der &#x017F;tille wortarme und gründliche Werth<lb/>
un&#x017F;ers Prinzen neben die&#x017F;er &#x017F;chreyenden Vortreff¬<lb/>
lichkeit auskommen wird, muß der Ausgang<lb/>
lehren.</p><lb/>
            <p>In un&#x017F;rer Einrichtung &#x017F;ind &#x017F;eit der Zeit viele<lb/>
und große Veränderungen ge&#x017F;chehen. Wir haben<lb/>
ein neues prächtiges Haus, der neuen Prokuratie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gegen¬<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0115] dieſen außerordentlichen Aufwand in die Länge fort¬ zuführen. Der Prinz von **d**, wie man ſagt, iſt in Geſchäften des *** Ordens hier, wobey er ſich einbildet, eine wichtige Rolle zu ſpielen. Daß er von allen Bekanntſchaften unſers Prinzen ſogleich Beſitz genommen haben werde, können Sie ſich leicht einbilden. In den Bucentauro beſonders iſt er mit Pomp eingeführt worden, da es ihm ſeit einiger Zeit beliebt hat, den witzigen Kopf und den ſtarken Geiſt zu ſpielen, wie er ſich denn auch in ſeinen Correſpondenzen, deren er in allen Weltgegenden unterhält, nur den Prince philoſophe nennen läßt. Ich weiß nicht, ob Sie je das Glück gehabt haben, ihn zu ſehen. Ein vielverſprechendes Aeußre, beſchäftigte Augen, eine Miene voll Kunſt¬ verſtändigkeit, viel Prunk von Lektüre, viel erworbene Natur, (vergönnen Sie mir dieſes Wort) und eine fürſtliche Herablaſſung zu Men¬ ſchengefühlen, dabey eine heroiſche Zuverſicht auf ſich ſelbſt, und eine alles niederſprechende Bered¬ ſamkeit. Wer könnte bey ſo glänzenden Eigenſchaf¬ ten einer K. H. ſeine Huldigung verſagen? Wie indeſſen der ſtille wortarme und gründliche Werth unſers Prinzen neben dieſer ſchreyenden Vortreff¬ lichkeit auskommen wird, muß der Ausgang lehren. In unſrer Einrichtung ſind ſeit der Zeit viele und große Veränderungen geſchehen. Wir haben ein neues prächtiges Haus, der neuen Prokuratie gegen¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/115
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/115>, abgerufen am 24.11.2024.