Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789."Verzeihen Sie. Ich muß indiskret scheinen, Der Prinz ist nicht in Verlegenheit, sagte ich. Er schüttelte den Kopf. "Verkennen Sie meine mir
„Verzeihen Sie. Ich muß indiskret ſcheinen, Der Prinz iſt nicht in Verlegenheit, ſagte ich. Er ſchüttelte den Kopf. „Verkennen Sie meine mir
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0174" n="166"/> <p>„Verzeihen Sie. Ich muß indiskret ſcheinen,<lb/> um nicht ein Undankbarer zu werden. Dem Prin¬<lb/> zen dank' ich Leben, und was mir weit über das<lb/> Leben geht, einen vernünftigen Gebrauch des Le¬<lb/> bens. Ich ſollte den Prinzen Schritte thun ſehen,<lb/> die ihm koſten, die unter ſeiner Würde ſind, es<lb/> ſtünde in meiner Macht, ſie ihm zu erſparen, und<lb/> ich ſollte mich leidend dabey verhalten?“</p><lb/> <p>Der Prinz iſt nicht in Verlegenheit, ſagte ich.<lb/> Einige Wechſel, die wir über Trient erwarteten,<lb/> ſind uns unvermuthet ausgeblieben. Zufällig ohne<lb/> Zweifel — oder weil man, in Ungewißheit we¬<lb/> gen ſeiner Abreiſe, noch eine nähere Weiſung von<lb/> ihm erwartete. Dies iſt nun geſchehen, und bis<lb/> dahin —</p><lb/> <p>Er ſchüttelte den Kopf. „Verkennen Sie meine<lb/> Abſicht nicht, ſagte er. Es kann hier nicht davon<lb/> die Rede ſeyn meine Verbindlichkeit gegen den<lb/> Prinzen dadurch zu vermindern — würden alle<lb/> Reichthümer meines Onkels dazu hinreichen? Die<lb/> Rede iſt davon, ihm einen einzigen unangenehmen<lb/> Augenblick zu erſparen. Mein Oheim beſitzt ein<lb/> großes Vermögen, worüber ich ſo gut als über<lb/> mein Eigenthum disponiren kann. Ein glücklicher<lb/> Zufall führt mir den einzigen möglichen Fall entge¬<lb/> gen, daß dem Prinzen, von allem, was in meiner<lb/> Gewalt ſtehet, etwas nützlich werden kann. Ich<lb/> weiß, fuhr er fort, was die Delicateſſe dem Prin¬<lb/> zen auflegt — aber ſie iſt auch gegenſeitig — und<lb/> es wäre großmüthig von dem Prinzen gehandelt,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">mir<lb/></fw> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [166/0174]
„Verzeihen Sie. Ich muß indiskret ſcheinen,
um nicht ein Undankbarer zu werden. Dem Prin¬
zen dank' ich Leben, und was mir weit über das
Leben geht, einen vernünftigen Gebrauch des Le¬
bens. Ich ſollte den Prinzen Schritte thun ſehen,
die ihm koſten, die unter ſeiner Würde ſind, es
ſtünde in meiner Macht, ſie ihm zu erſparen, und
ich ſollte mich leidend dabey verhalten?“
Der Prinz iſt nicht in Verlegenheit, ſagte ich.
Einige Wechſel, die wir über Trient erwarteten,
ſind uns unvermuthet ausgeblieben. Zufällig ohne
Zweifel — oder weil man, in Ungewißheit we¬
gen ſeiner Abreiſe, noch eine nähere Weiſung von
ihm erwartete. Dies iſt nun geſchehen, und bis
dahin —
Er ſchüttelte den Kopf. „Verkennen Sie meine
Abſicht nicht, ſagte er. Es kann hier nicht davon
die Rede ſeyn meine Verbindlichkeit gegen den
Prinzen dadurch zu vermindern — würden alle
Reichthümer meines Onkels dazu hinreichen? Die
Rede iſt davon, ihm einen einzigen unangenehmen
Augenblick zu erſparen. Mein Oheim beſitzt ein
großes Vermögen, worüber ich ſo gut als über
mein Eigenthum disponiren kann. Ein glücklicher
Zufall führt mir den einzigen möglichen Fall entge¬
gen, daß dem Prinzen, von allem, was in meiner
Gewalt ſtehet, etwas nützlich werden kann. Ich
weiß, fuhr er fort, was die Delicateſſe dem Prin¬
zen auflegt — aber ſie iſt auch gegenſeitig — und
es wäre großmüthig von dem Prinzen gehandelt,
mir
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