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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

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großen Talente, die er jetzt an den Tag kommen
lasse, verborgen gehalten, und durch gar nichts
die Aufmerksamkeit auf sich gezogen habe. Das
ist wahr; aber wo hätte er damals die Gelegenheit
gehabt, sich auszuzeichnen? Der Prinz bedurfte
seiner ja noch nicht, und seine übrigen Talente
mußte der Zufall uns entdecken.

Aber er hat uns ganz kürzlich einen Beweis
seiner Ergebenheit und Redlichkeit gegeben, der
alle ihre Zweifel zu Boden schlagen wird. Man
beobachtet den Prinzen. Man sucht geheime Er¬
kundigungen von seiner Lebensart, von seinen Be¬
kanntschaften und Verhältnissen einzuziehen. Ich
weiß nicht, wer diese Neugierde hat. Aber hören
Sie an.

Es ist hier in St. Georg ein öffentliches Haus,
wo Biondello öfters aus- und eingeht, er mag da
etwas liebes haben, ich weiß es nicht. Vor eini¬
gen Tagen ist er auch da, er findet eine Gesellschaft
beysammen, Advokaten und Officianten der Re¬
gierung, lustige Brüder und alte Bekannte von
ihm. Man verwundert sich, man ist erfreut, ihn
wieder zu sehen. Die alte Bekanntschaft wird
erneuert, jeder erzählt seine Geschichte bis auf die¬
sen Augenblick, Biondello soll auch die seinige zum
Besten geben. Er thut es in wenig Worten.
Man wünscht ihm Glück zu seinem neuen Etablisse¬
ment, man hat von der glänzenden Lebensart des
Prinzen von * * * schon erzählen hören, von seiner
Freygebigkeit gegen Leute besonders, die ein Ge¬

heim¬

großen Talente, die er jetzt an den Tag kommen
laſſe, verborgen gehalten, und durch gar nichts
die Aufmerkſamkeit auf ſich gezogen habe. Das
iſt wahr; aber wo hätte er damals die Gelegenheit
gehabt, ſich auszuzeichnen? Der Prinz bedurfte
ſeiner ja noch nicht, und ſeine übrigen Talente
mußte der Zufall uns entdecken.

Aber er hat uns ganz kürzlich einen Beweis
ſeiner Ergebenheit und Redlichkeit gegeben, der
alle ihre Zweifel zu Boden ſchlagen wird. Man
beobachtet den Prinzen. Man ſucht geheime Er¬
kundigungen von ſeiner Lebensart, von ſeinen Be¬
kanntſchaften und Verhältniſſen einzuziehen. Ich
weiß nicht, wer dieſe Neugierde hat. Aber hören
Sie an.

Es iſt hier in St. Georg ein öffentliches Haus,
wo Biondello öfters aus- und eingeht, er mag da
etwas liebes haben, ich weiß es nicht. Vor eini¬
gen Tagen iſt er auch da, er findet eine Geſellſchaft
beyſammen, Advokaten und Officianten der Re¬
gierung, luſtige Brüder und alte Bekannte von
ihm. Man verwundert ſich, man iſt erfreut, ihn
wieder zu ſehen. Die alte Bekanntſchaft wird
erneuert, jeder erzählt ſeine Geſchichte bis auf die¬
ſen Augenblick, Biondello ſoll auch die ſeinige zum
Beſten geben. Er thut es in wenig Worten.
Man wünſcht ihm Glück zu ſeinem neuen Etabliſſe¬
ment, man hat von der glänzenden Lebensart des
Prinzen von * * * ſchon erzählen hören, von ſeiner
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[189/0197] großen Talente, die er jetzt an den Tag kommen laſſe, verborgen gehalten, und durch gar nichts die Aufmerkſamkeit auf ſich gezogen habe. Das iſt wahr; aber wo hätte er damals die Gelegenheit gehabt, ſich auszuzeichnen? Der Prinz bedurfte ſeiner ja noch nicht, und ſeine übrigen Talente mußte der Zufall uns entdecken. Aber er hat uns ganz kürzlich einen Beweis ſeiner Ergebenheit und Redlichkeit gegeben, der alle ihre Zweifel zu Boden ſchlagen wird. Man beobachtet den Prinzen. Man ſucht geheime Er¬ kundigungen von ſeiner Lebensart, von ſeinen Be¬ kanntſchaften und Verhältniſſen einzuziehen. Ich weiß nicht, wer dieſe Neugierde hat. Aber hören Sie an. Es iſt hier in St. Georg ein öffentliches Haus, wo Biondello öfters aus- und eingeht, er mag da etwas liebes haben, ich weiß es nicht. Vor eini¬ gen Tagen iſt er auch da, er findet eine Geſellſchaft beyſammen, Advokaten und Officianten der Re¬ gierung, luſtige Brüder und alte Bekannte von ihm. Man verwundert ſich, man iſt erfreut, ihn wieder zu ſehen. Die alte Bekanntſchaft wird erneuert, jeder erzählt ſeine Geſchichte bis auf die¬ ſen Augenblick, Biondello ſoll auch die ſeinige zum Beſten geben. Er thut es in wenig Worten. Man wünſcht ihm Glück zu ſeinem neuen Etabliſſe¬ ment, man hat von der glänzenden Lebensart des Prinzen von * * * ſchon erzählen hören, von ſeiner Freygebigkeit gegen Leute beſonders, die ein Ge¬ heim¬

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/197>, abgerufen am 23.11.2024.