um den Argwohn von der wahren Spur zu ent¬ fernen."
Wie meynen Sie das?
"Lassen Sie uns annehmen, er habe einen mei¬ ner Leute bestochen, um durch ihn gewisse geheime Nachrichten -- vielleicht gar Dokumente -- zu erhalten, die zu seinem Zwecke dienen. Ich ver¬ misse meinen Jäger. Was hindert mich, zu glau¬ ben, daß der Armenier bey der Entweichung dieses Menschen mit im Spiele sey? Aber der Zufall kann es fügen, daß ich hinter diese Schliche kom¬ me; ein Brief kann aufgefangen werden, ein Be¬ dienter zu plaudern. Sein ganzes Ansehen schei¬ tert, wenn ich die Quellen seiner Allwissenheit ent¬ decke. Er schiebt also diesen Taschenspieler ein, der diesen oder jenen Anschlag auf mich haben muß. Von dem Daseyn und den Absichten dieses Men¬ schen unterläßt er nicht mir frühzeitig ei¬ nen Wink zu geben. Was ich also auch entdecken mag, so wird mein Verdacht auf niemand anders als auf diesen Gaukler fallen; und zu den Nachfor¬ schungen, welche ihm, dem Armenier, zu gute kommen, wird der Sicilianer seinen Namen geben. Dieses war die Puppe, mit der er mich spielen läßt, während daß er selbst, unbeobachtet und un¬ verdächtig, mit unsichtbaren Seilen mich um¬ windet."
Sehr gut! Aber wie läßt es sich mit diesen Absichten reimen, daß er selbst diese Täuschung zer¬ stören hilft, und die Geheimnisse seiner Kunst pro¬ fanen Augen preis giebt?
"Was
F 3
um den Argwohn von der wahren Spur zu ent¬ fernen.“
Wie meynen Sie das?
„Laſſen Sie uns annehmen, er habe einen mei¬ ner Leute beſtochen, um durch ihn gewiſſe geheime Nachrichten — vielleicht gar Dokumente — zu erhalten, die zu ſeinem Zwecke dienen. Ich ver¬ miſſe meinen Jäger. Was hindert mich, zu glau¬ ben, daß der Armenier bey der Entweichung dieſes Menſchen mit im Spiele ſey? Aber der Zufall kann es fügen, daß ich hinter dieſe Schliche kom¬ me; ein Brief kann aufgefangen werden, ein Be¬ dienter zu plaudern. Sein ganzes Anſehen ſchei¬ tert, wenn ich die Quellen ſeiner Allwiſſenheit ent¬ decke. Er ſchiebt alſo dieſen Taſchenſpieler ein, der dieſen oder jenen Anſchlag auf mich haben muß. Von dem Daſeyn und den Abſichten dieſes Men¬ ſchen unterläßt er nicht mir frühzeitig ei¬ nen Wink zu geben. Was ich alſo auch entdecken mag, ſo wird mein Verdacht auf niemand anders als auf dieſen Gaukler fallen; und zu den Nachfor¬ ſchungen, welche ihm, dem Armenier, zu gute kommen, wird der Sicilianer ſeinen Namen geben. Dieſes war die Puppe, mit der er mich ſpielen läßt, während daß er ſelbſt, unbeobachtet und un¬ verdächtig, mit unſichtbaren Seilen mich um¬ windet.“
Sehr gut! Aber wie läßt es ſich mit dieſen Abſichten reimen, daß er ſelbſt dieſe Täuſchung zer¬ ſtören hilft, und die Geheimniſſe ſeiner Kunſt pro¬ fanen Augen preis giebt?
„Was
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[85/0093]
um den Argwohn von der wahren Spur zu ent¬
fernen.“
Wie meynen Sie das?
„Laſſen Sie uns annehmen, er habe einen mei¬
ner Leute beſtochen, um durch ihn gewiſſe geheime
Nachrichten — vielleicht gar Dokumente — zu
erhalten, die zu ſeinem Zwecke dienen. Ich ver¬
miſſe meinen Jäger. Was hindert mich, zu glau¬
ben, daß der Armenier bey der Entweichung dieſes
Menſchen mit im Spiele ſey? Aber der Zufall
kann es fügen, daß ich hinter dieſe Schliche kom¬
me; ein Brief kann aufgefangen werden, ein Be¬
dienter zu plaudern. Sein ganzes Anſehen ſchei¬
tert, wenn ich die Quellen ſeiner Allwiſſenheit ent¬
decke. Er ſchiebt alſo dieſen Taſchenſpieler ein, der
dieſen oder jenen Anſchlag auf mich haben muß.
Von dem Daſeyn und den Abſichten dieſes Men¬
ſchen unterläßt er nicht mir frühzeitig ei¬
nen Wink zu geben. Was ich alſo auch entdecken
mag, ſo wird mein Verdacht auf niemand anders
als auf dieſen Gaukler fallen; und zu den Nachfor¬
ſchungen, welche ihm, dem Armenier, zu gute
kommen, wird der Sicilianer ſeinen Namen geben.
Dieſes war die Puppe, mit der er mich ſpielen
läßt, während daß er ſelbſt, unbeobachtet und un¬
verdächtig, mit unſichtbaren Seilen mich um¬
windet.“
Sehr gut! Aber wie läßt es ſich mit dieſen
Abſichten reimen, daß er ſelbſt dieſe Täuſchung zer¬
ſtören hilft, und die Geheimniſſe ſeiner Kunſt pro¬
fanen Augen preis giebt?
„Was
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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/93>, abgerufen am 16.02.2025.
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