Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.ordentliche dieses Anblicks, der, weil er mich mit¬ immer E 4
ordentliche dieſes Anblicks, der, weil er mich mit¬ immer E 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0079" n="71"/> ordentliche dieſes Anblicks, der, weil er mich mit¬<lb/> ten in der Luſt überraſchte, und gegen alles, was<lb/> mich in dieſem Augenblick umgab, auf eine ſo grel¬<lb/> le Art abſtach, um ſo tiefer auf mich wirkte, ließ<lb/> einen unauslöſchlichen Eindruck in meiner Seele zu¬<lb/> rück, daß ich dadurch allein in den Stand geſezt<lb/> worden bin, die Geſichtszüge dieſes Mönchs in der<lb/> Phyſionomie des Ruſſen (denn Sie begreifen wohl<lb/> ſchon, daß er mit dieſem und Ihrem Armenier eine<lb/> und dieſelbe Perſon war) wieder zu erkennen, wel¬<lb/> ches ſonſt ſchlechterdings unmöglich würde geweſen<lb/> ſeyn. Oft verſucht' ich's, die Augen von dieſer<lb/> ſchreckhaften Geſtalt abzuwenden, aber unfreywil¬<lb/> lig fielen ſie wieder darauf, und fanden ſie jedes¬<lb/> mal unverändert. Ich ſtieß meinen Nachbar an,<lb/> dieſer den ſeinigen, dieſelbe Neugierde, dieſelbe<lb/> Befremdung durchlief die ganze Tafel, das Ge¬<lb/> ſpräch ſtockte, eine allgemeine plötzliche Stille, den<lb/> Mönch ſtörte ſie nicht. Der Mönch ſtand unbeweg¬<lb/> lich und immer derſelbe, einen ernſten und trauri¬<lb/> gen Blick auf das Brautpaar geheftet. Einen je¬<lb/> den entſezte dieſe Erſcheinung; die junge Gräfinn<lb/> allein fand ihren eigenen Kummer im Geſicht die¬<lb/> ſes Fremdlings wi der, und hing mit ſtiller Wol¬<lb/> luſt an dem einzigen Gegenſtand in der Verſamm¬<lb/> lung, der ihren Gram zu verſtehen, zu theilen<lb/> ſchien. Allgemach verlief ſich das Gedränge, Mit¬<lb/> ternacht war vorüber, die Muſik fing an ſtiller und<lb/> verlorner zu tönen; die Kerzen dunkler und endlich<lb/> nur einzeln zu brennen, das Geſpräch leiſer und<lb/> immer leiſer zu flüſtern — und öder ward es, und<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 4<lb/></fw> <fw place="bottom" type="catch">immer<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0079]
ordentliche dieſes Anblicks, der, weil er mich mit¬
ten in der Luſt überraſchte, und gegen alles, was
mich in dieſem Augenblick umgab, auf eine ſo grel¬
le Art abſtach, um ſo tiefer auf mich wirkte, ließ
einen unauslöſchlichen Eindruck in meiner Seele zu¬
rück, daß ich dadurch allein in den Stand geſezt
worden bin, die Geſichtszüge dieſes Mönchs in der
Phyſionomie des Ruſſen (denn Sie begreifen wohl
ſchon, daß er mit dieſem und Ihrem Armenier eine
und dieſelbe Perſon war) wieder zu erkennen, wel¬
ches ſonſt ſchlechterdings unmöglich würde geweſen
ſeyn. Oft verſucht' ich's, die Augen von dieſer
ſchreckhaften Geſtalt abzuwenden, aber unfreywil¬
lig fielen ſie wieder darauf, und fanden ſie jedes¬
mal unverändert. Ich ſtieß meinen Nachbar an,
dieſer den ſeinigen, dieſelbe Neugierde, dieſelbe
Befremdung durchlief die ganze Tafel, das Ge¬
ſpräch ſtockte, eine allgemeine plötzliche Stille, den
Mönch ſtörte ſie nicht. Der Mönch ſtand unbeweg¬
lich und immer derſelbe, einen ernſten und trauri¬
gen Blick auf das Brautpaar geheftet. Einen je¬
den entſezte dieſe Erſcheinung; die junge Gräfinn
allein fand ihren eigenen Kummer im Geſicht die¬
ſes Fremdlings wi der, und hing mit ſtiller Wol¬
luſt an dem einzigen Gegenſtand in der Verſamm¬
lung, der ihren Gram zu verſtehen, zu theilen
ſchien. Allgemach verlief ſich das Gedränge, Mit¬
ternacht war vorüber, die Muſik fing an ſtiller und
verlorner zu tönen; die Kerzen dunkler und endlich
nur einzeln zu brennen, das Geſpräch leiſer und
immer leiſer zu flüſtern — und öder ward es, und
immer
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