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Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.

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Sophie. Und dieses Herz unterwarf sich dem
Ehrgeiz so gern?

Lady. (lebhaft) Als wenn es sich nicht schon
gerächt hätte? -- Nicht jezt noch sich rächte? ------
Sophie (bedeutend, indem sie die Hand auf Sophiens Ach-
sel fallen läßt)
Wir Frauenzimmer können nur zwi-
schen Herrschen und Dienen wählen -- aber die
höchste Wonne der Gewalt ist doch nur ein elender
Behelf, wenn uns die größere Wonne versagt wird,
Sklavinnen eines Manns zu seyn, den wir lieben.

Sophie. Eine Wahrheit, Milady, die ich von
Ihnen zulezt hören wollte!

Lady. Und warum, meine Sophie? Sieht
man es denn dieser kindischen Führung des Zepters
nicht an, daß wir nur für das Gängelband tau-
gen? Sahst du es denn diesem launischen Flatter-
sinn nicht an -- diesen wilden Ergözungen nicht an,
daß sie nur wildere Wünsche in meiner Brust über-
lermen sollten?

Sophie. (tritt erstaunt zurük) Lady?
Lady. (lebhafter) Befriedige diese! Gib mir
den Mann, den ich jezt denke -- den ich anbete --
sterben, Sophie, oder besizen muß (schmelzend) Laß
mich aus seinem Mund es vernehmen, daß Tränen
der Liebe schöner glänzen in unsern Augen, als die
Brillanten in unserm Haar (feurig) und ich werfe
dem Fürsten sein Herz und sein Fürstenthum vor die
Füße, fliehe mit diesem Mann, fliehe in die entle-
genste Wüste der Welt -- --

Sophie.
C 3
Sophie. Und dieſes Herz unterwarf ſich dem
Ehrgeiz ſo gern?

Lady. (lebhaft) Als wenn es ſich nicht ſchon
geraͤcht haͤtte? — Nicht jezt noch ſich raͤchte? ———
Sophie (bedeutend, indem ſie die Hand auf Sophiens Ach-
ſel fallen laͤßt)
Wir Frauenzimmer koͤnnen nur zwi-
ſchen Herrſchen und Dienen waͤhlen — aber die
hoͤchſte Wonne der Gewalt iſt doch nur ein elender
Behelf, wenn uns die groͤßere Wonne verſagt wird,
Sklavinnen eines Manns zu ſeyn, den wir lieben.

Sophie. Eine Wahrheit, Milady, die ich von
Ihnen zulezt hoͤren wollte!

Lady. Und warum, meine Sophie? Sieht
man es denn dieſer kindiſchen Fuͤhrung des Zepters
nicht an, daß wir nur fuͤr das Gaͤngelband tau-
gen? Sahſt du es denn dieſem launiſchen Flatter-
ſinn nicht an — dieſen wilden Ergoͤzungen nicht an,
daß ſie nur wildere Wuͤnſche in meiner Bruſt uͤber-
lermen ſollten?

Sophie. (tritt erſtaunt zuruͤk) Lady?
Lady. (lebhafter) Befriedige dieſe! Gib mir
den Mann, den ich jezt denke — den ich anbete —
ſterben, Sophie, oder beſizen muß (ſchmelzend) Laß
mich aus ſeinem Mund es vernehmen, daß Traͤnen
der Liebe ſchoͤner glaͤnzen in unſern Augen, als die
Brillanten in unſerm Haar (feurig) und ich werfe
dem Fuͤrſten ſein Herz und ſein Fuͤrſtenthum vor die
Fuͤße, fliehe mit dieſem Mann, fliehe in die entle-
genſte Wuͤſte der Welt — —

Sophie.
C 3
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[37/0041] Sophie. Und dieſes Herz unterwarf ſich dem Ehrgeiz ſo gern? Lady. (lebhaft) Als wenn es ſich nicht ſchon geraͤcht haͤtte? — Nicht jezt noch ſich raͤchte? ——— Sophie (bedeutend, indem ſie die Hand auf Sophiens Ach- ſel fallen laͤßt) Wir Frauenzimmer koͤnnen nur zwi- ſchen Herrſchen und Dienen waͤhlen — aber die hoͤchſte Wonne der Gewalt iſt doch nur ein elender Behelf, wenn uns die groͤßere Wonne verſagt wird, Sklavinnen eines Manns zu ſeyn, den wir lieben. Sophie. Eine Wahrheit, Milady, die ich von Ihnen zulezt hoͤren wollte! Lady. Und warum, meine Sophie? Sieht man es denn dieſer kindiſchen Fuͤhrung des Zepters nicht an, daß wir nur fuͤr das Gaͤngelband tau- gen? Sahſt du es denn dieſem launiſchen Flatter- ſinn nicht an — dieſen wilden Ergoͤzungen nicht an, daß ſie nur wildere Wuͤnſche in meiner Bruſt uͤber- lermen ſollten? Sophie. (tritt erſtaunt zuruͤk) Lady? Lady. (lebhafter) Befriedige dieſe! Gib mir den Mann, den ich jezt denke — den ich anbete — ſterben, Sophie, oder beſizen muß (ſchmelzend) Laß mich aus ſeinem Mund es vernehmen, daß Traͤnen der Liebe ſchoͤner glaͤnzen in unſern Augen, als die Brillanten in unſerm Haar (feurig) und ich werfe dem Fuͤrſten ſein Herz und ſein Fuͤrſtenthum vor die Fuͤße, fliehe mit dieſem Mann, fliehe in die entle- genſte Wuͤſte der Welt — — Sophie. C 3

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/41>, abgerufen am 21.11.2024.