Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Beherrscher Schwedens, den Religionszustand des Reichs abzuändern. Aber schon Gustavs zweyter Sohn und zweyter Nachfolger, Johann, trat zu dem Pabstthum zurück, und dessen Sohn, Sigismund, zugleich König von Pohlen, erlaubte sich Schritte, welche zum Untergang der Verfassung und der herrschenden Kirche abzielten. Karln, Herzog von Südermanland, Gustavs dritten Sohn an ihrer Spize, thaten die Stände einen herzhaften Widerstand, woraus zulezt ein offenbarer Bürgerkrieg zwischen dem Oheim und Neffen, zwischen dem König und der Nation sich entzündete. Herzog Karl, während der Abwesenheit des Königs Verweser des Reichs, benuzte Sigismunds lange Residenz in Pohlen und den gerechten Unwillen der Stände, die Nation sich aufs engste zu verbinden, und seinem eigenen Hause unvermerkt den Weg zum Throne zu bahnen. Die schlechten Maßregeln Sigismunds beförderten seine Absicht nicht wenig. Eine allgemeine Reichsversammlung erlaubte sich, zum Vortheil des Reichsverwesers, von dem Recht der Erstgeburt abzuweichen, welches Gustav Wasa in der Schwedischen Thronfolge eingeführt hatte, und sezte den Herzog von Südermanland auf den Thron, von welchem Sigismund mit seiner ganzen Nachkommenschaft feyerlich ausgeschlossen wurde. Der Sohn des neuen Königs, der unter dem Namen Karls IX regierte, war Gustav Adolph, dem aus eben diesem Grunde die Anhänger Sigismunds, als dem Sohn eines Thronräubers, die Anerkennung versagten. Aber wenn die Verbindlichkeit zwischen König und Volk gegenseitig ist, wenn sich Staaten nicht wie eine todte Waare von einer Hand zur andern forterben, so muß es einer ganzen, einstimmig handelnden Nation erlaubt seyn, einem eidbrüchigen Beherrscher ihre Pflicht aufzukündigen, und seinen Plaz durch einen Würdigern zu besezen.

Gustav Adolph hatte das siebzehnte Jahr noch nicht vollendet, als der Schwedische Thron durch den

Beherrscher Schwedens, den Religionszustand des Reichs abzuändern. Aber schon Gustavs zweyter Sohn und zweyter Nachfolger, Johann, trat zu dem Pabstthum zurück, und dessen Sohn, Sigismund, zugleich König von Pohlen, erlaubte sich Schritte, welche zum Untergang der Verfassung und der herrschenden Kirche abzielten. Karln, Herzog von Südermanland, Gustavs dritten Sohn an ihrer Spize, thaten die Stände einen herzhaften Widerstand, woraus zulezt ein offenbarer Bürgerkrieg zwischen dem Oheim und Neffen, zwischen dem König und der Nation sich entzündete. Herzog Karl, während der Abwesenheit des Königs Verweser des Reichs, benuzte Sigismunds lange Residenz in Pohlen und den gerechten Unwillen der Stände, die Nation sich aufs engste zu verbinden, und seinem eigenen Hause unvermerkt den Weg zum Throne zu bahnen. Die schlechten Maßregeln Sigismunds beförderten seine Absicht nicht wenig. Eine allgemeine Reichsversammlung erlaubte sich, zum Vortheil des Reichsverwesers, von dem Recht der Erstgeburt abzuweichen, welches Gustav Wasa in der Schwedischen Thronfolge eingeführt hatte, und sezte den Herzog von Südermanland auf den Thron, von welchem Sigismund mit seiner ganzen Nachkommenschaft feyerlich ausgeschlossen wurde. Der Sohn des neuen Königs, der unter dem Namen Karls IX regierte, war Gustav Adolph, dem aus eben diesem Grunde die Anhänger Sigismunds, als dem Sohn eines Thronräubers, die Anerkennung versagten. Aber wenn die Verbindlichkeit zwischen König und Volk gegenseitig ist, wenn sich Staaten nicht wie eine todte Waare von einer Hand zur andern forterben, so muß es einer ganzen, einstimmig handelnden Nation erlaubt seyn, einem eidbrüchigen Beherrscher ihre Pflicht aufzukündigen, und seinen Plaz durch einen Würdigern zu besezen.

Gustav Adolph hatte das siebzehnte Jahr noch nicht vollendet, als der Schwedische Thron durch den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0125" n="117"/>
Beherrscher           Schwedens, den Religionszustand des Reichs abzuändern. Aber schon <persName>Gustavs</persName> zweyter Sohn und           zweyter Nachfolger, <hi rendition="#fr"><persName>Johann</persName></hi>, trat zu dem Pabstthum zurück, und           dessen Sohn, <hi rendition="#fr"><persName>Sigismund</persName></hi>, zugleich König von Pohlen, erlaubte sich           Schritte, welche zum Untergang der Verfassung und der herrschenden Kirche abzielten.           <persName>Karln, Herzog von Südermanland</persName>, <persName>Gustavs</persName> dritten Sohn an ihrer Spize, thaten die Stände           einen herzhaften Widerstand, woraus zulezt ein offenbarer Bürgerkrieg zwischen dem Oheim           und Neffen, zwischen dem König und der Nation sich entzündete. <persName>Herzog Karl</persName>, während der           Abwesenheit des Königs Verweser des Reichs, benuzte <persName>Sigismunds</persName> lange Residenz in Pohlen           und den gerechten Unwillen der Stände, die Nation sich aufs engste zu verbinden, und           seinem eigenen Hause unvermerkt den Weg zum Throne zu bahnen. Die schlechten Maßregeln           <persName>Sigismunds</persName> beförderten seine Absicht nicht wenig. Eine allgemeine Reichsversammlung           erlaubte sich, zum Vortheil des Reichsverwesers, von dem Recht der Erstgeburt abzuweichen,           welches Gustav Wasa in der Schwedischen Thronfolge eingeführt hatte, und sezte den Herzog           von Südermanland auf den Thron, von welchem <persName>Sigismund</persName> mit seiner ganzen Nachkommenschaft           feyerlich ausgeschlossen wurde. Der Sohn des neuen Königs, der unter dem Namen <persName>Karls IX</persName>           regierte, war <persName>Gustav Adolph</persName>, dem aus eben diesem Grunde die Anhänger <persName>Sigismunds</persName>, als dem           Sohn eines Thronräubers, die Anerkennung versagten. Aber wenn die Verbindlichkeit zwischen           König und Volk gegenseitig ist, wenn sich Staaten nicht wie eine todte Waare von einer           Hand zur andern forterben, so muß es einer ganzen, einstimmig handelnden Nation erlaubt           seyn, einem eidbrüchigen Beherrscher ihre Pflicht aufzukündigen, und seinen Plaz durch           einen Würdigern zu besezen.</p>
        <p><persName>Gustav Adolph</persName> hatte das siebzehnte Jahr noch nicht vollendet, als der Schwedische Thron           durch den
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0125] Beherrscher Schwedens, den Religionszustand des Reichs abzuändern. Aber schon Gustavs zweyter Sohn und zweyter Nachfolger, Johann, trat zu dem Pabstthum zurück, und dessen Sohn, Sigismund, zugleich König von Pohlen, erlaubte sich Schritte, welche zum Untergang der Verfassung und der herrschenden Kirche abzielten. Karln, Herzog von Südermanland, Gustavs dritten Sohn an ihrer Spize, thaten die Stände einen herzhaften Widerstand, woraus zulezt ein offenbarer Bürgerkrieg zwischen dem Oheim und Neffen, zwischen dem König und der Nation sich entzündete. Herzog Karl, während der Abwesenheit des Königs Verweser des Reichs, benuzte Sigismunds lange Residenz in Pohlen und den gerechten Unwillen der Stände, die Nation sich aufs engste zu verbinden, und seinem eigenen Hause unvermerkt den Weg zum Throne zu bahnen. Die schlechten Maßregeln Sigismunds beförderten seine Absicht nicht wenig. Eine allgemeine Reichsversammlung erlaubte sich, zum Vortheil des Reichsverwesers, von dem Recht der Erstgeburt abzuweichen, welches Gustav Wasa in der Schwedischen Thronfolge eingeführt hatte, und sezte den Herzog von Südermanland auf den Thron, von welchem Sigismund mit seiner ganzen Nachkommenschaft feyerlich ausgeschlossen wurde. Der Sohn des neuen Königs, der unter dem Namen Karls IX regierte, war Gustav Adolph, dem aus eben diesem Grunde die Anhänger Sigismunds, als dem Sohn eines Thronräubers, die Anerkennung versagten. Aber wenn die Verbindlichkeit zwischen König und Volk gegenseitig ist, wenn sich Staaten nicht wie eine todte Waare von einer Hand zur andern forterben, so muß es einer ganzen, einstimmig handelnden Nation erlaubt seyn, einem eidbrüchigen Beherrscher ihre Pflicht aufzukündigen, und seinen Plaz durch einen Würdigern zu besezen. Gustav Adolph hatte das siebzehnte Jahr noch nicht vollendet, als der Schwedische Thron durch den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/125
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/125>, abgerufen am 21.11.2024.